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Mord im Spiegel

Mord im Spiegel

Titel: Mord im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Polizeibeamten ausgefragt werden. Sie scheinen eine gute Ehe geführt zu haben.«
    »Mit andern Worten, der Kollege glaubt nicht, dass der Ehemann unser Vogel ist. Nun, es könnte ein interessanter Fall sein. Ich vermute doch richtig: Sie wollen mich hinschicken, Sir?«
    »Ja. So schnell wie möglich. Wer soll Sie begleiten?«
    Craddock überlegte kurz. »Am besten Tiddler«, antwortete er dann. »Er ist ein guter Mann, und was noch wichtiger ist, er geht gern ins Kino. Vielleicht ist das ganz nützlich.«
    »Na, dann viel Glück.«
     
    »Nein, so was!«, rief Miss Marple und errötete vor Staunen und Freude. »Das ist eine Überraschung! Wie geht es dir, mein lieber Junge? Obwohl du ja jetzt kein kleiner Junge mehr bist. Was bist du geworden, Chefinspektor oder Commander, wie man das heutzutage nennt?«
    Craddock sagte es ihr.
    »Ich brauche wohl nicht zu fragen, was dich hierher verschlagen hat«, meinte Miss Marple dann. »Unser Mord hat also selbst bei Scotland Yard Interesse erregt.«
    »Der Fall ist mir übertragen worden«, antwortete Craddock. »Und natürlich ging ich nach meiner Ankunft sofort ins Hauptquartier.«
    »Willst du damit andeuten – « Miss Marple wurde ein wenig verlegen.
    »Ja, liebe Tante«, antwortete Dermot Craddock. »Damit meinte ich dich.«
    »Ich fürchte«, erwiderte Miss Marple bedauernd, »ich bin etwas aus der Übung. Ich gehe nicht mehr viel weg.«
    »Du bist jedenfalls so unternehmungslustig, dass du herumspazierst, hinfällst und von einer Frau Hilfe erhältst, die zehn Tage später tot ist«, bemerkte Craddock trocken.
    Miss Marple schnalzte mit der Zunge, ein Geräusch, das man mit »tat-tat«, hätte umschreiben können. »Ich weiß nicht, wo du das gehört hast«, sagte sie.
    »Das solltest du aber«, antwortete Craddock. »Du hast mir selbst mal erzählt, dass in einem kleinen Ort jeder alles weiß.« Er lächelte. »Und erlaube mir eine private Frage. Hast du gleich geahnt, dass sie ermordet werden würde? Ich meine, schon als du sie zum ersten Mal sahst?«
    »Natürlich nicht! Natürlich nicht!«, rief Miss Marple. »Was für eine Vorstellung!«
    »Du hast nicht im Auge des Ehemannes den gewissen Blick gesehen, der dich an Harry Simpson erinnerte oder David Jones oder jemanden, den du vor Jahren gekannt hast und der seine Frau in einen Abgrund stieß?«
    »Nein, wirklich nicht!«, sagte Miss Marple. »Ich bin überzeugt, Mr Badcock würde niemals so etwas Verrücktes tun. Zumindest«, fügte sie nachdenklich hinzu, »bin ich beinahe sicher.«
    »Aber so wie die menschliche Natur nun einmal beschaffen ist…«, murmelte Craddock anzüglich.
    »Eben!«, sagte Miss Marple. Und fügte hinzu: »Ich möchte behaupten, dass er sie nach dem ersten Kummer nicht mehr sehr vermissen wird…«
    »Warum? Hat sie ihn schlecht behandelt?«
    »Nein, nein«, wehrte Miss Marple ab. »Nur – sie war keine sehr rücksichtsvolle Person. Freundlich wohl, aber nicht rücksichtsvoll. Sie mochte ihn und kümmerte sich um ihn, wenn er krank war, sie kochte für ihn und war eine gute Hausfrau, aber ich glaube nicht, dass sie je gewusst hat, was er dachte oder fühlte. Das kann einen Mann sehr einsam machen.«
    »Aha«, sagte Craddock. »Und jetzt wird sein Leben weniger einsam sein?«
    »Er wird sicherlich wieder heiraten«, erklärte Miss Marple überzeugt. »Vielleicht schon bald. Und vermutlich eine Frau vom gleichen Typ, was sehr bedauerlich wäre. Ich meine damit, dass er jemanden heiraten wird, der stärker ist als er.«
    »Schon jemand in Aussicht?«, fragte Craddock.
    »Nicht dass ich wüsste«, erwiderte Miss Marple und fügte bedauernd hinzu: »Aber ich weiß ja auch so wenig.«
    »Nun, und was denkst du?«, fragte Craddock drängend. »Du hast dich noch nie gescheut, dir deine eigenen Gedanken zu machen.«
    »Ich finde«, sagte Miss Marple unvermutet, »du solltest Mrs Bantry besuchen.«
    »Mrs Bantry? Wer ist das? Gehört sie zu den Filmleuten?«
    »Nein, sie wohnt in einem kleinen Haus im Park von ›Gossington‹ und war auch auf dem Fest. Früher hat ihr der Besitz mal gehört. Ihr und ihrem Mann, Oberst Bantry.«
    »Sie war also auch auf diesem Fest? Hat sie was gesehen?«
    »Am besten erzählt sie es dir selbst. Vielleicht hältst du es für nicht wichtig, aber ich glaube, es könnte – wohlgemerkt könnte – etwas bedeuten. Sag ihr, dass ich dich geschickt habe und – ja, erwähne auch ›Lady of Shalott‹.«
    Mit leicht zur Seite geneigtem Kopf sah sie Craddock an.

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