Mord im Spiegel
geredet und geklatscht wird.«
»Vielleicht«, sagte Craddock nachdenklich, »liest meine Miss Marple Filmillustrierte.«
»Ist das die alte Dame, die in dem Haus neben der Kirche wohnt?«
»Ja.«
»Das ist eine ganz scharfe«, sagte Tiddler. »Angeblich passiert nichts, ohne dass Miss Marple es nicht erfährt. Vielleicht weiß sie nicht viel über die Filmleute, aber über die Badcocks könnte sie Ihnen bestimmt viel erzählen.«
»Es ist nicht mehr so einfach wie früher«, meinte Craddock. »Das Leben hier hat sich geändert. Es wurde viel gebaut, eine neue Siedlung ist entstanden. Die Badcocks sind erst zugezogen und wohnen dort.«
»Über Leute aus dem Ort habe ich natürlich nicht viel erfahren«, sagte Tiddler. »Ich habe mich mehr auf das Sexleben von Filmstars und so was konzentriert.«
»Sie haben nicht gerade viel erreicht«, brummte Craddock. »Wie steht es mit Marina Greggs Vergangenheit? Gibt’s da irgendetwas?«
»Hat ziemlich oft geheiratet, aber auch nicht mehr als die andern. Ihrem ersten Mann passte es gar nicht, als sie ihn stehen ließ, heißt es. An ihm war nichts Besonderes dran – Grundstücksmakler oder so was Ähnliches. Dann heiratete sie einen fremden Prinzen oder Grafen. Das dauerte auch nicht lange, aber viel Geschirr wurde nicht zerschlagen. Sie schickte ihn einfach weg und nahm sich Nummer drei, einen Filmstar namens Robert Truscott. Angeblich die große Liebe. Seine Frau war nicht sehr begeistert davon, musste aber schließlich nachgeben. Riesige Abfindung. Soviel ich mitbekommen habe, sind alle knapp bei Kasse, weil sie ihren Exfrauen so viel Unterhalt zahlen müssen.«
»Es ging wieder schief?«
»Ja. Diesmal war sie es, der das Herz gebrochen wurde. Ein oder zwei Jahre später kam es wieder zu einer großen Romanze, diesmal mit einem Bühnenschriftsteller, Isidore Sowieso.«
»Was für eine exotische Welt«, sagte Craddock. »Na, für heute wollen wir Schluss machen. Morgen werden wir viel zu tun haben.«
»Was zum Beispiel?«
»Ich habe eine Liste, die überprüft werden muss. Von den mehr als zwanzig Namen, die darauf stehen, müssen wir die unwichtigen herausfinden und streichen. Einer von denen, die dann noch übrig sind, muss X sein.«
»Haben Sie schon eine Vorstellung, wer X sein könnte?«
»Gar keine. Falls es nicht Jason Rudd ist«, fügte er mit einem ironischen Lächeln hinzu. »Ich werde wohl Miss Marple besuchen müssen, damit ich mehr über lokale Ereignisse erfahre.«
12
M iss Marple hatte ihre eigene Methode, Nachforschungen anzustellen.
»Es ist sehr freundlich von Ihnen, Mrs Jameson, wirklich sehr freundlich. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich bin.«
»Ach, das tue ich doch gern, Miss Marple. Ich freue mich, dass ich Ihnen gefällig sein kann. Sicherlich möchten Sie die Neuesten?«
»Nein, nein, das muss nicht sein«, antwortete Miss Marple. »Im Gegenteil. Eigentlich hätte ich alte Nummern lieber.«
»Nun, dann nehmen Sie die hier«, sagte Mrs Jameson. »Es ist ein ganz schöner Stoß, aber wir werden kaum merken, dass sie nicht da sind. Behalten Sie sie, solange Sie wollen. Aber Sie können sie nicht tragen, sie sind zu schwer für Sie. Jenny, was macht die Dauerwelle?«
»Alles in Ordnung, Mrs Jameson. Sie wurde gewaschen und jetzt sitzt sie unter der Haube.«
»In diesem Fall, meine Liebe, könnten Sie Miss Marple begleiten und ihr die Illustrierten tragen. Nein, wirklich nicht, Miss Marple, es macht uns keine Mühe. Es freut uns immer, wenn wir Ihnen einen Gefallen tun können.«
Wie freundlich die Leute waren, dachte Miss Marple, vor allem, wenn sie einen praktisch das ganze Leben lang kannten. Mrs Jameson, die schon immer ein Friseurgeschäft im Ort geführt hatte, war eines Tages auf den mutigen Einfall gekommen, ihren Laden im Namen des Fortschritts umzutaufen. Die Firmenschrift wurde überstrichen, und jetzt nannte sich das Unternehmen »Diane – Haarstylistin«. Abgesehen davon hatte sich im Laden nichts geändert, und man erfüllte die Wünsche der Kunden in der gewohnten Weise: Man bekam eine ordentliche, solide Dauerwelle. Auch die jüngere Generation wurde dort mit modischen Frisuren und Schnitten versehen, und das meist trübselige Ergebnis wurde gewöhnlich ohne zu viele Beschwerden akzeptiert. Doch die Masse von Mrs Jamesons Kunden bestand aus einer Truppe vernünftiger und konservativer mittelalterlicher Damen, die überzeugt waren, dass ihr Haar nur in diesem Geschäft so frisiert wurde, wie sie es
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