Mord im Spiegel
Welten sei. Er sagte mehrmals und auf verschiedene Art, was für eine schreckliche Geschichte es sei, wie entsetzt alle seien, dass Marina völlig erledigt und ihr Mann aufgeregter darüber sei, als man ahne. Dass dies überhaupt habe passieren können, sei der Gipfel, nicht wahr? Möglicherweise habe eine Art Allergie auf eine bestimmte Substanz bestanden? Er meine dies nur als Anregung – Allergien seien eine höchst seltsame Sache. Chefinspektor Craddock könne mit jeder nur erdenklichen Hilfe durch die Filmstudios und deren Angestellten rechnen. Er könne so viele Fragen stellen, wie er Lust habe, und sich umsehen, wo er wolle. Wenn sie helfen könnten, würden sie helfen. Sie hätten alle die größte Achtung vor Mrs Badcock gehabt und ihren starken Gemeinsinn bewundert. Für die »St. Johns Ambulance«, habe sie gute Arbeit geleistet und viel getan.
Dann begann er wieder von vorne, nicht mit denselben Worten, aber dem Inhalt nach war es das Gleiche. Niemand hätte hilfsbereiter sein können als Mr Preston. Gleichzeitig ließ er auch durchblicken, wie weit dieses Ereignis von der künstlichen Welt der Studios entfernt war. Und auch von Mr Rudd und Miss Gregg und jedem anderen Hausbewohner, die trotzdem alles in ihrer Macht Stehende tun würden, um den Chefinspektor zu unterstützen. Zur Bestätigung nickte er mehrmals. Craddock ergriff die Gelegenheit am Schopf und sagte in die entstandene Pause hinein:
»Vielen herzlichen Dank.«
Er sagte dies sehr gelassen, doch in einem so endgültigen Ton, dass Mr Preston seinen Redeschwung verlor. »Hm – «, machte er und schwieg wieder.
»Sie meinen, ich könne ein paar Fragen stellen?«
»Natürlich! Natürlich! Schießen Sie los!«
»Ist dies hier der Ort, an dem sie starb?«
»Mrs Badcock?«
»Mrs Badcock. Ist dies der Ort?«
»Ja, natürlich. Genau hier. Oder jedenfalls… also, ich kann Ihnen sogar den Sessel zeigen.«
Sie standen in der Halle am oberen Ende der Treppe. Preston ging ein kurzes Stück den Gang entlang und deutete auf einen ziemlich unecht wirkenden Eichensessel.
»In dem ist sie gesessen«, erklärte Preston. »Sie sagte, ihr sei nicht gut. Jemand lief weg, um irgendein Mittel zu holen, und dann starb sie einfach, hier in dem Sessel.«
»Ich verstehe.«
»Ich weiß nicht, ob sie bei einem Arzt in Behandlung war. Wenn man festgestellt hatte, dass ihr Herz…«
»Mit ihrem Herzen war alles in Ordnung«, erwiderte Craddock. »Sie war kerngesund. Sie starb an der sechsfachen Dosis eines Mittels, dessen offizielle Bezeichnung ich vergessen habe und das allgemein unter dem Namen Calmo bekannt ist.«
»Ich kenne es, ich kenne es«, sagte Preston. »Hin und wieder nehme ich es selbst.«
»Tatsächlich? Wie interessant. Taugt es etwas?«
»Es ist hervorragend. Es möbelt auf und beruhigt gleichzeitig, wenn Sie verstehen, was ich meine. Natürlich nur«, fügte er hinzu, »in der richtigen Menge.«
»Ist das Mittel hier im Haus vorrätig?«
Er kannte die Antwort, doch er stellte die Frage, als habe er keine Ahnung. Preston war die Ehrlichkeit in Person. Er erwiderte, ohne lange zu überlegen:
»Haufenweise. Sicherlich liegt in jedem Medizinschränkchen eine Packung.«
»Was uns die Arbeit nicht gerade erleichtert.«
»Natürlich nicht«, stellte Preston nüchtern fest. »Sie kann das Zeug auch genommen haben und wusste nicht, dass sie allergisch drauf war.«
Craddock wirkte nicht überzeugt. Preston seufzte und meinte: »Die Höhe der Dosis wurde einwandfrei festgestellt?«
»Ja. Es war eine tödliche Menge. Außerdem nahm Mrs Badcock keine solchen Mittel. Soviel wir erfahren haben, nahm sie höchstens mal ein Aspirin oder Natriumbicarbonat.«
Preston schüttelte den Kopf. »Das gibt uns wirklich Rätsel auf, wirklich!«
»Wo haben Mr Rudd und seine Frau die Gäste empfangen?«
»Genau hier«, rief Preston und kehrte in die Halle am Ende der Treppe zurück.
Chefinspektor Craddock stellte sich neben ihn und blickte zur gegenüberliegenden Wand. In der Mitte hing eine Madonna mit Kind, er nahm an, die Kopie eines bekannten Werkes. Die Madonna im blauen Mantel hielt den Jesusknaben empor, und Mutter und Kind lächelten. Eine kleine Gruppe von Menschen stand auf jeder Seite, die Blicke zum Kind erhoben. Ein heiteres Bild, dachte Craddock. Rechts und links des Gemäldes befanden sich zwei schmale Fenster. Die Wirkung war sehr reizvoll, und Chefinspektor Craddock konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wo hier die Ursache für
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