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Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman

Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman

Titel: Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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unterdrücken.«
    »Natürlich!«
    »Einen auffälligen Geruch konnte ich nicht feststellen, die meisten Duftstoffe verflüchtigen sich leider sehr schnell, aber mitunter lässt sich noch ein chemischer Nachweis erbringen. So konnte ich im Blut sowie im Gehirn Rückstände von Chloroform nachweisen. Jetzt wollen Sie sicher wissen, ob der Tod absichtlich durch die Inhalation herbeigeführt werden sollte oder ob es sich um einen Unfall handelte?«
    »Das wäre von Interesse, ja.«
    »Nun, das lässt sich schwer sagen. Eine Narkotisierung ist eine heikle Angelegenheit, die ein hohes Maß an Erfahrung bedarf. Ein geschulter Arzt kann eine Betäubung mehrere Stunden aufrechterhalten, ohne dass der Patient geschädigt wird. Trotzdem berichtet der Statistiker Richardson, dass auch in Krankenhäusern auf dreitausendfünfhundert Narkosen ein Todesfall kommt. Das mag sich nach nicht viel anhören, aber die Angehörigen sehen das sicher anders.«
    »Und bei dem Bankier Frankfurter?«
    »Eine Überdosierung ist zweifellos eine Möglichkeit, aber in der medizinischen Fachliteratur wird außerdem berichtet, dass die meisten Verstorbenen an einer Vorerkrankung litten, die bei der Narkotisierung nicht berücksichtigt wurde und zu einer anormalen Reaktion des Organismus führte. Meistens ergaben sich bei der Obduktion krankhafte Befunde des Herzens, aber auch eine schwache Konstitution infolge von Unterernährung oder einem hohen Alter zählte zu den Ursachen. Der Bankier Frankfurter war neunundsechzig Jahre alt und wog bei einer Körpergröße von einem Meter siebzig gerade mal achtundfünfzig Kilo.«
    »Sie gehen also davon aus«, sagte der Commissarius, »dass der Tod durch Chloroform nicht absichtlich vom Täter herbeigeführt worden ist, um seinen empfindlichen Magen zu schonen und ein unschönes Blutbad zu verhindern, sondern ein Unfall war, der auf eine Überdosierung oder die Konstitution des Opfers zurückzuführen ist.«
    »Sehr gut, mein Lieber. Besser hätte ich es nicht zusammenfassen können. Bei Salomon Hirsch, dem ersten Opfer, habe ich keine chemischen Tests durchgeführt, weil der Tod unzweifelhaft durch die zugefügten Verletzungen eingetreten ist und seine Verwandten nach dem jüdischen Ritus auf eine schnelle Bestattung gedrängt hatten, aber ich vermute, dass er ebenfalls mit Chloroform betäubt wurde, weil er keine Abwehrverletzungen hatte. Bei ihm verlief die Narkose wahrscheinlich wunschgemäß. Möglicherweise stammt der Täter aus dem medizinischen Sektor, oder er hat zumindest Erfahrungen im Umgang mit Betäubungsmitteln.«
    »Oder wir haben es mit zwei Tätern zu tun«, erwiderte der Commissarius. »Die erste Narkose wurde durch einen Fachmann besorgt, die zweite durch einen Laien. Eine solche Konstellation wäre ebenfalls denkbar. Vielleicht ist es dem Täter auch egal, ob er seine Opfer durch die Narkose tötet, bevor er die Lunge entnimmt. Dann wäre es einfach Zufall. Wir würden vermutlich klarer sehen, wenn wir wüssten, warum er dieses Ritual vollzieht.«
    »Touché«, sagte Dr. Gessken. »Ich weiß um die Dringlichkeit des Falls, und natürlich kann ich verstehen, dass Sie wieder an die Arbeit müssen, aber ich würde mich freuen, wenn wir uns einmal privat treffen könnten. In einigen Tagen soll eine Ausstellung der Künstlerin Igraine Raab im Kunstsalon Eduard Schulte eröffnet werden, die in der Presse schon für einigen Wirbel gesorgt hat. Wollen wir nicht gemeinsam hingehen?«
    »Ich pflege Berufliches und Privates strikt zu trennen«, erwiderte der Commissarius. »Ich wünsche Ihnen einen schönen Spaziergang und angenehmen Aufenthalt im Café Josty. Auf Wiedersehen.«
    Funke lüftete seinen Hut und entfernte sich beinahe fluchtartig. Während er schnell in die Dorotheenstraße abbog und sich auf den Weg zum Polizeipräsidium begab, wurde sein Misstrauen immer stärker. Normalerweise fanden ihn die Menschen sonderbar, lächerlich oder verdächtig. Zeitlebens war er ein Außenseiter gewesen. Dass ein Mann wie Dr. Gessken sich privat mit ihm treffen wollte, stank zum Himmel.
    Der Commissarius war ein zu guter Beobachter, um sich in die Irre führen zu lassen. Schon am frühen Morgen war ihm der Tremor des Gerichtsarztes aufgefallen. Auch die Hand des Erpressers hatte bei der Abfassung des Briefs gezittert. Was für ein hinterhältiges Spiel trieb Dr. Gessken eigentlich?
    Polizeipräsidium
    Eine Stunde später betrat Funke sein Bureau und öffnete sogleich die Schreibtischschublade. Er griff

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