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Mord im Spiegel

Mord im Spiegel

Titel: Mord im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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es ist einer Ihrer Freunde oder so genannten Freunde. Auf jeden Fall müssen Sie einen Verdacht haben, an einen bestimmten Namen denken oder sogar an mehrere.«
    Die Tür ging auf, und Jason Rudd trat ein. Marina Gregg wandte sich ihm zu und streckte wie Hilfe suchend einen Arm aus.
    »Jinks, Liebling, Mr Craddock behauptet, ich müsste den Briefschreiber kennen. Aber ich habe keine Ahnung. Das weißt du doch genau! Wir haben alle nicht den kleinsten Verdacht!«
    Sie bestürmt ihn geradezu, dachte Craddock. Hat sie Angst, ihr Mann könnte etwas Falsches antworten?
    In Rudds Augen lag ein müder Ausdruck, und seine Miene schien noch finsterer zu sein als gewöhnlich. Er trat zu seiner Frau und ergriff ihre Hand.
    »Sicherlich erscheint es Ihnen unglaublich, Chefinspektor«, sagte er, »aber es stimmt wirklich: Weder Marina noch ich haben irgendeine Ahnung, wer dahinter stecken könnte.«
    »Sie gehören also zu den glücklichen Menschen, die keine Feinde haben«, bemerkte Craddock, und die Ironie in seiner Stimme war nicht zu verkennen.
    Rudd errötete leicht. »Feinde, Chefinspektor? Das klingt fast alttestamentarisch. Auf jeden Fall kann ich Ihnen versichern, dass wir in diesem wörtlichen Sinne keine Feinde haben. Manche Leute mögen einen nicht, wollen einem eins auswischen, wenn sie können, ob aus Bosheit oder Gedankenlosigkeit. Oder man versucht, uns beruflich fertigzumachen. Doch von da bis zu einer tödlichen Überdosis ist ein großer Schritt.«
    »Gerade fragte ich Ihre Frau, wer diese Briefe geschrieben haben könnte. Sie erklärte, sie wisse es nicht. Doch wenn wir uns an die gegebenen Fakten halten, wird der Kreis der Personen, die als Täter infrage kommen, schon kleiner. Denn es wurde ja tatsächlich eine tödliche Dosis in das Glas getan.«
    »Ich habe nichts gesehen«, sagte Rudd.
    »Und ich erst recht nicht«, erklärte Marina Gregg. »Ich meine, wenn ich beobachtet hätte, wie jemand etwas in mein Glas tat, hätte ich nicht davon getrunken, nicht wahr?«
    »Ich kann mir nicht helfen«, sagte Craddock freundlich, »aber ich glaube trotzdem, dass Sie etwas mehr wissen, als Sie mir bis jetzt erzählt haben.«
    »Das ist nicht wahr!«, rief Marina Gregg. »Bitte, sag ihm, dass das nicht wahr ist, Jason!«
    »Ich versichere Ihnen«, sagte Rudd, »dass mir die ganze Sache völlig unbegreiflich ist. Eine höchst fantastische Geschichte. Man könnte glauben, dass sich jemand einen Scherz erlaubt hat – einen Scherz, der irgendwie schief gegangen ist. Dass die fragliche Person nicht ahnte, wie gefährlich…« Ein leichter Zweifel war aus seinen Worten herauszuhören. Dann schüttelte er den Kopf und fuhr fort: »Nein, ich merke schon, diese Lösung gefällt Ihnen nicht, Chefinspektor.«
    »Es gibt noch eine Frage, die ich Ihnen gern stellen würde«, sagte Craddock. »Sie erinnern sich sicherlich noch, wann Mr und Mrs Badcock ankamen. Gleich nach dem Pfarrer. Sie begrüßten das Ehepaar mit der gleichen charmanten Herzlichkeit wie Ihre übrigen Gäste. Doch wie ein Augenzeuge mir berichtete, sahen Sie plötzlich über Mrs Badcocks Schulter hinweg und machten ein entsetztes Gesicht, als hätte Sie etwas erschreckt. Stimmt das? Und wenn ja, was war es?«
    Marina Gregg antwortete sofort. »Natürlich ist das Unsinn«, rief sie. »Wieso erschrecken – was hätte mich erschrecken sollen?«
    »Das ist es ja, was ich gern wissen möchte«, sagte Craddock geduldig. »Der Augenzeuge ist sich seiner Sache sehr sicher, verstehen Sie?«
    »Wer ist das denn? Was hat er oder sie genau gesagt?«
    »Sie blickten in Richtung Treppe«, erwiderte Craddock. »Es kamen gerade weitere Gäste herauf: ein Reporter, Mr Grice und seine Frau, ein älteres Ehepaar, das schon seit Langem in der Gegend lebt, dann Mr Ardwyck Fenn, der frisch aus den Staaten eingetroffen war, und eine gewisse Lola Brewster. War es der Anblick einer dieser Personen, der Sie so erregte, Miss Gregg?«
    »Ich sage Ihnen doch, ich war nicht erregt.« Sie schrie die Worte fast.
    »Und doch passierte Ihnen eine kleine Unaufmerksamkeit. Mrs Badcock sagte etwas zu Ihnen, aber Sie antworteten nicht, weil Sie durch irgendetwas hinter ihr abgelenkt waren.«
    Marina Gregg bemühte sich, ruhig zu bleiben. Rasch und nachdrücklich sagte sie: »Dafür habe ich eine gute Erklärung. Eine sehr gute sogar. Wenn Sie etwas mehr über die Schauspielerei wüssten, würden Sie es längst selbst erkannt haben. Auch wenn man eine Rolle gut kennt – oder gerade, weil man sie so

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