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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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gemeint, es würde mich interessieren, dass eine weitere Leiche gefunden worden sei.

XXXI
     
     
     
    Die Leiche lag noch auf dem Pier. Sie hatten auf mich gewartet, bevor sie den Toten abtransportierten: Firmus, zwei seiner Untergebenen und ein Mann, der das Fährboot auf Anforderung hin- und zurückruderte. Stille trat ein, während ich den Anblick in mich aufnahm. Die anderen, die es ja schon gesehen hatten, schauten mich statt der grausigen Leiche an.
    Sie hätten sie heute Morgen aus dem Fluss gefischt, sagte Firmus. Doch keiner ginge davon aus, dass der Mann ertrunken sei. Das überraschte mich. Irgendwie hatte ich nach Verovolcus ein Muster erwartet. Aber es gab keine Parallele zum Brunnenmord: Dieser Mann hier war zu Tode geprügelt worden. Jemand hatte sich mit professioneller Grausamkeit über ihn hergemacht. Nach seinen massiven Verletzungen zu urteilen, hatte es lange gedauert. Gut möglich, dass sie noch auf ihn eingeprügelt hatten, als er schon tot war. Ihm stand kein Schaum auf den Lippen, doch den würde der Fluss weggewaschen haben. Ich schaute ihm in den Mund, fand aber trotzdem keinen Hinweis, dass er noch gelebt hatte, als man ihn in den Fluss warf. Firmus und der Fährmann schienen das beruhigend zu finden.
    Die Leiche hatte sich im Fährboot verheddert; meiner Ansicht nach war das passiert, kurz nachdem sie im Tamesis gelandet war. Auch der Tod musste erst vor kurzem eingetreten sein. Spätestens heute Morgen, so frisch, wie die Leiche noch war. Sie hatte keine Zeit gehabt, vollständig zu versinken und sich durch die Gase aufzublähen. Und obwohl sie dadurch nicht so scheußlich aussah, verstörte es den Fährmann noch mehr, dass ihm das Reinwerfen der Leiche durch die Mörder nur knapp entgangen war.
    Das letzte Mal hatte ich einen so brutalen Mord in Rom gesehen. Gangster hatten einen der ihren zu Tode geprügelt.
    Dieser Tote hier war ungefähr fünfzig oder sechzig. Seine Gesichtszüge waren nicht mehr zu erkennen, das Gesicht eine einzige blutige Masse. Seine Arme und Schultern wirkten im Vergleich zu seinem sonstigen Körperbau ziemlich kräftig. Seine Haut war gerötet, an seinen Händen klebte kein Dreck, die Nagelhaut und die Fingernägel waren bemerkenswert sauber. An den Innenseiten beider Arme befanden sich verheilte Stellen, wie kleine Brandnarben, die man beim Stoßen gegen einen Dreifuß oder einen Ofenrand bekommt. Er trug britannische Kleidung, mit einer Nackenkrempe, wie sie in nördlichen Provinzen üblich ist. Unter dem Blut war eine schwache Spur von feinem grauen Schlamm zu erkennen, der sich an den Säumen und Borten seiner braunen Tunika verdickt hatte. Er trug keinen Gürtel. Den hatten ihm seine Peiniger vermutlich abgenommen und zum Verprügeln benutzt, wobei die Gürtelschnalle einige der kleinen Schnitte zwischen den schweren Blutergüssen verursacht hatte.
    »Kennen Sie ihn, Falco?«
    »Hab ihn noch nie gesehen …« Ich musste mich räuspern. »Doch ich kann mir denken, wer er sein könnte. Wenn dieses schmierige Zeug an ihm mal Mehlstaub war, dann ist das ein Hinweis. Ein Bäcker namens Epaphroditus ist verschwunden, und seine Bäckerei wurde neulich Nacht abgefackelt. Er hatte eindeutig jemanden verärgert. Jemand, der gedacht haben muss, ihm seinen Lebensunterhalt zu nehmen, sei nicht genug Strafe – oder reichte nicht aus, andere zu verängstigen.«
    Ich richtete mich auf und trat zu dem immer noch schwer erschütterten Fährmann. »Was hast du gesehen?«
    »Nichts. Ich hab nur gemerkt, dass irgendwas das Boot behinderte. Ich dachte, wir hätten eine Wasserleiche; ich bin vorsichtig weitergerudert, und Firmus hat mir geholfen, ihn loszumachen. Ich hab ja schon viele gesehen, aber noch nie …« Seine Stimme verlor sich bedrückt.
    »Bist du mit einem Fahrgast herübergerudert?«
    Seine Augen weiteten sich.
    Leise sagte ich: »Wenn es der große Mann war, der im Mansio untergebracht ist, kannst du es ruhig sagen.« Ich wusste, dass Petronius Longus die Leiche gesehen haben musste; die Nachricht von Firmus hatte darauf hingedeutet, dass Petro ihm geraten hatte, mich holen zu lassen. »Das ist in Ordnung. Er und ich arbeiten zusammen.«
    Firmus hatte zugehört. »Er ist zurückgefahren«, warf er ein.
    Ich sagte dem Fährmann, es würde ihm besser gehen, wenn er weiterarbeitete, und überredete ihn, mich auf die andere Seite des Tamesis zu bringen. Während wir langsam übersetzen, erst flussaufwärts schwenkten und uns dann zurücktreiben ließen, schaute

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