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Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Titel: Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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sei er mit den Fingern hindurchgefahren.
    »Ja, Mylord«, gab Pitt zur Antwort. »Wir wissen, wer sich in Dover und an den Weichen und Signalen der Bahnlinie befindet, und werden unsere Leute dementsprechend postieren. Leider ist uns allerdings nach wie vor nicht bekannt, wo der Anschlag erfolgen soll.«
    Salisbury stieß einen Seufzer aus. »Was für ein entsetzlicher Schlamassel. Gibt es in irgendeinem Punkt Klarheit? Weiß man beispielsweise, wer dahintersteckt und was die Gründe sind? Und wieso eigentlich ausgerechnet Herzog Alois und hier bei uns in England?«
    »Je mehr ich über ihn in Erfahrung gebracht habe, desto weniger kann ich sagen, ob seine Person von irgendeinem taktischen Wert ist oder man einfach beschlossen hat, eine günstige Gelegenheit zu nutzen, sodass er eher zufällig aufs Korn genommen wird.«
    Salisburys Brauen hoben sich, doch er lächelte, während er sagte: »Na so was …« Dieser Äußerung ließ sich keinerlei Wertung entnehmen, doch die Belustigung in seinen Augen zeigte deutlich, was er von politisch unbedeutenden Herzögen hielt. In ganz Europa wimmelte es von entfernten Verwandten der Königin Viktoria, und mit den meisten von ihnen hatte er irgendwann zu tun gehabt.
    »Ein Zufallsopfer, das irgendwelche Leute töten, um uns ihre Ansichten klarzumachen«, sagte er.
    »Gewiss, Sir. So verhält sich das wohl bei den meisten Opfern der Anarchisten. Diese Leute nehmen Anstoß an Reichtum, dem Besitz von Privilegien, Titeln oder Prädikaten. Sie sehen auf nichts anderes, und was ein solcher Mensch leistet, spielt in ihren Augen keine Rolle. Als Mittel zum Protest ist ihnen das Blut eines jeden recht.«
    »Außer natürlich ihr eigenes«, fügte Lord Salisbury nicht ohne Schärfe hinzu.
    »Das gilt in der Tat für eine ganze Reihe von ihnen«, gab ihm Pitt recht. »Bei anderen gehört sogar das mehr oder weniger dazu – ihrer Ansicht nach muss man auch bereit sein, für die Sache zu sterben, die man vertritt.«
    »Großer Gott im Himmel! Was sollen wir nur tun? Wie kämpft man gegen Verrückte?«
    »Mit Umsicht«, sagte Pitt achselzuckend. »Man beobachtet diese Leute sorgfältig, sammelt Erkenntnisse und vergisst keine Sekunde, dass sie nicht bei klarem Verstand sind, weshalb man von ihnen auf keinen Fall vernünftiges Handeln erwarten darf, sondern lediglich die öffentliche Zurschaustellung ihrer Leidenschaften.«
    »Worauf wollen die eigentlich hinaus? Wissen Sie das?«
    »Ich bin nicht einmal sicher, ob sie selbst das wissen – wenn man davon absieht, dass sie auf Veränderung der bestehenden Umstände aus sind. Das wollen sie alle.«
    »Damit sie ihrerseits in den Besitz von Macht, Geld und Vorrechten gelangen.« Es war eine Feststellung, keine Frage.
    »Höchstwahrscheinlich. Aber so weit blicken sie nicht voraus. Andernfalls wüssten sie, dass punktuelle Mordanschläge wie dieser noch nie einen gesellschaftlichen Wandel bewirkt haben. Dergleichen ängstigt die Menschen nur und macht sie wütend. Falls man Herzog Alois umbringt, wird ihn alle Welt als Märtyrer ansehen.«
    »Und uns als unfähige Dummköpfe!«, stieß Lord Salisbury mit Bitterkeit in der Stimme hervor. »Wahrscheinlich will man genau das erreichen. Es sind Feinde Englands, und Herzog Alois ist nichts als Mittel zum Zweck. Armer Kerl.«
    »Ja, Sir. Und wie jene Leute es sehen, geschieht das zum Wohl des großen Ganzen.«
    »Sie müssen diesen Irren unbedingt in den Arm fallen, Commander. Sollte deren Vorhaben gelingen, wäre das nicht nur eine Niederlage für England, sondern für die gesamte zivilisierte Menschheit. Wir dürfen uns keinesfalls auf diese Weise erpressen lassen.«
    Obwohl Pitt wusste, welche Antwort er bekommen würde, musste er einen letzten Versuch unternehmen.
    »Sind Sie sicher, dass es keinen Sinn hat, dem Herzog mitzuteilen, wie ernsthaft die Bedrohung ist, und ihm nahezulegen, dass er seinen Besuch auf einen günstigeren Zeitpunkt verschiebt?«
    »Ganz sicher«, gab der Premierminister zurück.
    Pitt holte Luft, um etwas dagegen zu sagen, unterließ es dann aber.
    Lord Salisbury sah ihn müde an und fuhr fort: »Ich habe es nämlich bereits versucht. Er hat erklärt, dass er sich unter den Fittichen des Staatsschutzes so sicher wie in Abrahams Schoß fühlt.«
    »Ja, Sir«, sagte Pitt, während ihm eine ganze Reihe weit weniger höflicher Äußerungen durch den Kopf gingen.
    Sein Gegenüber lächelte. »Da kann man nichts machen«, sagte er mit Resignation in der Stimme.
    Gerade wollte

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