Mord im Spiegel
Marina Greggs Entsetzen hätte sein können.
»Natürlich kamen immer wieder Gäste die Treppe herauf?«, fragte er.
»Ja, aber nicht ständig. Sie erschienen in kleinen Gruppen, manche habe ich geholt, andere schleppte Ella Zielinsky an, Mr Rudds Sekretärin. Es sollte alles ungezwungen und heiter sein.«
»Waren Sie hier, als Mrs Badcock eintraf?«
»Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich mich nicht erinnere, Chefinspektor. Ich hatte eine Liste mit Namen und zog immer wieder los und holte die Gäste. Ich stellte sie vor, brachte ihnen etwas zu trinken und verschwand, um die nächste Fuhre zu holen. Damals kannte ich diese Mrs Badcock noch nicht, und ihr Name stand auch nicht auf meiner Liste.«
»Und Mrs Bantry?«
»Ach ja, die frühere Besitzerin, nicht wahr? Ich glaube, dass sie und Mrs Badcock und ihr Mann ungefähr zur gleichen Zeit eintrafen. Und der Bürgermeister auch.« Er schwieg einen Augenblick. »Er trug seine dicke Amtskette. Seine Frau begleitete ihn, sie hat gelbes Haar und steckte in was Königsblauem mit Fransen. Ich erinnere mich wieder. Ich habe ihnen keine Drinks besorgt, weil ich wieder weg musste, um Nachschub heranzuschleppen.«
»Wer hat ihnen dann etwas zu trinken besorgt?«
»Tja, das kann ich nicht genau sagen. Drei oder vier von uns waren zuständig. Ich weiß noch, dass ich gerade hinunterging, als der Bürgermeister heraufkam.«
»Wer war noch auf der Treppe? Erinnern Sie sich an jemanden?«
»Jim Galbraith, einer der Presseleute, die über das Fest schreiben sollten, und drei oder vier Gäste, die ich nicht kannte. Zwei Fotografen waren auch da, einer aus dem Ort, ich erinnere mich nicht an seinen Namen, und ein Mädchen aus London, so eine Künstlertype, die gern Fotos aus den verrücktesten Winkeln schießt. Sie stand genau dort in der Ecke, sodass sie Miss Gregg im Blickfeld hatte. Ach, da fällt mir ein – dies muss der Augenblick gewesen sein, in dem Ardwyck Fenn erschien.«
»Und wer ist Ardwyck Fenn?«
Hailey Preston machte ein entsetztes Gesicht. »Er ist ein großes Tier, Chefinspektor. Ein sehr großes Tier beim Fernsehen und Film. Wir wussten nicht mal, dass er in England war.«
»Sein Kommen war also eine Überraschung?«
»Das kann man wohl sagen«, antwortete Preston. »Nett, dass er kam, wenn’s auch völlig unerwartet war.«
»Ist er ein alter Freund von Miss Gregg und Mr Rudd?«
»Vor vielen Jahren, als sie noch mit ihrem zweiten Mann verheiratet war, war er eng mit ihr befreundet. Wie gut er Jason kennt, weiß ich nicht.«
»Jedenfalls war es eine freudige Überraschung, als er auftauchte?«
»Na klar! Wir waren ganz aus dem Häuschen.«
Craddock nickte und ging zu einem anderen Thema über. Er fragte eingehend nach den Drinks, den Zutaten, wie sie serviert worden waren, wer sie serviert hatte, welche Angestellten und Aushilfen gearbeitet hatten. Wie Inspektor Cornish schon angedeutet hatte, schien alles darauf hinauszulaufen, dass jeder der etwa dreißig Gäste Heather Badcock ohne große Schwierigkeiten hätte vergiften können, obwohl andererseits alle den Täter hätten beobachten können. Es war, überlegte Craddock, ein ziemlich riskantes Unternehmen gewesen.
»Vielen Dank«, sagte er schließlich. »Ich würde jetzt gern Miss Gregg sprechen, falls es möglich ist.«
Preston schüttelte den Kopf. »Tut mir leid«, sagte er. »Es tut mir wirklich leid, aber das kommt nicht infrage.«
Craddock runzelte die Stirn. »Tatsächlich?«
»Sie ist zusammengebrochen, völlig am Ende. Ihr Arzt ist da und kümmert sich um sie. Er hat ein Attest ausgestellt. Hier ist es.«
Craddock nahm es in Empfang und las es. »Soso«, sagte er dann. »Hat Marina Gregg immer ihren Arzt in der Nähe?«
»Sie sind äußerst nervös, diese Schauspieler und Stars. Ihr Leben ist sehr anstrengend. Gewöhnlich empfiehlt es sich, vor allem bei den ganz großen Stars, dass sie einen Arzt haben, der sie kennt und zu behandeln weiß. Maurice Gilchrist hat einen ausgezeichneten Ruf. Er kümmert sich schon seit vielen Jahren um Miss Gregg. Sie war sehr viel krank, wie Sie vielleicht gelesen haben, und lag auch lange im Krankenhaus. Erst seit ungefähr einem Jahr ist sie wieder gesund und ganz die Alte.«
»Ich verstehe.«
Preston wirkte erleichtert, dass Craddock keine weiteren Einwände erhob.
»Möchten Sie Mr Rudd sprechen?«, schlug er vor. »Er kommt in – «, er sah auf die Uhr, »– in etwa zehn Minuten aus dem Filmstudio, falls Ihnen das passt.«
»Das
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