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Mord in Mesopotamien

Mord in Mesopotamien

Titel: Mord in Mesopotamien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Vater, der im Kriegsministerium arbeitete, und sagte es ihm. Die Folge war, dass Frederick im Krieg umgekommen ist, aber in Amerika… er wurde als Spion erschossen.»
    «Mein Gott!» stieß ich aus. «Wie entsetzlich!»
    «Ja», sagte sie, «es war entsetzlich. Er war so gut… so lieb, so reizend… und die ganze Zeit über… aber ich zögerte keinen Augenblick. Vielleicht war das falsch.»
    «Das ist schwer zu beurteilen. Ich wüsste nicht, was ich in einem solchen Fall tun würde.»
    «Was ich Ihnen jetzt sage, Schwester, hat kein Mensch außerhalb des Ministeriums je erfahren. Offiziell war mein Mann an die Front gegangen und ist gefallen. Ich wurde von allen als Kriegswitwe bedauert.» Ihre Stimme klang bitter, und ich nickte verständnisvoll. «Viele Männer wollten mich heiraten, aber ich konnte nicht. Ich hatte einen zu schweren Schlag erlitten, ich glaubte, ich könnte nie mehr einem Mann trauen.»
    «Das kann ich verstehen.»
    «Dann verliebte ich mich trotzdem in einen jungen Mann. Noch während ich überlegte, ob ich ihn heiraten sollte, geschah etwas Unheimliches, Unglaubliches… ich bekam einen anonymen Brief… von Frederick… in dem stand, dass er mich umbringen würde, wenn ich wieder heiratete.»
    «Von Frederick? Von Ihrem toten Mann?»
    «Ja. Natürlich dachte ich zuerst, ich sei verrückt geworden oder ich träume… schließlich ging ich zu meinem Vater, der mir nun die Wahrheit sagte. Mein Mann war nicht erschossen worden, es war ihm gelungen, zu fliehen… aber seine Flucht hatte ihm nichts genützt, denn einige Wochen später war er bei einem Eisenbahnunglück umgekommen… man fand in den Trümmern seine Leiche. Mein Vater hatte mir seine Flucht verheimlicht, und da Frederick dann ohnehin umgekommen war, fand er es nicht für nötig, mir die Wahrheit zu sagen. Aber der Brief eröffnete neue Möglichkeiten. Sollte mein Mann doch noch am Leben sein? Mein Vater versuchte die Wahrheit genau zu ergründen und erklärte nach einiger Zeit, dass nach menschlichem Ermessen der verbrannte Leichnam tatsächlich der Fredericks gewesen sei. Die Leiche war zwar stark entstellt, so dass keine hundertprozentige Sicherheit bestand, aber er wiederholte stets seine feste Überzeugung, dass Frederick tot und dieser Brief ein gemeiner, grausamer Streich sei.
    Es blieb jedoch nicht bei diesem einen Schreiben. Sobald ich mich mit einem Mann anfreundete, erhielt ich einen Drohbrief.»
    «In der Handschrift Ihres Mannes?»
    Langsam antwortete sie: «Das ist schwer zu sagen. Ich besaß keine Briefe mehr von ihm, ich konnte mich nur auf mein Gedächtnis stützen.»
    «Es gab keinen Hinweis auf bestimmte Wörter?»
    «Nein. Es gab bestimmte Wörter… Kosenamen, die wir einander gaben… wenn eines von diesen benutzt worden wäre, hätte ich keine Zweifel gehabt.»
    «Ja», sagte ich nachdenklich, «das ist merkwürdig. Das deutet eigentlich darauf hin, dass die Briefe nicht von Ihrem Mann stammten. Aber von wem sonst?»
    «Es gibt noch eine Möglichkeit. Frederick hatte einen jüngeren Bruder, der damals zehn bis zwölf Jahre alt war. Er hing ungemein an Frederick, und Frederick liebte ihn sehr. Ich weiß nicht, was aus diesem Jungen, William hieß er, geworden ist. Es wäre möglich, dass er, der seinen Bruder leidenschaftlich liebte, mich für dessen Tod verantwortlich macht. Er ist immer eifersüchtig auf mich gewesen und wollte sich vielleicht auf diese Weise an mir rächen.»
    «Das wäre möglich», gab ich zu. «Es ist erstaunlich, woran Kinder sich erinnern können.»
    «Ja, und vielleicht hat dieser Junge sein ganzes Leben der Rache geweiht.»
    «Was ist weiter geschehen?»
    «Nicht viel. Vor drei Jahren lernte ich Eric kennen. Ich war damals entschlossen, nicht mehr zu heiraten, aber Eric gelang es, mich umzustimmen. Bis zu unserer Hochzeit wartete ich auf einen Drohbrief. Als keiner kam, nahm ich an, dass, wer auch der Schreiber sein mochte, er entweder tot oder des grausamen Spiels überdrüssig geworden sei.»
    Aus einer verschließbaren Schreibmappe, die sie öffnete, nahm sie einen Brief und reichte ihn mir. «Zwei Tage nach der Hochzeit erhielt ich diesen Brief.»
    Die Tinte war etwas verblasst, die Schrift eher weiblich und schräg.
     
    Du hast nicht gehorcht. Du entgehst mir nicht. Du darfst nur Frederick Bosners Frau sein! Du musst sterben!
     
    «Ich war entsetzt, aber nicht so sehr wie beim ersten Brief. Das Zusammensein mit Eric verlieh mir ein Gefühl von Sicherheit. Dann, einen Monat

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