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Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Titel: Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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überdies die Erkenntnis vermittelt, dass Menschen unter dem Einfluss von Schock oder Angst oft aggressiv reagierten. Doch die leicht gönnerhafte Art, mit der ihn ausgerechnet sein Schwager behandelte, schmerzte ihn so sehr, als habe man Essig in eine offene Fleischwunde gegossen.
    »So, wie du das sagst, klingt es, als ob ich gekommen wäre, um einen persönlichen Gefallen zu erbitten, der mir aus einer Zwangslage helfen soll«, sagte er in scharfem Ton. »Es ist die Pflicht des Staatsschutzes, jeden Attentatsversuch auf britischem Boden zu verhindern, und das liegt ebenso sehr im Interesse des Außenministeriums wie in unserem eigenen. Es dürfte wohl niemandem recht sein, wenn ein Prinz, Graf oder Herzog erschossen wird, der sich als Gast in unserem Lande aufhält.«
    Jack erbleichte. »Besteht denn eine Wahrscheinlichkeit in dieser Richtung?«
    »Das weiß ich nicht. Mir ist nicht bekannt, wer kommen wird; ich kenne lediglich die offizielle Besucherliste der Regierung.«
    Jack erstarrte. »Was weißt du genau, Thomas? Wenn du mir das sagst, sehe ich gern nach, ob es zu Angaben passt, über die wir verfügen. Nach den zurückliegenden Schwierigkeiten mit dem Staatsschutz – du weißt schon, Gower und Austwick – musst du verstehen, dass Lord Tregarron vorsichtig ist.« Seine Wangen waren inzwischen deutlich gerötet, aber sein Blick war nach wie vor fest.
    »Genau deshalb bin ich selbst gekommen«, stieß Pitt durch zusammengebissene Zähne hervor. Fast hätte er gesagt, falls ihm Tregarron nicht traue, solle er besser den Premierminister gleich bitten, ihn abzulösen und einen anderen an die Spitze des Staatsschutzes zu stellen, doch merkte er rechtzeitig, dass er sich damit nicht nur lächerlich gemacht, sondern auch den Eindruck tiefer Verletzlichkeit erweckt hätte.
    Er holte tief Luft und fuhr betont gelassen fort: »Mir ist die Schwierigkeit der Situation ebenso bewusst wie das Versagen des Staatsschutzes vor einiger Zeit. Allerdings wäre es mir recht, wenn sich Lord Tregarron ins Gedächtnis rufen könnte, dass wir die Katastrophe letzten Endes abgewendet haben – und noch dazu auf ziemlich spektakuläre Weise.«
    Jack stand reglos da. »Ich werde ihn daran erinnern. Trotzdem wird er einen Grund für deine Sorge wissen wollen. Was soll ich ihm also sagen?«
    Auf diese Frage war Pitt vorbereitet. Zwar hatte er angenommen, die Sache Tregarron persönlich vortragen zu dürfen, aber er hatte begriffen, dass er es über Jack würde tun müssen. Er berichtete ihm die Unregelmäßigkeiten, die Stoker aufgefallen waren und von denen ihm dieser berichtet hatte.
    »Das klingt nicht gerade eindrucksvoll«, gab Jack zu bedenken.
    »Wenn es erst eindrucksvoll genug ist, wird keine Zeit mehr sein, unauffällig dagegen vorzugehen«, erwiderte Pitt. »Auch das könntest du ihm sagen. Nicht aufsehenerregende Rettungsaktionen sind Aufgabe des Staatsschutzes, sondern das Entschärfen von Gefahrensituationen im Vorfeld, soweit das möglich ist, damit die Regierung nicht in Verlegenheit kommt.«
    Jack biss sich auf die Lippe. »Ich werde es ihm sagen. Warte bitte.«
    Nach wie vor war Pitts Unruhe so groß, dass er sich nicht auf einen der Stühle setzen konnte, so bequem sie auch aussahen. Er trat ans Fenster und blickte auf die geschäftige Straße hinaus, ging dann wieder im Raum auf und ab und schaute schließlich erneut aus dem Fenster.
    Eine Viertelstunde später kehrte Jack zurück. Diesmal wirkte er unübersehbar peinlich berührt. »Es tut mir wirklich leid, aber Lord Tregarron sieht keine Möglichkeit, euch zu helfen. Er sagt, er sei außerstande, angesichts der uns von dir übermittelten Angaben eine Beziehung zu einem der privaten Besuche zu erkennen, von denen wir wissen, und es scheint auch nichts mit einer der uns bekannten Gruppen von Anarchisten auf dem europäischen Kontinent zu tun zu haben. Seiner Ansicht nach handelt es sich um nichts weiter als haltloses Gerede. Daher lässt er dir ausrichten, dass du dir keine Sorgen zu machen brauchst.« Er lächelte trübselig. »Er hat mich gebeten, dir seinen Dank zu übermitteln, weil du die Sache so ernst nimmst und dich persönlich herbemüht hast – insbesondere angesichts der nicht lange zurückliegenden Ereignisse.« Er schien noch etwas hinzufügen zu wollen, überlegte es sich dann aber anders. Vielleicht hatte ihm ein Blick auf Pitts Gesicht gezeigt, dass sein Vorgesetzter mit seiner Herablassung bereits zu weit gegangen war.
    Schmerzlich fühlte sich

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