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Mord in Tarsis

Mord in Tarsis

Titel: Mord in Tarsis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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dich.«
    Ihre Augen wurden schmal. »Was denn?« fragte sie mißtrauisch.
    »Oh, keine Sorge, das wird dir gefallen. Du bist mit dem Untergrund dieser Stadt vertraut. Du kennst die Schurken, die Bettler, die Diebe und die Hehler. Das sind Leute, die nur sehr widerwillig mit offiziellen Inspektoren sprechen würden, ja, sie würden bei unserer Ankunft davonrennen. Aber sie könnten sich durchaus einem der Ihren anvertrauen. Ich möchte, daß du heute bei deinen einfachen Freunden die Runde machst. Finde heraus, ob jemand von ihnen in der Mordnacht etwas Ungewöhnliches gesehen oder ein Gespräch belauscht hat, das wichtig sein könnte. Bezahl ruhig für Informationen.« Er nahm ein paar Geldstücke aus seiner Börse und gab sie ihr. »Bist du bewaffnet?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich hatte ein Messer, aber das haben die Gefängniswärter mir abgenommen und nicht zurückgegeben.«
    »Dann kauf dir eins und steck es nicht zu weit weg. Heute abend erzählst du uns alles bei Stunbog.«
    »Ich werde dort sein«, versprach sie. Dann steckte sie das Siegel mit der Kette unter ihre Tunika. »Das sollte besser keiner sehen. Die Insignien des Fürsten machen die Leute in meinem Teil der Stadt nur nervös, und dort tötet man einen für weit weniger Silber als das hier.«
    »Wahrscheinlich ist es sowieso kein Silber«, brummte Eisenholz, »nur versilbertes Kupfer.«
    »Glaubt mir«, versicherte sie ihnen, »ich kenne Leute, die mich auch für ein bißchen Kupfer töten würden. Bis heute abend.« Sie verließ die Brücke und verschwand wie ein Schatten.
    »Ich dachte, ich hätte schon an schlimmen Orten gelebt«, meinte Eisenholz. »Ich weiß nicht, wie dieses Mädchen es geschafft hat, in diesem Rattenbau so lange zu überleben.«
    »Man tut, was nötig ist, um zu überleben«, sagte Nistur. »Komm jetzt, mein Freund. Uns bleiben noch einige Stunden Tageslicht. Ich will niemanden verhören, bevor ich keine genaue Vorstellung von unserer Umgebung habe. Wir erkunden ein wenig die Stadt, damit wir ein Gefühl für sie bekommen.«
    »Erscheint mir sinnvoll«, stimmte Eisenholz zu. »Und ich will die Mauern abgehen und einen Blick ins Nomadenlager werfen. Aber wann hast du diese Sache eigentlich übernommen? Du redest, als wärst du mein Vorgesetzter. Muß ich dich daran erinnern, daß es mein Siegel ist, das auf dein Kinn gestempelt ist?«
    »Das weiß ich nur zu genau«, sagte Nistur, der geistesabwesend die Stelle rieb, die immer noch ein wenig kitzelte. »Allerdings wirst du mir wohl zustimmen, daß meine Zunge doch etwas glatter ist als deine. Das ist der Dichter in mir. Und diese Art geistiger Herausforderung reizt mich. Was sagst du zu diesem Vorschlag: Du unterstützt mich in dieser Detektivarbeit, und ich folge deiner Führung, wenn wir mal in einen Krieg verwickelt werden? Ich bin durchaus bereit, mich deiner größeren militärischen Erfahrung zu unterwerfen.«
    »Vorläufig einverstanden«, sagte Eisenholz widerwillig.
    Sie verließen die Brücke und wandten sich nordwärts, an einer Mauer vorbei, die das ausgedehnte Palastgebäude in der Innenstadt auf der gegenüberliegenden Seite der großen Plaza umschloß.
    »Und jetzt, mein Freund«, sagte Nistur, »ist es vielleicht an der Zeit, daß du mir verrätst, weshalb ein Fürst dieser Stadt einen Grund haben sollte, für deinen Tod zu bezahlen. Zuerst habe ich nicht nachgefragt, weil es eine berufliche Angelegenheit war und mich einfach nichts anging. Aber jetzt müssen wir mit diesen unangenehmen Leuten umgehen, und ich muß alle Umstände kennen, die unsere Sicherheit betreffen.«
    »Glaube mir«, sagte Eisenholz, »wenn ich es wüßte, würde ich es dir sagen. Ich habe nicht den Wunsch, uns in noch größere Gefahr zu bringen; unsere gegenwärtige Situation reicht vollkommen. Um die Wahrheit zu sagen: Ich habe keine Ahnung, warum ein hiesiger Adliger mich tot sehen möchte. Ich bin erst einen knappen Monat in der Stadt, habe den Sold aus meinem letzten Krieg ausgegeben und eine neue Anstellung gesucht. Ich habe nur zu anderen Söldnern und den Leuten Kontakt gehabt, die regelmäßig in den Tavernen am alten Hafen auftauchen. Natürlich kann ich mich nicht immer erinnern…« Seine Stimme war von Scham erfüllt.
    »Heißt das, dein Anfallsleiden umfaßt mehr als die Lähmung deiner Glieder? Sind manchmal auch Gedächtnisausfälle dabei?«
    »Manchmal. Aber in letzter Zeit nicht.« Der Söldner schüttelte den Kopf, als ob er sich so Klarheit verschaffen wollte.

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