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Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman

Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman

Titel: Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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vermessen lassen. Danach waren ich und die anderen an der Reihe. Wir hatten einen Handel geschlossen, und jeder hat bekommen, was er wollte.«
    Wieder sagte Martha Kamatóto etwas. Dieses Mal wollte Wilhelm Maharero ihre Worte nicht übersetzen, aber die fünffache Mutter bestand darauf.
    »Also gut«, sagte der Hereroprinz. »Ich soll noch hinzufügen, dass seine Lippen zitterten und dass er stark schwitzte. Außerdem hat er die Hände zu Fäusten geballt, während ich ihm den Winkelschieber an den Kopf und an die Ohren gesetzt habe.«
    Das waren tatsächlich Anzeichen äußerster Wut. Der Mann hätte am liebsten seinen Ärger herausgeschrien, aber er verfolgte ein Ziel. Deshalb kontrollierte er seinen Mund so, dass er keine beleidigenden Worte formen konnte. Er tat sich selbst Zwang an, und sein widerstreitendes Gefühl manifestierte sich im Zittern der Lippen. »Wie heißt der Mann?«
    »Es ist ein sehr bekannter Wissenschaftler, der auch im Vorstand der Berliner Gewerbeausstellung sitzt. Seinen Namen habe ich vergessen. Es klang so ähnlich wie die Stadt Stettin.«
    »Sie meinen doch nicht etwa Professor Emil von Trittin?«
    »Ja, das war sein Name.«
    »Und Sie sagen, dass er im Vorstand der Gewerbeausstellung saß? Zusammen mit dem Opfer, zusammen mit Salomon Hirsch?«
    »Genau!«
    Otto ließ sich nicht anmerken, wie sehr ihn diese neue Information in Aufregung versetzte. Er plauderte noch eine Weile mit den Hereros und lud sie alle zu der kleinen Siegesfeier ein, die er kommenden Sonntag in »Klein-Sanssouci« veranstalten wollte. So hatte er das Gefühl, dass er ein wenig von der Gastfreundschaft, die ihm in Deutsch-Südwestafrika widerfahren war, zurückgeben konnte. Die Hereros zeigten sich erfreut und sagten unter der Voraussetzung zu, dass ihnen für Sonntagabend der Ausgang gestattet werden würde. Dann nahm Otto seinen Hut, reichte allen die Hand und begab sich nach draußen, wo ihn der Commissarius schon erwartete.
    »Haben Sie etwas herausbekommen?«, fragte Funke.
    Otto erstattete Bericht und schloss mit den Worten: »Ich kenne Professor von Trittin. Er ist Mitglied im Segelverein Seglerhaus am Wannsee, der ganz in der Nähe von ›Klein-Sanssouci‹ sein Anwesen hat. Bitte gestatten Sie mir, ihn aufzusuchen und diskret nach seinem Alibi zu forschen. So können wir diesem angesehenen Wissenschaftler einen kompromittierenden Besuch durch die Kriminalpolizei ersparen.«
    »Sie haben doch nicht etwa persönliche Vorbehalte gegen den Mann?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Sie haben so einen Glanz in den Augen, der mir nicht ganz geheuer ist, mein Lieber. Aber wie dem auch sei. Durch die Befragung von Wilhelm Maharero und Igraine Raab haben Sie die Ermittlungen vorangebracht. Vielleicht gelingt Ihnen das nun wieder. Ich muss ohnehin zum Zoodirektor, um mir die Liste der Angestellten abzuholen. Also bitte.«
    »Wenn sich etwas ergeben sollte, lasse ich es Sie noch heute wissen. Haben Sie mittlerweile Moses entdeckt?«
    »Ich dachte, dass er bei Ihnen in der Eingeborenenhütte wäre.«
    »Nein, da war er nicht!«, sagte Otto und verabschiedete sich. Das Gelände der Gewerbeausstellung war einfach zu groß, um seinen Leibdiener zu suchen, aber er würde schon zurechtkommen. Er war dreiundzwanzig Jahre alt, hatte Geld in der Tasche und war nicht auf den Kopf gefallen. Vielleicht brauchte er einfach Zeit, um über die Geschehnisse nachzudenken. Früher oder später würde er schon auftauchen. Er wusste ja, wo er zu Hause war und wer seine Freunde waren.
    Otto setzte den Hut auf den Kopf und marschierte zum Ausstellungsbahnhof. Er nahm sich vor, es zuerst im Völkerkundemuseum zu versuchen. Die Begegnung mit dem Wissenschaftler würde sicher interessant werden.
    Museum für Völkerkunde
    Otto schaute sich suchend im Foyer um, bis er einen Mann in Uniform in einer Pförtnerloge sitzen sah. Während er über den glänzenden Marmorboden schritt, zog er seine Brieftasche hervor und entnahm ihr eine Visitenkarte, die er dem Museumsangestellten durch einen kreisrunden, in Messing gefassten Ausschnitt in der Schreibe reichte.
    »Ich muss dringend mit Professor von Trittin sprechen«, sagte er. »Befindet er sich im Haus?«
    Der Pförtner nahm die Visitenkarte entgegen und las sie mit einem Stirnrunzeln. Dann setzte er sich die Uniformmütze auf den Kopf und verließ die Loge durch eine Seitentür. »Ahbeet macht det Lehm süß, Faulheit stärkt de Jlieda«, gab er eine Berliner Redensart zum Besten. »Na, denn will

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