Mord in Babelsberg
er sich verkriechen, und Leo empfand beinahe Mitleid mit ihm.
»Wann ist das gewesen?«
Der junge Mann runzelte die Stirn. »Vor zwei Monaten vielleicht. Ungefähr.«
»Herr Bender, Sie müssen damit rechnen, dass wir Ihre offizielle Aussage benötigen. Jedenfalls bin ich Ihnen dankbar, dass Sie den Mut gefunden haben, es mir zu sagen.«
»Ja, Herr Kommissar«, sagte Bender kleinlaut. Leo verkniffsich den Hinweis, dass es mit seiner Stelle ohnehin schlecht aussah, wenn sein Chef hier etwas Illegales trieb.
»Wo sind Ihre Kollegen?«
»Da drüben.« Er deutete auf eine Tür, erleichtert, dass das Gespräch vorerst beendet war.
»Danke.« Leo ging hin, klopfte und trat sofort ein. Es war ein kleiner Raum, der vollgestopft war mit Requisiten. Kostüme, Vasen, Spiegel, Möbelstücke, ein breites, vergoldetes Ruhebett. Die drei Männer hockten zusammen und spielten Karten. Als Leo hereinkam, blickten sie ungehalten auf.
»Schon wieder die Polizei?«, knurrte einer.
»Ja. Und ich erwarte diesmal ein bisschen mehr Entgegenkommen. Ich will wissen, ob hier abends gedreht wird.«
Ein schmächtiger Mann mit struppigem rotem Haar schob die Mütze nach hinten und kratzte sich am Ohr. »Kommt vor. Na und?«
»Eher als tagsüber?«
»Kann schon sein. Wir machen das so, wie die Leute es haben wollen. Wer das Atelier abends braucht, bekommt es auch.«
»Auch Viktor König?«
Leo spürte, wie sich etwas in der Atmosphäre veränderte. Es war kaum greifbar, wie eine elektrische Spannung, die sich zwischen den drei Männern und ihm aufbaute.
»Der dreht hier nicht, das haben wir Ihnen letztes Mal schon gesagt.«
Leo ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er nahm eine Vase in die Hand, sie war ganz leicht, aus Pappmaschee. Er klopfte an das Ruhebett. Sperrholz. »Mal auf der Pfaueninsel gedreht?«
Die Männer schwiegen.
»Was sagt Ihnen das Wort Maske?«
»Wollen Sie uns veräppeln?«, fragte der Rothaarige. »Sie sind hier beim Film, da geht es ständig um Masken.«
Die Bewegung kam so schnell, dass er sie nicht kommen sah. Leo schoss herum und ergriff seinen Unterarm. Nicht so, dass es schmerzte, aber fest genug, um zu zeigen, dass es ihm ernst war. »Ich frage mich, wie Sie bei Ihrem Benehmen überhaupt irgendwo Arbeit finden. Wenn Sie so weitermachen, ist der Laden hier bald dicht. Dann können Sie zusehen, wo Sie etwas Neues herbekommen. Ich bin nicht aus Spaß hier, das sollten Sie inzwischen begriffen haben.«
Die Männer schauten einander an. Der Wortführer von Leos erstem Besuch rutschte unbehaglich auf seiner Kiste herum.
»Und?«
»Der Chef erzählt uns nichts. Wir bereiten alles vor, und dann kommen abends Leute zum Drehen«, sagte er zögernd.
»Was genau bereiten Sie vor?«
»Die Requisiten.« Der Mann deutete mit einer vagen Geste hinter sich. »Möbel. Kulissen. Das Übliche.«
»Warum wird hier nachts gedreht? Die Ateliers sind doch aus Glas, um genügend Tageslicht hereinzulassen. Künstliches Licht ist teuer.«
Der Mann nickte.
»Waren Sie wirklich nie dabei? Sind Sie nicht neugierig, was hier abends vorgeht?«, drängte Leo.
Der Rothaarige räusperte sich. »Ich … ich hab mal morgens aufgeräumt, war ganz früh da.« Er biss sich auf die Lippen. »Da lag komisches Zeug herum. Der Chef hat es sofort weggeräumt.«
»Komisches Zeug?« Leo lehnte sich an einen Schrank und zog fragend die Augenbraue hoch.
»Eine Peitsche. Und so ein Ding aus Leder. Sah ein bisschen aus wie ein Pferdegeschirr. Riemen. Schnallen.« Er zuckte mit den Schultern.
»Ich fasse zusammen: Sie sagen, Sie arbeiten tagsüber hier, sehen nach dem Rechten oder hocken herum und spielenKarten. Das eigentliche Geschäft läuft abends. Herr Köhler verdient sein Geld damit und leiht Sie zudem an andere Ateliers aus, wenn dort Leute gebraucht werden. Sie haben Viktor König nur einmal hier gesehen. Tagsüber. Was nicht ausschließt, dass er zu anderen Zeiten hier gewesen sein könnte. Ist das korrekt?« Leo sah in die Runde. Keiner wich seinem Blick aus.
»Ja«, meinte der Wortführer.
»Und die Pfaueninsel?«, wechselte Leo abrupt das Thema.
Der Rothaarige sah die anderen an und nickte dann. »Hab mitbekommen, wie der Chef telefoniert hat. Dabei fiel das Wort Pfaueninsel und irgendwas von Außenaufnahmen. Mehr wissen wir wirklich nicht.«
»Eins noch.« Leo holte das Foto von Johanna Gerber hervor und zeigte es herum, wobei er die Männer genau beobachtete. Keiner ließ erkennen, dass er sie schon einmal gesehen
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