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Mord in Thingvellir

Mord in Thingvellir

Titel: Mord in Thingvellir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
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rausschmeißen? Was meint ihr?«
    »Genau, und dieses ausländische Pack gleich dazu!«, kreischt die Frau in Schwarz. »Raus mit ihnen!«
    »Jetzt seid mal still!«, beschwichtigt der stattliche, Autorität ausstrahlende Mann und hebt beide Hände, um die Anwesenden zum Schweigen zu bringen.
    »Wir wollen keine Gewalttäter in unserem Haus«, fährt er fort, »aber wir wollen selbst auch keine Gewalt anwenden.«
    »Mit Dämonen soll man Dämonen austreiben, das steht in meiner Bibel!«, krakeelt die Frau in Schwarz mit beinahe fanatisch funkelnden Augen.
    »Es steht doch so viel Gegensätzliches in diesem Buch, Dóra, dass man unmöglich alles wörtlich nehmen kann.«
    Er wendet sich mir zu.
    »Wir befinden uns hier auf einer nicht-öffentlichen Versammlung«, sagt er. »Ich bitte dich, das zu respektieren.«
    »Dann hört auf, mich mit unbegründeten Verleumdungen zu beschimpfen«, antworte ich und gehe schnellen Schrittes zum Aufzug.
    Die Familie Grebase wohnt im fünften Stock.
    Múhammed schaut durch den Türspalt, bevor er die Kette löst und mich hereinlässt.
    »Weißt du, dass da unten gerade eine Versammlung stattfindet?«
    »Ja, der Vorsitzende der Hausgemeinschaft hat mir Bescheid gesagt.«
    »Sie hat schon angefangen.«
    »Er hat auch gesagt, dass es für mich am besten wäre, nicht zu kommen, da viele Nachbarn sehr aufgebracht seien, und ich habe seinen Rat befolgt.«
    »Hat der Vorsitzende das gesagt?«
    »Ja.«
    »Wenn er dir abgeraten hat, zur Hausversammlung zu kommen, sind wohl alle Beschlüsse der Versammlung rechtswidrig.«
    Fadíma kommt zu uns in die Diele. Sie ist eher klein, ein bisschen dicklich. Ihre dunklen Augen sind von den langen durchwachten Nächten verquollen.
    Typische Spuren der Trauer.
    Sie serviert uns Kaffee im Esszimmer. Und Plätzchen.
    »Fadíma spricht nur wenig Isländisch«, sagt Múhammed.
    »Aber sie versteht mehr, als sie sagen kann.«
    Ich berichte ihnen das Wichtigste, was ich in den letzten Tagen erfahren habe. Vor allem von der Vermutung des Rechtsmediziners, dass ihre Tochter den Angreifer blutig gekratzt und sich so unter ihren Fingernägeln Beweismaterial gesammelt hat. Das sollte eine Verurteilung erleichtern, wenn die Goldjungs den Mörder irgendwann festnehmen.
    »Es ist eindeutig, dass diese Blutproben entweder von ihrem Liebhaber oder vom Mörder stammen, es sei denn, es handelt sich um den gleichen Mann.«
    »Also war es dieser Thorsteinn«, sagt Múhammed gedrückt.
    »Nein.«
    »Nicht?«
    »Die Goldjungs sagen, dass wir Thorsteinn vergessen können. Er ist nicht der Vater ihres Kindes. Das ist glasklar.«
    Múhammed starrt mich an.
    »Nicht Thorsteinn?«, fragt er ungläubig.
    »Nein.«
    Ich gebe ihm Zeit, sich wieder zu fassen. Und frage dann:
    »Welchen anderen Jungen könnte Soleen gut gekannt haben?«
    »Ich weiß von keinem anderen«, antwortet Múhammed.
    »Wirklich von keinem?«
    Er schüttelt den Kopf.
    Fadíma schweigt und mustert mich ununterbrochen. Und hört mit Interesse zu, was ich sage. Ob sie es versteht oder nicht.
    »Soleen scheint diese Beziehung zum Vater ihres Kindes vor allen wie ein Staatsgeheimnis gehütet zu haben«, stelle ich fest. »Auch ihren Freunden gegenüber.«
    »Freunde!«, sagt Múhammed verächtlich.
    »Habt ihr wirklich keine Idee, von wem das Kind sein könnte?«, frage ich und gucke sie abwechselnd an. »Keine Hinweise auf diesen geheimnisvollen Freund?«
    Fadíma weicht meinem Blick aus. Senkt ihren Kopf.
    »Mein Gott, oh mein Gott!«, ruft Múhammed nach einer Weile. »Ich glaube, ich habe meine Tochter nie gekannt. Sie scheint ein ganz anderer Mensch gewesen zu sein, als ich dachte.«
    Er schlägt die Hände vors Gesicht.
    »Meine kleine Soleen! Wie konnte ich dich nur verlieren?«, ruft er verzweifelt.
    Múhammed steht abrupt auf.
    »Entschuldige mich bitte einen Moment«, sagt er und eilt aus dem Zimmer, über den Flur in ein anderes Zimmer. Ich höre, wie er die Tür hinter sich zumacht.
    Fadíma steht auch auf.
    Sie bedeutet mir mit beiden Händen, sitzen zu bleiben. Aber verlässt das Zimmer.
    Sie kehrt umgehend mit einem kleinen Päckchen zurück und reicht es mir.
    »Tasche legen«, sagt sie.
    »Wie?«
    »Tasche legen«, wiederholt sie. Und deutet auf meine rotbraune Aktentasche.
    Ich nehme das Päckchen und lasse es schnell in der Tasche verschwinden. Schließe sie wieder und stelle die Aktentasche auf den Boden neben den Stuhl.
    Fadíma setzt sich an den Tisch. Auf den gleichen Platz wie zuvor.
    Es

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