Mord in Babelsberg
anzuwerben, schon gar nicht im Regina.« Seine Entrüstung wirkte aufrichtig.
Leo schaute den Produzenten ruhig an. »Ich glaube Ihnen aufs Wort. Da ich den anderen Zeugen jedoch ebenfalls glaube, lässt das nur einen Schluss zu: Herr König hat Dinge vor Ihnen geheim gehalten.«
Er empfand beinahe Mitleid mit Hahn, der bei diesen Worten in sich zusammensank.
»Bedauere, aber das kommt bei unseren Ermittlungen häufig vor. Wir sind von Berufs wegen gezwungen, nach Dingen zu suchen, die die Toten nicht ohne Grund vor anderen verborgen haben. Das kann für die Hinterbliebenen sehr schmerzhaft sein.«
Hahn hob den Kopf und sah ihn seltsam an.
»Das alles dient nur dazu, seinen Mörder zu finden.« Leo machte eine Pause. »Eine Frage hätte ich noch: In der Zeitungstand, Herr König hätte Außenaufnahmen auf der Pfaueninsel gedreht. Das wurde eigens betont, als wäre es nicht selbstverständlich.«
Hahn schien dankbar für die Ablenkung. »Viktor war ein Perfektionist. Wenn er einen Schauplatz vor der Haustür hatte, drehte er nicht im Atelier, basta. Selbst wenn es Mühe machte, die Genehmigung einzuholen, und eine Menge Geld kostete, das Material und die Darsteller dorthin zu bringen. Er hat sogar eine Schutzhütte für die Essenspausen und schlechtes Wetter bauen lassen, die später wieder abgetragen werden musste. Er war anspruchsvoll. Und die Mühe hat sich stets gelohnt.«
»Ich habe im Regina eine Karte der Pfaueninsel gesehen«, bemerkte Leo beiläufig und schaute den Produzenten prüfend an.
»Na und? Die Insel ist nicht gerade unbekannt«, meinte Hahn achselzuckend.
»Sie haben also nicht gewusst, dass Viktor König Kontakte zum Regina-Atelier in Weißensee unterhielt und dort persönlich Mitarbeiter gesucht hat?«, fragte Leo. »Kann ich das offiziell zu Protokoll nehmen?«
Der Produzent nickte. »Ja, das können Sie. Ich hatte keine Ahnung davon. Und die Tatsache, dass Viktor nicht mit mir darüber gesprochen hat, lässt vermuten, dass ich es auch nicht erfahren sollte.«
Frau Maletzke schaute sich die Zeichnungen gründlich an und wiegte den Kopf. »Ich meine, sie mal gesehen zu haben, vor zwei, drei Monaten. Die Haare sind auffällig. Heutzutage tragen die Frauen sie nicht mehr so lang. Wie gesagt, das Gesicht erkenne ich nicht eindeutig wieder, wohl aber die Frisur. An die erinnere ich mich auch, weil die Haare so eine schöne Farbe hatten, braun mit einem roten Schimmer.«
Walther trank von seinem Kaffee. »Können Sie sich aucherinnern, um welche Tageszeit es war? Ob die Frau allein war oder in Begleitung?«
»Am späten Vormittag«, kam die prompte Antwort. »Das weiß ich deshalb, weil ich den Flur geputzt habe. Damit fange ich immer um halb zehn an und bin dann bis elf ungefähr durch. Ich habe im vierten Stock angefangen, sie kam mir unten entgegen, also kurz vor elf.«
Walther war beeindruckt. Bei den wenigsten Zeugen funktionierte das Erinnerungsvermögen so gut. Dann kam ihm eine Idee. »Wissen Sie zufällig, an welchem Wochentag das war?«
»Dienstag oder Freitag.« Als sie seinen fragenden Blick bemerkte, fügte sie hinzu: »Putztage. Zweimal die Woche.«
»Wohin ist die Frau gegangen?«
»Die Treppe hoch. Wohin, weiß ich natürlich nicht, aber es war der Aufgang, in dem auch Frau Dornow gewohnt hat. Ich habe im Hof den Eimer ausgeschüttet und die Putzsachen weggeräumt. Danach bin ich in meine Wohnung gegangen und habe mir einen Kaffee gekocht.« Dann veränderte sich ihre Stimme. »Ist sie eine Bekannte von Fräulein Dornow?«
»Dazu kann ich nichts sagen. Sie wissen also nicht, wann die Frau das Haus wieder verlassen hat und ob sie in Begleitung war?«
Frau Maletzke schüttelte den Kopf und schien ehrlich zu bedauern, dass sie ihm nicht weiterhelfen konnte. »Ich hoffe, Sie finden ihn bald. Es wird so viel geredet, die Leute haben Angst, es könnte noch mehr passieren.«
An der Tür drehte Walther sich noch einmal um. »Sie sollten nicht allzu besorgt sein, Frau Maletzke. Wir gehen davon aus, dass der Täter es ausdrücklich auf Fräulein Dornow abgesehen und ihr aufgelauert hat.«
Er verabschiedete sich, ging hinaus in den Hof und warf einen nachdenklichen Blick auf die Zeichnungen in seiner Hand. Dann schlug er im Notizbuch die Adresse des Frisiersalons nach.
Der Salon wirkte genauso feminin, wie Sonnenschein ihn beschrieben hatte; Walther konnte gut nachvollziehen, dass sich der Kollege fehl am Platz gefühlt hatte. Da er das Vernehmungsprotokoll kannte, wusste er,
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