Mord in h-moll
Fingerbreit drinblieben. Eine Weile ließ ich das Wasser laufen, um auch den kleinsten Rest fortzuspülen. Schließlich nahm ich noch einen Mundvoll Kognak und schlich mich auf Zehenspitzen hinunter.
Unbemerkt kam ich am Nachtportier vorbei in den Keller zum Heizraum, und von dort aus durch die Nebentür ins Freie.
Draußen blieb ich eine Weile stehen, wartete, bis mein Puls sich beruhigt hatte, und lauschte um die Hausecke. Ich hörte keinen Laut.
Leise schlich ich zu dem Ziegelhaufen. Es war finster, aber nicht so finster, daß ich den Mann nicht hätte liegen sehen können.
Wieder blieb ich stehen, schaute scharf hin und wartete. Teufel, wenn er sich jetzt bewegt hätte! Dann wäre ich doppelt gezwungen gewesen, ihn vollends zu töten.
Er bewegte sich nicht, und ich hörte keinen Laut.
Schritt für Schritt pirschte ich mich an ihn heran. Kalte Schauer rannen mir über den Rücken, während auf meiner Stirn die Schweißtropfen perlten und mir den Blick trübten.
Endlich hatte ich es geschafft, ich kniete neben ihm. Soweit ich es erkennen konnte, war er wirklich tot. Die Augen standen offen, seine Brust bewegte sich nicht, und seine Hände waren schlaff und willenlos. Es waren die Hände eines Toten.
Ich atmete erleichtert auf, dann durchsuchte ich seine Taschen. Schon beim ersten Griff fand ich mein Tonband.
Der Kognak in meinem Mund brannte wie Feuer, ich konnte es nicht mehr länger aushalten, ich schluckte ihn. Nun würde ich nachher eine ganz schöne Fahne haben.
Und da war seine Pistole. Sie lag dicht neben ihm. Fast hätte ich sie vergessen.
Schließlich fand ich auch noch den Schuldschein, den er wieder eingesteckt hatte. Seine übrigen Papiere interessierten mich nicht.
Genauso lautlos, wie ich gekommen war, schlich ich mich in den Heizraum zurück, wo ich das Tonband und die drei Schriftstücke verbrannte.
Die Pistole vergrub ich unter einem Stoß alter Holzkisten. Bei Gelegenheit würde ich sie noch woanders hinschaffen.
Als ich damit fertig war, schlich ich hinauf bis zum ersten Stock, bestieg dort den Lift und fuhr hinunter zum Portier.
»He!« rief ich ihm zu, indem ich mich leicht schwankend an einer Säule festhielt. »Heda! Ich habe schon Blasen am Finger vor lauter Klingeln — verdammt — kein Mensch kommt. Mein Freund und ich sind am Verdursten — und essen wollen wir auch — wo bleibt denn die Bedienung —?«
Der Portier war ehrlich überrascht.
»Aber Verzeihung, mein Herr, hier hat es nicht geklingelt.«
»Ach was, der Ober schläft vermutlich — mein Finger ist schon ganz geschwollen — eine halbe Stunde lang klingeln wir abwechselnd — also bekommen wir nun was oder nicht?«
»Selbstverständlich, mein Herr. Was darf ich hinaufschicken?«
»Kognak, eine ganze Flasche — man soll immer bei dem bleiben, womit man angefangen hat — und eine kalte Platte — oder zwei, wir haben schrecklichen Hunger — aber bitte etwas rasch!«
»Selbstverständlich, wird sofort erledigt. Entschuldigen Sie, ich werde Ihre Klingel sofort... «
Ich torkelte in den Lift und ließ mich hinauffahren.
Eigentlich, dachte ich, muß das klappen.
In meinem Zimmer warf ich die fast leere Kognakflasche mit aller Wucht unten auf den Ziegelhaufen. Dann rannte ich wieder zum Lift, fuhr hinunter und als ich die Tür geöffnet hatte und mich der Portier erstaunt anschaute, schrie ich:
»Ein Unglück! Mein Freund ist weg! Er ist hinausgestürzt! Weil kein Balkon da ist! Hilfe! Polizei! Einen Arzt!«
Ich schrie so laut ich konnte. Das ganze Haus mußte rebellisch werden, und ich durfte keine Sekunde vergessen, daß ich auch schwer angetrunken sein mußte.
Es gelang hervorragend. Der Portier versuchte, mich zu beschwichtigen. Zwei Ober rannten hinaus, kamen gleich darauf wieder zurück, flüsterten mit dem Portier, der daraufhin zu telefonieren begann.
Ich sprang immer wieder auf und fing an, mich wie ein Verrückter zu gebärden. Ich beschuldigte die Leitung des Hotels des Mordes, ich flehte die Götter an, mich zu bestrafen, weil wir soviel getrunken hätten, und ich weinte laut um meinen lieben Freund.
Ich weiß nicht mehr, wie lange es dauerte, aber plötzlich war ein Arzt da. Irgend jemand brachte mir schwarzen Kaffee, irgend jemand fuhr mich an:
»Mensch, werden Sie doch mal wieder nüchtern!«
Ich trank den Kaffee, tat so, als ob mein Hirn allmählich klarer würde, und schließlich stand ein Mann im Morgenmantel vor mir, der sich als Direktor des Hotels entpuppte.
Er versuchte, mich
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