Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord in der Vogelkoje

Mord in der Vogelkoje

Titel: Mord in der Vogelkoje Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
Vom Netzwerk:
konnte ich mit ihm nicht. Er wohnt seit Ende April dort und wird wohl noch einige Wochen bleiben, aber im Augenblick ist er aufs Festland gefahren. Er hat im Voraus für die Zeit seiner Abwesenheit bezahlt, ist also kein Zechpreller. Er hat großes Gepäck, einen Überseekoffer, und der ist in seinem Schlafzimmer verblieben. Mitgenommen hat er nur eine kleine Reisetasche.«
    »Überseekoffer! Das spricht für Amerika, nicht für England. Wann kommt er zurück?«
    »Das wusste der Direktor nicht. Christensen hat für die nächsten zehn Nächte bezahlt.«
    »Du bist gleich zum Direktor vorgedrungen«, sagte Asmus, schob die Unterlippe vor und nickte anerkennend.
    »Der Concierge sagte, Fragen wie meine zu beantworten liege nicht in seiner Befugnis. Die kleine Reisetasche spricht übrigens eher für drei, vier Nächte als für zwölf, finde ich. Er ist vorgestern abgereist.«
    »Stimmt. Dann sei so gut und schwing dich auf den Zug nach Hörnum. In der Fahrkartenausgabe der Hamburg-Linie gibt es einen netten jungen Mann, der dir Auskunft geben wird, ob Hank mitgereist ist. Ohne Familie ist er geschäftlich hier in Deutschland, und dann wäre Hamburg als Abstecher zu vermuten. Schönen Gruß von mir.«
    Matthiesen hatte nichts dagegen, sich sofort wieder auf den Weg zu machen.

    Asmus hingegen bestieg das Motorrad, dessen Treibstoff er jetzt nicht mehr aus eigener Tasche bezahlen musste, und fuhr nach Kampen. Die vielen Fragen, die nur Petersen beantworten konnte, brannten ihm auf den Nägeln.
    Petersen war noch nicht zurück.
    Doch Tiglat-Pileser Müller verstellte ihm mit ausgebreiteten und wie Pumpenschwengel winkenden Armen die Straße. Die Haare des Dichters flogen wie ein Mopp aus Daunen, und er grinste glücklich über die Begegnung. »Sie sind ja eine Wucht, Herr Wachtmeister!«, schrie er, um den Motor zu übertönen. »Der Kerl hat schon drei Tage nicht mehr geschossen.«
    Asmus nickte. Vor vier Tagen hatte er ihm die Flinte abgenommen. Er stellte den Motor aus. »Leider konnten wir seiner nicht habhaft werden. Er wird sich wohl eine neue Flinte besorgen.«
    »Sie kriegen ihn«, versicherte ihm der Künstler. »Ich schwöre auf Sie, und das erzähle ich auch jedem.«
    »Danke, vielen Dank«, erwiderte Asmus matt, der liebend gerne auf Lob von diesem Mann des Überschwangs verzichtet hätte. »Herr Müller, die Stimmung hier im Dorf scheint mir seltsam gedrückt. Wissen Sie, warum das so ist?«
    »Oh, Herr Asmus, Sie sind ja feinfühlig wie ein Dichter! Das hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut. Schuld ist der Herr Nickels Petersen. Sie wissen doch von diesem Toten im Wäldchen? Ach, was frage ich, natürlich wissen Sie! Herr Petersen verbietet den Einheimischen, über ihn zu reden, und der Gemeindevorsteher unterstützt ihn dabei. Sie behaupten, wir Künstler bekämen von dem Gerede Angst undwürden abreisen. Oder ihnen keine Milch mehr abkaufen, keine Fuhrdienste ordern und was es sonst noch so alles gibt, um einfachen Gemütern Angst einzujagen.«
    »So ist das also. Danke für Ihre offenen Worte, Herr Müller. Ich bin im Dienst, ich muss weiter. Tschüs auch, Herr Dichter.« Er stellte den Motor wieder an, fuhr einen Bogen um den Mann und gab Gas.
    »Sie sind auch einer der liebenswürdigsten Polizisten, die ich kenne!«, brüllte Müller hinter ihm her und meinte es auch so.
    Asmus hob zum Dank die Hand und raste davon.

    Am späten Nachmittag trafen Asmus und Matthiesen fast gleichzeitig in der Wache ein. Asmus war schlechter Laune, denn er hatte nichts ausgerichtet, war völlig vergeblich in der Kampener Entenkoje gewesen. Nur die Stockenten im Teich hatten sich um einige Pärchen ohne Küken vermehrt. »Viel Fahrerei und nichts erreicht«, grummelte er und ließ seinen Tschako auf den Schreibtisch knallen.
    »Das kannst du laut sagen. Ich auch nicht.«
    »Was?«, fragte Asmus entgeistert. »Die Fahrgastlisten der Hamburg-Linie sind doch sehr sorgfältig geführt!«
    »Das sind sie wohl. Nur ist ein Hank Christensen in den letzten Tagen nicht mit ihnen nach Hamburg gereist. Auf Sylt angekommen ist er am …«
    »Er versteckt seinen Namen also nicht. Er muss die Fähre von Munkmarsch genommen haben. Nach Tondern? Nach Husum? Oder nach Flensburg? Welche Geschäfte könnten das denn sein?«
    Matthiesen zuckte mit den Schultern.
    »Austern vielleicht«, sinnierte Asmus und ließ den Stuhl auf zwei Beinen nach hinten schaukeln. »Ich habe kürzlich gelesen – ich glaube, es war in der Post meiner

Weitere Kostenlose Bücher