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Mord im Spiegel

Mord im Spiegel

Titel: Mord im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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passt mir ausgezeichnet«, antwortete Craddock. »Inzwischen könnte ich mich mit Doktor Gilchrist unterhalten. Ist er da?«
    »Ja.«
    »Dann holen Sie ihn, bitte.«
    »Selbstverständlich. Sofort.«
    Der junge Mann eilte davon. Craddock blieb nachdenklich am Treppenende stehen. Natürlich konnte der entsetzte Blick, den Mrs Bantry zu sehen geglaubt hatte, auch ihrer Fantasie entsprungen sein. Sie gehörte zu den Frauen, überlegte Craddock, die gern voreilige Schlüsse zogen. Gleichzeitig fand er aber auch, dass ihre Vermutung zutreffen konnte, obwohl man dabei nicht gleich an ein Verhängnis zu denken brauchte, wie es jene bewusste Lady of Shalott herannahen gesehen hatte. Vielleicht hatte Marina Gregg nur etwas beobachtet, das sie beunruhigte oder ärgerte. Und deshalb hatte sie nicht mehr richtig zugehört, was ihr die Badcock erzählte. War jemand die Treppe heraufgekommen, auf dessen Erscheinen sie nicht gefasst gewesen, war – etwa ein Gast, der nicht willkommen war?
    Als er hinter sich Schritte hörte, wandte er sich um. Hailey Preston kehrte zurück, in Begleitung von Gilchrist, der nicht dem Bild glich, das sich Craddock im Geist von ihm gemacht hatte. Er war weder freundlich-herablassend noch pathetisch. Er schien vielmehr ein offener, herzlicher, sachlicher Mensch zu sein. Er trug einen Tweedanzug, der für den englischen Geschmack etwas zu elegant war. Er hatte dichtes braunes Haar und wachsame, kluge dunkle Augen.
    »Doktor Gilchrist? Ich bin Chefinspektor Dermot Craddock. Könnte ich Sie einen Augenblick vertraulich sprechen?«
    Der Arzt nickte und bat ihn, ihm zu folgen. Er ging den Gang bis fast zum Ende entlang, stieß eine Tür auf und machte eine einladende Handbewegung. »Hier sind wir ungestört«, sagte er.
    Offensichtlich war es Gilchrists eigenes Schlafzimmer, ein sehr bequem eingerichteter Raum. Gilchrist deutete auf einen Sessel und setzte sich ebenfalls.
    »Wie ich höre«, begann Craddock, »haben Sie erklärt, dass Marina Gregg niemanden empfangen darf. Was fehlt ihr, Doktor?«
    Gilchrist zuckte leicht mit den Schultern. »Es sind die Nerven«, antwortete er. »Wenn Sie ihr jetzt Fragen stellten, wäre sie in ein paar Minuten am Rand einer Hysterie. Das kann ich nicht zulassen. Wenn Sie Ihren Polizeiarzt zu mir schicken wollen, erkläre ich ihm gern die Einzelheiten. Aus dem gleichen Grund war sie auch nicht bei der gerichtlichen Voruntersuchung.«
    »Wie lange«, fragte Craddock, »dauert so ein Zustand?«
    Gilchrist sah ihn an und lächelte. Es war ein sehr gewinnendes Lächeln.
    »Wenn Sie meine Meinung als Privatmann hören wollen«, antwortete er, »und nicht als Mediziner, dann kann ich Ihnen verraten, dass sie innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden nicht nur bereit ist, mit Ihnen zu sprechen, sondern es auch wünscht! Sie möchte Sie aushorchen, und sie möchte Ihnen erzählen, wie es war. So sind die Menschen nun einmal!« Er beugte sich vor. »Ich werde versuchen, Ihnen begreiflich zu machen, Chefinspektor, warum sich diese Leute so verhalten. Das Leben eines Filmschauspielers ist ein Leben der ständigen Anspannung, und je mehr Erfolg man hat, umso größer wird die Anspannung. Man steht immer, jeden Tag, in der Öffentlichkeit. Wenn man dreht, wenn man arbeitet, ist die Arbeit hart und eintönig und dauert lange. Schon früh am Morgen ist man da, man sitzt herum und wartet. Man hat eine kleine Szene, eine Einstellung, die wieder und wieder gedreht wird. Wenn man auf der Bühne probt, probt man meistens einen ganzen Akt, oder doch Teile eines Aktes. Die Sache hat Zusammenhang, ist mehr oder weniger glaubwürdig und human. Aber wenn man einen Film macht, geschieht alles ohne Zusammenhang mit dem großen Ganzen, eine monotone, anstrengende Arbeit. Es saugt einen aus. Natürlich lebt man im Luxus. Man bekommt Beruhigungsmittel, man hat seine Bäder, Cremes und Puder und einen Arzt, der sich um einen kümmert. Man feiert Partys, entspannt sich, trifft Leute, aber man ist nie privat. Man kann sich nie zurückziehen und sich gehen lassen.«
    »Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte Craddock. »Sehr gut sogar.«
    »Und noch etwas«, fuhr Gilchrist fort. »Wenn sie diesen Beruf ergreifen und besonders, wenn sie auch noch Erfolg haben, sind sie ein bestimmter Typ von Mensch. Sie gehören zu den Personen – wenigstens meiner Erfahrung nach –, die eine zu dünne Haut haben, die sich ständig mit Zweifeln an ihrem Können herumschlagen. Mit einem schrecklichen Gefühl der

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