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Mord im Spiegel

Mord im Spiegel

Titel: Mord im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Marina Gregg gesprochen haben. Oder bis ihr Mann mit der Wahrheit herausrückt. Sie müssen etwas wissen. Sie müssen jemand im Verdacht haben. Und wir wissen auch noch nicht, warum sie schweigen. Es ist noch ein langer Weg.«
    Er schwieg nachdenklich. Dann sagte er: »Lassen wir mal jenen bewussten entsetzten Gesichtsausdruck der Gregg außer Acht. Es kann reiner Zufall gewesen sein. Dann bleiben noch einige Leute übrig, die sehr wohl diese Überdosis ins Glas hätten schmuggeln können. Zum Beispiel die Sekretärin, Ella Zielinsky. Sie hat sich auch um die Getränke gekümmert und Gläser herumgereicht. Kein Mensch hat sie beachtet. Das Gleiche gilt für diesen dünnen agilen jungen Mann – wie heißt er noch? Ach ja, Hailey, Hailey Preston. Genau. Der hatte auch jede Gelegenheit dazu. Tatsache ist, wenn einer der beiden die Gregg erledigen wollte, war es viel sicherer, sie bei dem Fest zu töten.«
    »Wen haben wir außerdem?«
    »Bleibt immer noch der Ehemann!«
    »Damit wären wir wieder bei ihm gelandet«, sagte Cornish. Er lächelte matt. »Erst hielten wir diesen armen Teufel Badcock für den Schuldigen, ehe wir erkannten, dass die Gregg das tatsächliche Opfer war. Also geriet Jason Rudd in Verdacht. Obwohl er sie anbetet, wie alle Welt weiß.«
    »Das wird behauptet«, antwortete Craddock, »doch man kann nie wissen.«
    »Wenn er sie los sein wollte, warum hat er sich nicht scheiden lassen?«
    »Das wäre das Übliche gewesen«, stimmte Craddock ihm zu. »Doch vielleicht standen einer Scheidung zu viele Hindernisse im Wege, die wir noch nicht kennen.«
    Das Telefon klingelte. Cornish hob ab.
    »Wie bitte? Ja, stellen Sie durch! Ja, er ist da.« Er lauschte einen Augenblick, legte die Hand über die Sprechmuschel und sah Craddock an. »Miss Marina Gregg geht es besser«, sagte er. »Sie ist bereit, Sie zu empfangen.«
    »Ich werde mich lieber beeilen«, entgegnete Craddock. »Ehe sie ihre Meinung ändert.«
     
    In »Gossington Hall«, wurde Chefinspektor Craddock von Ella Zielinsky in Empfang genommen, die kühl und tüchtig war wie üblich. »Miss Gregg erwartet Sie, Mr Craddock«, sagte sie nur.
    Craddock musterte sie mit ziemlichem Interesse. Schon als er sie kennen gelernt hatte, war er zu dem Schluss gekommen, dass sie eine faszinierende Persönlichkeit war. Wenn das keine gerissene Pokerspielerin ist, hatte er damals gedacht. Alle seine Fragen hatte sie mit größter Bereitwilligkeit beantwortet. Mit keiner Geste hatte sie verraten, dass sie mit der Wahrheit hinterm Berg hielt, doch was sie über den Fall tatsächlich wusste oder dachte, ahnte er noch immer nicht. Im Panzer ihrer strahlenden Tüchtigkeit schien es keine schwache Stelle zu geben. Vielleicht wusste sie nicht mehr, als sie erzählte. Oder sie wusste eine Menge. Nur von einem war Craddock überzeugt – und er musste zugeben, dass er dafür keine Gründe nennen konnte –, dass Ella Jason Rudd liebte. Wie er schon früher einmal gesagt hatte, war es die Berufskrankheit der Sekretärinnen. Vermutlich hatte es nichts zu bedeuten. Doch damit war zumindest ein Motiv vorhanden, und er war überzeugt – ziemlich überzeugt –, dass sie etwas verheimlichte. Falls es nicht Liebe war, war es vielleicht Hass. Oder – ganz einfach – ein Schuldgefühl. An jenem Nachmittag hatte sie vielleicht die Gelegenheit genützt, oder sie hatte die ganze Sache geplant. Er konnte sich gut vorstellen, wie sie es gemacht hatte. Im Geist sah er ihre geschickten, aber nicht zu hastigen Bewegungen, wie sie hin und her ging und sich um die Gäste kümmerte, Gläser herumreichte, wegtrug, während sie sich einprägte, wo Marina Gregg ihr Glas abgestellt hatte. Und dann – etwa in dem Augenblick, als die Gregg die Gäste aus Übersee überschwänglich begrüßte und alle Augen sich ihr zuwandten – hatte sie still und leise die tödliche Dosis in das Glas gleiten lassen. Dazu war Kühnheit, Mut, Geschicklichkeit nötig. Und diese Eigenschaften besaß sie. Was sie auch getan hatte – jedenfalls würde sie nicht schuldbewusst ausgesehen haben. Es wäre ein brillant geplanter, sauberer Mord gewesen, ein Verbrechen, das nur wenige Risiken in sich barg. Doch der Zufall hatte es anders gewollt. Es hatte ein ziemliches Gedränge geherrscht, und irgendjemand hatte Heather Badcock angestoßen. Sie hatte ihr Glas fallen gelassen, und Marina hatte ihr impulsiv und charmant ihr eigenes angeboten, das sie noch nicht angerührt hatte. Und deshalb musste die falsche Frau

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