Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord im Spiegel

Mord im Spiegel

Titel: Mord im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
einem noch einen Schrecken einjagen könnte. Ach ja, die Grices vom Gut waren auch dabei.«
    »Sind das alle Gäste, an die Sie sich erinnern?«
    »Sicher kenne ich noch mehr, aber ich habe nicht genauer aufgepasst, verstehen Sie. Ich weiß noch, dass der Bürgermeister und General Barnstaple und die Amerikaner ungefähr zu diesem Zeitpunkt eintrafen. Ein paar Leute machten Fotos. Einer stammte aus unserem Ort, ein Mädchen war aus London gekommen. Sie machte auf Künstlerin und hatte langes Haar und eine große Kamera.«
    »Sie glauben, dass einer dieser Gäste an Marina Greggs entsetztem Gesichtsausdruck schuld war?«
    »Ich habe gar nichts geglaubt«, antwortete Mrs Bantry mit entwaffnender Offenheit. »Ich überlegte nur, warum, in aller Welt, sie so entsetzt war, und dann vergaß ich es. Doch später fallen einem solche Dinge wieder ein. Ich kann es mir auch nur eingebildet haben«, fügte Mrs Bantry ehrlich hinzu, »denn vielleicht hatte sie plötzlich Zahnweh oder wurde von einer Sicherheitsnadel gestochen, oder sie bekam heftige Bauchschmerzen. Man bemüht sich zu tun, als ob nichts wäre, aber das Gesicht verrät einen. Vielleicht war es nur irgendetwas ganz Harmloses.«
    Craddock lachte. »Es ist mir ein Vergnügen, feststellen zu können, dass Sie Realistin sind, Mrs Bantry«, sagte er. »Möglich, dass sich die Sache als unbedeutend herausstellt. Aber es ist doch ein interessanter Punkt, der vielleicht weiterführt.«
    Craddock verabschiedete sich und fuhr nach Much Benham, um mit seinen dortigen Kollegen Kontakt aufzunehmen.

9
     
    » S ie haben hier also nur Nieten gezogen«, stellte Craddock fest und bot Cornish das Zigarettenetui an.
    »Ja«, antwortete Cornish. »Keine Feinde, kein Streit, eine gute Ehe.«
    »Keine andere Frau, kein anderer Mann?«
    Sein Gegenüber schüttelte den Kopf. »Nichts dergleichen. Nirgends der Hinweis auf einen Skandal. Sie war nicht das, was man als Sexbombe bezeichnen könnte. Sie arbeitete bei einem Haufen Vereine mit, saß in Ausschüssen und so weiter, und natürlich gab es da auch schon mal Eifersüchteleien, aber nichts von Bedeutung.«
    »Wollte der Mann sich vielleicht scheiden lassen und jemand anders heiraten, eine Kollegin aus dem Büro etwa?«
    »Er arbeitet bei Biddle und Russell, den Grundstücksmaklern. Da gibt’s nur noch Florrie West mit ihren Polypen und Miss Grundle, die mindestens fünfzig ist, solide wie ein Wanderschuh. An der ist nichts dran, was einen Mann reizen könnte. Obwohl es mich nicht wundern würde, wenn er bald wieder heiratete.«
    Craddock sah ihn interessiert an.
    »Eine Nachbarin«, erklärte Cornish. »Sie ist Witwe. Als wir von der Voruntersuchung kamen, war sie da und hatte Tee gemacht. Er wirkte überrascht und dankbar. Wenn Sie mich fragen, so hat sie beschlossen, ihn zu heiraten, bloß weiß er es noch nicht, der arme Kerl.«
    »Was für eine Frau ist sie?«
    »Hübsch«, gab Cornish zu. »Nicht mehr jung, aber hübsch, dunkelhaarig wie eine Zigeunerin. Kräftiger Teint, dunkle Augen.«
    »Wie heißt sie?«
    »Bain. Mrs Mary Bain.«
    »Was war ihr Mann?«
    »Keine Ahnung. Ihr Sohn arbeitet hier irgendwo, deshalb lebt sie bei ihm. Sie macht einen ruhigen, anständigen Eindruck. Trotzdem habe ich das Gefühl, ihr schon mal begegnet zu sein.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Zehn vor zwölf. Ich habe Sie für zwölf Uhr in ›Gossington Hall‹ angemeldet. Am besten brechen wir jetzt auf.«
     
    Chefinspektor Craddocks Augen, die immer leicht unaufmerksam zu blicken schienen, beobachteten in Wirklichkeit sehr scharf. Im Geist machte er eine genaue Bestandsaufnahme von »Gossington Hall«. Inspektor Cornish hatte ihn hingefahren, einem Mann namens Hailey Preston übergeben und war taktvoll wieder verschwunden. Seitdem hatte Craddock ab und zu freundlich genickt, während er dem Redestrom lauschte, den Mr Preston von sich gab. Soviel der Chefinspektor erfuhr, war Preston eine Art Pressesprecher für Jason Rudd oder sein persönlicher Assistent oder sein Privatsekretär oder, was wahrscheinlicher war, eine Mischung aus allen dreien. Er redete offen und ausführlich, ohne die Stimme zu heben oder zu senken, wobei es ihm wunderbarerweise gelang, sich nicht zu oft zu wiederholen. Er war ein freundlicher junger Mann, der gern alle Leute, in deren Gesellschaft er sich zufällig befand, zu seinen eigenen Meinungen bekehren wollte, die in dem gipfelten, was Doktor Pangloss auch schon festgestellt hatte – dass dies die beste aller

Weitere Kostenlose Bücher