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Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Titel: Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Pitt in die Situation des Polizeibeamten zurückversetzt, der von gut geschulten Butlern streng zum Dienstboteneingang gewiesen wurde, wenn er es gewagt hatte, an der Haustür zu klopfen. Auf keinen Fall durfte man offenbar dem Sohn eines Wildhüters den Versuch durchgehen lassen, wie ein Herr aufzutreten.
    Wie hätte sich Narraway wohl in einer solchen Situation verhalten? Die Antwort lag auf der Hand: Er wäre gar nicht erst in diese Situation gekommen, denn selbstverständlich hätte ihn der Staatssekretär ungeachtet seiner Einschätzung der ihm vorgetragenen Anhaltspunkte empfangen.
    »Danke, dass du versucht hast zu helfen«, sagte Pitt kühl. »Ich habe hier meine Zeit vertan, aber wie es aussieht, hat keiner von uns beiden die Macht, etwas daran zu ändern. Jetzt werde ich mir die erforderlichen Informationen eben aus anderer Quelle beschaffen müssen. Auf Wiedersehen.«
    Jack setzte an, etwas zu sagen, unterließ es dann aber. Seine bleichen Wangen röteten sich, während er Pitt die Tür öffnete und dieser in den langen Gang hinausschritt, ohne sich noch einmal umzusehen.
    Jack blickte ihm eine Weile nach und suchte dann erneut Tregarrons Amtsräume auf.
    Als er die Tür hinter sich schloss, sah Tregarron mit fragendem Blick von dem Vorgang auf, mit dem er sich gerade beschäftigte. Jack war die ganze Situation peinlich. Er konnte seinen Schwager gut leiden und achtete ihn. Da ihm nicht nur die Umstände bewusst waren, unter denen man Pitt auf Narraways früheren Posten berufen hatte, sondern auch, mit wie knapper Not der ganze Staatsschutz einer Katastrophe entgangen war, konnte er sich gut vorstellen, dass Pitt lieber übervorsichtig war, weil er auf keinen Fall einen Hinweis übersehen wollte. Dabei bestand ohne Weiteres die Gefahr, dass er zu weit ging und seine Befugnisse überschritt. Wenn man an höherer Stelle zu dem Ergebnis kommen sollte, er verhalte sich aufdringlich, würde er sich zwangsläufig Feinde machen.
    »Ich glaube, Pitt wollte einfach besonders wachsam sein, Sir«, sagte er zu Tregarron.
    Dieser lächelte schmallippig. »Verhindern Sie, dass er Leuten damit auf die Nerven geht, Radley. Wenn die den Eindruck gewinnen, dass er unruhig ist, bilden sie sich womöglich ein, dass etwas an der Sache dran ist. Auf keinen Fall dürfen wir den Ländern Europas den Eindruck vermitteln, wir wüssten nicht, was wir tun.«
    In straffer Haltung gab Jack zurück: »Sehr wohl, Sir.« Er schien etwas hinzufügen zu wollen, schluckte es aber herunter. Auch er bekleidete sein neues Amt im Außenministerium, das für ihn einen wichtigen Schritt vom einfachen Unterhausabgeordneten hin zu einer Position mit wirklicher Macht bedeutete, noch nicht lange. »Ich werde dafür sorgen, dass er weder sich selbst noch uns in eine peinliche Lage bringt.«
    »Danke. Und jetzt sehen Sie sich einmal diesen Bericht des deutschen Botschafters an.«
    Am Abend setzte sich Pitt nach dem Essen im hellen Schein der Gaslampen Charlotte gegenüber in seinen bequemen Sessel. Die schweren Samtvorhänge des Wohnzimmers waren zugezogen. Das munter im Kamin brennende Feuer und das Heulen des Windes in den Bäumen vor dem Haus, das sich mit dem Prasseln des eisigen Schneeregens gegen die Fensterscheiben mischte, steigerte sein Gefühl des Wohlbehagens noch. Zwar hatten Charlotte und er nach seiner Beförderung erwogen umzuziehen, sich aber bisher noch nicht so recht dafür erwärmen können.
    »Bist du sicher, dass du es nicht doch möchtest?«, fragte er und sah sie an. Sie flickte eins von Jemimas Kleidern. Das leise metallische Klicken, mit dem die Nadel auf den Fingerhut stieß, war außer dem Knistern der Flammen das einzige Geräusch im Zimmer. »Wir könnten es uns durchaus leisten«, fügte er hinzu.
    »Ich weiß.« Sie lächelte. »Ich denke, wir haben im Augenblick mit deiner neuen Aufgabe genug Veränderung.«
    »Willst du damit sagen, es könnte möglicherweise nicht von Dauer sein?«, fragte er, während er daran dachte, wie Jack starr vor der geschlossenen Tür gestanden und ihm Tregarrons Weigerung mitgeteilt hatte, ihn anzuhören. Konnte er ihr das sagen? In seinen Augen bestand der Preis, den er für seine Beförderung hatte zahlen müssen, darin, dass er mit ihr nicht mehr über seine Arbeit sprechen konnte. Damit fühlte er sich auf eine Weise allein gelassen wie nie zuvor in den vierzehn Jahren ihrer Ehe. Er bemühte sich um Wärme in seinem Blick und darum, seinen Worten die Schärfe zu nehmen. Er wollte nicht,

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