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Mord im Spiegel

Mord im Spiegel

Titel: Mord im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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wünschten.
    »Nein, so was!«, rief Cherry am nächsten Morgen, als sie mit ihrem gefährlich brummenden Hoover loslegen und die Halle saugen wollte, wie sie das Wohnzimmer in Gedanken immer noch nannte. »Was soll denn das bedeuten?«
    »Ich versuche«, antwortete Miss Marple, »mich über die Welt des Films etwas fortzubilden.«
    Sie legte eine Nummer der »Movie News«, weg und ergriff eine Nummer der »Amongst the Stars«.
    »Es ist wirklich äußerst interessant. Es erinnert mich an so viele andere Dinge.«
    »Die müssen ein herrliches Leben haben«, meinte Cherry.
    »Das Leben von Spezialisten«, erwiderte Miss Marple. »Alles spielt sich nach einem genauen Muster ab. Es erinnert mich sehr an die Geschichten, die eine Freundin mir zu erzählen pflegte. Sie war Krankenschwester. Die gleiche Naivität der Lebensanschauung und viel Klatsch und Gerüchte. Und gut aussehende Ärzte, die jede Menge Verheerung anrichteten.«
    »Kommt ziemlich plötzlich, Ihr Interesse, finden Sie nicht?«, fragte Cherry.
    »Das Stricken fällt mir immer schwerer«, erklärte Miss Marple. »Natürlich ist der Druck ziemlich klein, aber ich kann ja ein Vergrößerungsglas nehmen.«
    Cherry sah sie neugierig an. »Es verblüfft mich immer wieder«, sagte sie, »für wie viele Dinge Sie sich interessieren.«
    »Ich interessiere mich für alles.«
    »Ich meine, dass Sie in Ihrem Alter noch etwas Neues anfangen.«
    »Eigentlich ist es nichts Neues für mich. Es ist einfach die menschliche Natur, die mich interessiert, verstehen Sie, und die menschliche Natur bleibt sich ziemlich gleich, ob es sich um Filmstars oder Krankenschwestern handelt oder Einwohner von St. Mary Mead oder«, fügte sie nachdenklich hinzu, »oder um Leute, die in der Siedlung wohnen.«
    »Zwischen einem Filmstar und mir kann ich nicht viel Ähnlichkeit entdecken«, meinte Cherry lachend, »was sehr schade ist. Sicherlich sind Marina Gregg und ihr Mann schuld, dass Sie jetzt so was lesen.«
    »Und ein sehr bedauerlicher Vorfall, der in ›Gossington Hall‹ passiert ist«, sagte Miss Marple.
    »Sie meinen Mrs Badcock. Das war wirklich Pech.«
    »Was hält man in der – « Miss Marple machte eine Pause.
    Das »S«, lag ihr schon auf den Lippen. Doch dann fragte sie nur: »Was halten Sie und Ihre Freunde von der Geschichte?«
    »Alles sehr seltsam, wirklich«, erwiderte Cherry. »Sieht doch aus, als wär’s Mord, nicht wahr, aber natürlich schweigt sich die Polizei darüber aus. Trotzdem – es war Mord.«
    »Ich wüsste nicht, was es sonst sein sollte.«
    »Selbstmord kommt nicht in Betracht«, stimmte ihr Cherry zu. »Das passt nicht zu Heather Badcock.«
    »Kannten Sie sie gut?«
    »Nicht besonders. Eigentlich gar nicht. Sie war eine ziemlich neugierige Person und wollte immer, dass man hier mitmachte und dort und zu irgendwelchen Versammlungen ging. Viel zu viel überflüssige Energie. Ich glaube, ihr Mann hatte es manchmal ziemlich satt.«
    »Aber sie hatte doch keine Feinde?«
    »Manchmal hatten die Leute die Nase ziemlich voll. Doch der springende Punkt ist, dass eigentlich nur ihr Mann als Täter infrage kommt. Und er ist ein sehr freundlicher, bescheidener Typ. Trotzdem – wenn man auf einen Wurm tritt, krümmt er sich, oder wie man so schön sagt. Auch Doktor Crippen soll ein ganz reizender Mann gewesen sein, genau wie dieser Haigh, der seine Opfer in Säure legte. Er soll sehr charmant gewesen sein. Man kann eben nie wissen, nicht wahr?«
    »Der arme Mr Badcock«, meinte Miss Marple nur.
    »Und man erzählt sich, dass er beim Fest aufgeregt und nervös war – bevor es passierte, meine ich –, aber so was wird ja hinterher immer behauptet. Wenn Sie mich fragen, er sieht besser aus als seit Jahren. Irgendwie wirkt er munterer, als wäre er aufgewacht.«
    »Ach, tatsächlich?«
    »Niemand glaubt natürlich, dass er’s war«, fuhr Cherry fort. »Nur, wenn er sie nicht vergiftete, wer dann? Ich komme immer wieder drauf, dass es ein Unfall oder so was gewesen ist. Unfälle passieren andauernd. Da denkt man, dass man alle Pilze kennt, geht in den Wald und sammelt sie, und dann ist ein giftiger drunter, und schon hat man die Bescherung, man windet sich in Krämpfen und kann von Glück sagen, wenn der Arzt noch rechtzeitig kommt.«
    »Cocktails und Sherry scheinen mir für Unfälle nicht besonders geeignet«, sagte Miss Marple.
    »Ach, ich weiß nicht«, antwortete Cherry. »Manchmal gerät irgendeine falsche Flasche dazwischen. Jemand, den ich kannte, hat mal

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