Mord in Oxford
Mütze getragen hatte – wahrscheinlich eine von Roses Mützen! –, aber sie konnte sich beim besten Willen nicht erinnern.
»Weißt du noch, wer von uns am Mittwoch eine von Roses Mützen aufhatte?«, fragte sie. Sie war nicht fähig, Sophie gegenüber von ›der Mordnacht‹ zu sprechen, obwohl ihr aufgefallen war, dass Sophie selbst das Wort durchaus benutzte.
Sophie dachte einen Moment nach. »Barbara, glaube ich. Und danach hat sie sie an Gavin weitergegeben, wenn ich mich nicht irre. Aber ehrlich gesagt ist meine Erinnerung an diesen Abend eher dürftig. Nach allem, was ich später erlebt habe, hatte ich einen richtigen Blackout.«
»Trotzdem warst du mir eine große Hilfe«, sagte Kate.
»Nein, du bist diejenige, die wirklich hilft«, antwortete Sophie und sah Kate ernst ins Gesicht. Der ausgeprägte Damenbart ist wirklich nicht besonders schön, dachte Kate. Aber diese Frau könnte viel mehr aus sich machen; es fehlte ihr einfach nur an Stil.
»Du bist fest entschlossen, Yvonnes Mörder zu finden, nicht wahr?«
»Ich habe einen ganz bestimmten Verdacht«, antwortete Kate, »nur beweisen kann ich es noch nicht. Deshalb habe ich auch absolut keine Lust, damit zur Polizei zu gehen. Ich könnte sie sowieso nicht überzeugen. Aber andererseits darf ich ihn doch nicht einfach so davonkommen lassen.«
»Lässt du mich wissen, wenn du der Sache näher kommst?«, bat Sophie. »Die Polizei sagt mir kaum etwas, aber ich wüsste natürlich allzu gern, was los ist.« Sie legte Kate die Hand auf den Arm, ganz kurz nur. »Wir haben noch einen Augenblick Zeit. Warum gehen wir nicht einfach zu dem, den du im Verdacht hast? Zu zweit ist es vielleicht weniger gefährlich.«
Damit hatte sie vermutlich Recht, aber Kate wollte zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht darüber sprechen, dass sie Gavin verdächtigte. Man hätte sie viel zu leicht missverstehen können, und sie wollte auf keinen Fall, dass die Leute sich über Gavin den Mund zerrissen, falls er sich schließlich doch als unschuldig herausstellen sollte. Aber es war Sophie, die da vor ihr stand, und wenn irgendwer ein Recht darauf hatte, Näheres zu erfahren, dann war sie es.
»Wolltest du nicht für die Polizisten aufräumen?«
Sophie schüttelte den Kopf. »Dafür ist später noch immer genug Zeit.«
»Na gut, dann komm mit«, sagte Kate.
»Wo gehen wir hin?«
Kate ging auf Gavins Haus zu.
Das Haus war eines von denen, die in der letzten Zeit renoviert worden waren. Es hatte eine neue Eingangstür bekommen, und zwar keine aus einfachem Holz, sondern etwas ganz Edles mit Messingbeschlägen und glänzenden Knäufen. An den Fenstern waren hübsche Klappläden angebracht worden, und Kate sah, dass die Vorhänge in dem Liberty-Muster gehalten waren, mit dem sie selbst eine Zeit lang geliebäugelt hatte, ehe sie sich dann doch für etwas Billigeres entschied. Sie konzentrierte sich auf Einzelheiten, denn es war ihr peinlich, darüber nachzudenken, wie sie sich bei ihrem letzten Besuch durch die Hintertür eingeschlichen hatte.
»Willst du uns Fragen stellen, oder genügt es dir, unsere Fenster anzustarren?«
Gavin. Sie hatte nicht bemerkt, dass er durch das Gartentor gekommen war. Er schob ein Fahrrad. Es war ein Fahrrad ohne viel Schnickschnack, das aber ungeheuer teuer aussah und so blank war, als habe Gavin den ganzen Sonntagmorgen damit verbracht, es zu polieren.
»Ich dachte immer, er fährt ein Dreirad«, flüsterte Sophie ihr ins Ohr. »Und zwar eins mit Anhänger, damit er unterwegs wiederverwertbare Materialien einsammeln kann.«
Kate war sich durchaus nicht sicher, ob sie überhaupt den Mumm besaß, Gavin Fragen zu stellen, obwohl sie natürlich allzu gern wissen wollte, wie genau er den Mittwochabend verbracht hatte und woher das Geld für all die teuren Kleinigkeiten kam, die an jeder Ecke herumlagen. Und womit er sein Geld überhaupt verdiente. Aber Sophie flüsterte schon wieder und drängte sie, Gavin die nötigen Fragen zu stellen.
»Wir gehen nur ein bisschen spazieren«, sagte sie nach einer viel zu langen Pause. »Ich wollte dir eigentlich nur mitteilen, dass das Wettrennen der Gruppe nun doch stattfindet. Wir haben von der Forstbehörde die Erlaubnis bekommen, durch den Wald zu laufen. Heute Nachmittag drucke ich die Anmeldeformulare aus.« Sie lächelte ihn strahlend an, zufrieden mit ihrem kreativen Dialogansatz. »Könntest du Penny bitten, sich um die Karten zu kümmern? Sie kann das am besten von uns allen.«
»Aber natürlich.
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