Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
Vom Netzwerk:
irgendetwas mit seinem Tod zu tun hat. Wenn ich mich nicht irre, dann gibt es noch einige weitere Gründe, warum irgendjemand den Ersten Schreiber vor seiner Zeit in das Reich des Westens geschickt haben könnte.«
    »Du hast Recht.« Rechmire nickte und zog den zweiten Papyrus hervor. Ohne große Hoffnung reichte er Kaaper das rot geschriebene Liebesgedicht herüber. Der Priester schlurfte bis unter den Fensterschlitz und hob die Rolle bis auf eine Fingerbreite an seine Augen, doch trotzdem konnte er kaum zwei oder drei Hieroglyphen erkennen.
    »Ich kann damit nichts anfangen«, sagte er. »Was steht dort?« Rechmire las ihm den Text vor. »Es ist nicht sein Inhalt«, erklärte er, »sondern seine Handschrift – es ist dieselbe, die den Spruch auf die Verfluchungstafel geschrieben hatte, deren Fragmente wir auf Kenherchepeschefs Leiche gefunden haben.«
    Kaaper schüttelte bedauernd den Kopf. »Für diese Feinheiten werden meine Augen niemals wieder empfänglich sein«, sagte er betrübt. »An deiner Stelle würde ich Sennodjem fragen. Wenn jemand die Handschriften aller Dorfbewohner kennt, dann er. Vorausgesetzt natürlich, dass es überhaupt die Schrift von jemandem ist, der hier lebt. Sieht der dritte Papyrus auch so aus?«
    Rechmire schüttelte zur Antwort nur den Kopf, bis ihm bewusst wurde, dass sein Gastgeber diese Geste wahrscheinlich gar nicht richtig wahrnehmen konnte. »Es ist ein Entwurf für einen Brief – zumindest für die offizielle Anrede«, sagte er, dann las er ihm die wenigen Zeilen vor.
    »Ich weiß von seiner Witwe Hunero, dass Kenherchepeschef«, Rechmire suchte nach der richtigen Formulierung, schließlich musste er gegenüber einem Amunpriester in dieser Sache vorsichtig sein, »in der Gunst des Hohepriesters Userhet recht hoch stand«, endete er schließlich lahm.
    »Und das allein macht dich schon misstrauisch?«, wollte Kaaper erstaunt wissen. »Schließlich weißt du doch, dass Kenherchepeschef seine Männer auch am Grab des Hohepriesters arbeiten ließ. Das ist zwar verboten, doch das wurde immer so gehalten, seit es Set-Maat gibt. Und warum auch nicht? Wenn die Götter gnädig sind, stirbt nur alle paar Jahrzehnte mal ein Pharao. Und jeder Herrscher hat stets nur wenige Lieblingsfrauen und -söhne, sodass auch am Platz der Schönheit die Arbeit oft jahrelang ruht. Unter den Reichen und Mächtigen Thebens hingegen hält Osiris ständig Gericht. Immer muss man für irgendjemand von ihnen ein Haus der Ewigkeit einrichten. Warum sollen dies also nicht die Männer tun, die das besser können als sonst ein Künstler im ganzen Lande Kemet?«
    Rechmire wand sich verlegen auf seinem Stuhl. »Der Hohepriester«, er zögerte lange, dann spuckte er die Worte förmlich aus, »ging mit Kenherchepeschef nicht zu seinem eigenen Haus der Ewigkeit, sondern zum Tal, in dem die Pharaonen ruhen. Auch am Tag vor dem Tod des Ersten Schreibers waren sie viele Stunden dort. Allein.«
    Kaaper schwieg lange und rieb sich die Stirn. Schließlich seufzte er. Er versuchte zu flüstern, sodass seine raue Stimme plötzlich heiser klang wie die von jemandem, dem ein Geschwür an den Stimmbändern wuchert. »Was ich dir jetzt sage, ist ein größeres Geheimnis als das der Fertigung von Papyrus«, begann der Priester. Er führte ihn an der Hand zu einer kleinen Stele des Amun, die an der linken Wand des Vorraums stand. »Berühre den Körper des Gottes und schwöre, dass du niemandem etwas verraten wirst, nicht einmal dem Tschati.«
    Rechmire tat, was der Priester wollte.
    »Hast du schon einmal etwas vom Fluch des Pharaos gehört?«, flüsterte Kaaper.
    »Es ist der geheimnisvolle Zauber, welcher die Gräber der Herrscher für alle Zeiten schützt«, antwortete Rechmire, der ebenfalls unwillkürlich die Stimme bis fast zur Unhörbarkeit gesenkt hatte.
    Der Priester nickte. »Ein Zauber, ja. Und wer allein könnte den mächtigsten Zauber im Lande Kemet aussprechen – wenn nicht der mächtigste Priester?« Er schwieg für eine Weile. »Ich weiß nichts Genaues, nur Gerüchte«, fuhr er fort. »Ich kenne die Zeremonien nicht und nicht die Mittel, die allein den Zauber wirkungsvoll machen. Und ich weiß nicht mit Sicherheit, warum Userhet in das Tal der Pharaonen gegangen ist. Doch Kenherchepeschef war der Erste Schreiber am Ort der Wahrheit, derjenige, der alles organisierte, was mit dem Bau eines Grabes zusammenhängt. Wenn er mit dem Hohepriester kurz vor Vollendung von Merenptahs Haus der Ewigkeit ohne irgendeinen

Weitere Kostenlose Bücher