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Mord in Babelsberg

Mord in Babelsberg

Titel: Mord in Babelsberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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einen tiefen Zug. Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.
    »Und wenn schon.«
    Das kann dauern, dachte Leo. »Sie wissen, dass er ermordet wurde?«
    Der Mann nickte und setzte die Flasche erneut an. Diesmal trank er sie aus. »Hab’s gelesen.«
    »Ein Zeuge hat ihn hier in diesem Atelier gesehen. War er bei Ihnen?«
    Köhler rülpste und stellte die Flasche weg. Dann reckte er sich, fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare und schaute Leo an. Sein Blick wirkte plötzlich klarer, als hätte ihn der Alkohol erst aufgeweckt.
    »Kann schon sein.«
    Leo verschränkte die Arme und lehnte sich mit dem Rücken an den Tisch. »Warum war König hier? Ich weise Sie darauf hin, dass ich in einem Mordfall ermittle. Wenn Sie die Aussage verweigern, kann ich Sie ins Präsidium vorladen.«
    Der Mann zündete sich eine Zigarette an. »Na schön. Ist kein Geheimnis. Der Laden läuft nicht gut. Daher leihen wir unsere Leute schon mal gegen Provision an andere Ateliers aus, die mehr zu tun haben. Ist nicht verboten, soweit ich weiß.«
    »König war also hier, um Mitarbeiter für eine Filmproduktion anzuheuern?«
    Köhler nickte.
    »Ich war im JOFA-Atelier. Die sind mit Personal anscheinend gut versorgt«, sagte Leo.
    »Hat der kleine Richter Sie geschickt?«, fragte Köhler sofort und verzog verächtlich das Gesicht. »Der hat sich davongemacht, sowie sich was Besseres bot. War sich wohl zu fein für uns.«
    Leo schlenderte umher und schaute sich demonstrativ in der unordentlichen Werkstatt um. »Sie haben selbst gesagt, in diesem Atelier würde ohnehin kaum Arbeit anfallen.«
    Der Mann nickte unwillig.
    »Wem gehört der Laden eigentlich?« Leo blieb vor einem überquellenden Regal stehen, in dem sich Unmengen von Papier stapelten. Er blätterte beiläufig darin herum. Rechnungen, hoffentlich bezahlt, sonst blieben sie hier begraben bis zum Jüngsten Tag. Bestellungen für Material – Holz, Stoffe, Farben, Leim. Stadtpläne von Berlin und Potsdam, eine Karte der Pfaueninsel. Eine Bescheinigung über die Brandschutzinspektion des Jahres 1923. Er blickte auf, als Köhler antwortete.
    »Mir. Jetzt staunen Sie, was? Kein feiner Pinkel in weißem Anzug und Strohhut, der mit schönen Mädels über den Ku’damm flaniert. Mit Kunst hab ich nix am Hut. Hab den Laden hier vor ein paar Jahren übernommen, weil ich dachte, mit Filmen kommt man groß raus. Aber Sie sehen ja …«
    »Ohne Fleiß kein Preis«, konnte sich Leo nicht verkneifen.
    »Von Ihnen muss ich mich nicht beleidigen lassen«, sagte Köhler und trat auf ihn zu.
    »Das ist eine Tatsache, keine Beleidigung. Sie hatten also nichts dagegen, mit einem feinen Pinkel, wie Sie es ausdrücken, Geschäfte zu machen.«
    »Wer sagt, dass ich Geschäfte mit ihm gemacht habe? Als König herkam, waren meine Leute schon woanders untergebracht.«
    Leo hob die Hand. »Jetzt mal langsam. König ist hergekommenund wollte Leute von Ihnen haben, die Sie aber schon anderweitig ausgeliehen hatten. Und dann ist er wieder nach Hause gefahren?«
    »Er hat mir seine Karte hiergelassen. Ich sollte mich bei ihm melden, wenn die Leute wieder verfügbar wären. Sehen Sie.« Köhler kramte in einer überquellenden Schublade und zog eine zerknickte Visitenkarte heraus. Die gleichen hatte Leo auch in Königs Arbeitszimmer gefunden.
    »Können Sie mir sonst noch etwas über Herrn König erzählen? Gerüchte? Klatsch?«
    »Nein. Er war einmal hier, das ist alles.«
    »Wann genau war das?«
    »Vor zwei, drei Monaten. Er hat gerade den Magier-Film gedreht.«
    »Gut. Dann möchte ich jetzt mit Ihren Mitarbeitern sprechen.«
    Ein kaum merkliches Zucken, eine ruckartige Drehung des Kopfes, dann hatte Köhler sich wieder in der Gewalt.
    »Es sind nur drei da, einer hat sich krankgemeldet.«
    Er führte Leo ins Atelier, in dem einige kümmerliche Kulissen herumstanden. In einer Ecke hockten drei Männer, darunter derjenige, der ihm vorhin mit der Leiter begegnet war. Er pinselte lustlos eine Kommode mit goldener Farbe an, zwei andere nagelten aus Brettern ein Podest zusammen.
    Die Befragung verlief ähnlich mühsam wie bei Köhler. Keiner hatte König gekannt, geschweige denn mit ihm zusammengearbeitet. Die Aussagen der Männer deckten sich mit der von Richter. Das Filmatelier schien schlecht geführt und daher wenig profitabel.
    Leo stand da, die Hände in den Hosentaschen, und schaute sich in der Halle um. Ihm blieb nichts anderes übrig, als die Sache abzuhaken und ins Präsidium zurückzukehren.

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