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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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sicher?«
    »Nein, ich hab es nicht eindeutig gesehen.«
    »Dann tu nicht schlauer, als du bist«, warnte ich sie. »Erzähl mir nur, was du selbst gesehen hast. Was ist als Nächstes passiert?«
    »Was glaubst du wohl, Liebling? Die Schenke leerte sich wie durch Magie. Jeder weiß, welchen Ruf Pyro und Spleiß haben. Ich machte mich noch vor den anderen dünne. Wollte nicht dabei erwischt werden, wie ich ihnen nachspionierte. Wenn ich dich nicht kennen würde, hätte ich dafür gesorgt, die ganze Sache sofort zu vergessen. Ich weiß, was gut für mich ist!«
    Ich saß schweigend da.
    Meine Stimmung hatte sich auf Chloris übertragen. »Das ist eine üble Sache.«
    »Davon scheint ganz Londinium voll zu sein. Chloris, ich muss mehr über diesen Mann wissen, euren Möchtegern-Lanista …«
    »Ich wusste, dass das kommen würde.«
    »Tut mir Leid, so vorhersehbar zu sein.«
    »Ach, du änderst dich auch nie …« Ich hatte keine Ahnung, was das bedeuten sollte. »Er ist ein Mysterium«, sagte sie. »Taucht aus dem Nichts auf, wenn er uns unter Druck setzen will. Wir wissen nicht, wo er haust, nur dass er Römer ist. Dem sieht man den Römer aus zehn Fuß Entfernung an, und nicht an seinen hübschen Teilen. Er nennt noch nicht mal seinen Namen. Er verlangt, uns zu übernehmen – und lässt keinen Zweifel daran, dass er sehr unfreundlich werden wird, wenn wir weiterhin ablehnen.«
    »Kannst du ihn mir beschreiben?«
    »Der Typ ist eine Null.«
    »Das hilft mir nicht weiter, Chloris.«
    »Nein – könnte jeder Mann sein!«, meinte sie kichernd. »Frag mich nicht. Ich schau mir nur Männer an, mit denen ich ins Bett gehen würde, Liebling.«
    »Versuch es, bitte.«
    »Er ist ein Nichts, Falco. Wenn du ihm auf der Via Flaminia begegnest, würdest du kein zweites Mal hinschauen.«
    »Wie und warum schafft es dieser unauffällige Dreckskerl dann, dir so viel Sorgen zu machen?«
    »Mit unausgesprochenen Drohungen. Aber ich krieg ihn noch.«
    »Sei vorsichtig. Überlass das den Profis. Ich bin hier, um diese Gangster zu jagen – und, wie es der Zufall will, mein alter Freund Petronius auch.«
    »Da bin ich aber froh«, murmelte Chloris spöttisch.
    »Du erinnerst dich an Petro?«
    »Ich erinnere mich an euch beide, als ihr wie die Idioten herumgepfuscht habt.«
    Ich lächelte, überlegte aber fieberhaft. »Chloris, wärst du bereit, eine Aussage wegen des Mordes zu machen?«
    »Warum nicht? Wenn es für dich ist, kann ich eine Zeugin abgeben.«
    »Ich warne dich, wenn du vor uns eine formelle Zeugenaussage machst, wird es für dich gefährlich werden.«
    »Ach, du wirst schon auf mich aufpassen!« Ich würde es versuchen.
    »Ist das alles, Liebling?«, murmelte sie. Chloris klang wie ein Mädchen, das von einem Mann im Bett enttäuscht worden ist.
    »Außer dir fällt sonst noch was Hilfreiches ein.«
    »Nein. Kommst du jetzt mit mir nach Hause?«
    »Wir hatten unsere Plauderei.«
    »Seit wann hat plaudern jemals Spaß gemacht?«
    »Tut mir Leid. Ich hab anderes zu tun.« Sie stand auf, bedrängte mich nicht. »Dann will ich dich nicht davon abhalten! Ein andermal …«
    Chloris konnte jetzt offensichtlich eine Zurückweisung hinnehmen. Ich erinnerte mich an Zeiten, in denen das Wort Nein eine Herausforderung gewesen wäre. Aber in jenen Tagen hatte sie gewusst, dass ich in Wirklichkeit überzeugt werden wollte.
    Sie marschierte davon, mit dem leichten Schritt einer durchtrainierten Athletin. Ich blieb noch einen Moment sitzen.
    Plötzlich hatte ich eine Zeugin. Das war nicht nur eine gute Nachricht. Ich konnte Pyro und Spleiß verhaften, wenn ich wollte, und das Paar verhören … Das war alles, was ich tun konnte. Wenn sie sich nicht knacken ließen, hatte ich nichts erreicht.
    Ich hatte eine Zeugin, klar doch. Zumindest konnte sie beschreiben, was an jenem Abend passiert war. Aber ich konnte ihre Aussage nicht verwenden. Chloris war Gladiatorin – und damit eine Gesetzlose. Informationen von ihr waren sogar noch schlimmer als Informationen von einem Sklaven. Auch wenn sie uns hundert Aussagen lieferte, konnte sie nicht vor Gericht erscheinen. Ein guter Anwalt, vor allem ein betrügerischer, würde sich in seinem Verteidigungsplädoyer vor Freude kugeln, wenn jemand von einer so niederen Stellung – und dazu noch weiblich – unsere einzige Beweisgrundlage war.
     
    Ich wollte gehen. Der Wirt musste es gespürt haben, denn er erschien hinter der Theke. Ich fragte mich, wie lange er schon dort gestanden hatte, aber er sah

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