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Mord in Thingvellir

Mord in Thingvellir

Titel: Mord in Thingvellir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
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mich vorsichtig, wickle das Klebeband langsam von meinen Beinen. Mit fast gefühllosen, blutigen Fingern.
    Endlich bin ich meine Fesseln los.
    Bin aber trotzdem eine Gefangene in der tiefen Lavaspalte.
    Ich brauche eine ganze Weile, um aus der Spalte zu klettern. Stemme mich an der Kante hoch.
    Ich blicke mich nach allen Seiten um. Aber sehe nur Lava und Steine. Moos, Birken und Beerensträucher. So weit das Auge reicht.
    »Oje!«
    Keine Menschenseele ist in diesem Niemandsland unterwegs.
    Aber zum Glück ist der Schotterweg nicht weit weg. Obwohl da kein Auto zu sehen ist.
    Ich fahre mit meinen blutigen Fingern in die Taschen meiner Lederjacke. Auf der Suche nach meinem Handy. Aber ich finde es nicht.
    Diese Mistkerle haben mein Mobiltelefon gestohlen! Und den Schlüsselbund auch.
    Was nun?
    Lava-Walking war noch nie auf meiner Top-Ten-Liste.
    Ich fühle mich auf dem Asphalt am wohlsten. Da hat man geraden Boden unter den Füßen. Und außerdem sind überall Menschen und Autos, Bars, Geschäfte und Cafés.
    Aber da muss ich jetzt wohl durch.
    Erst klettere ich über die moosbewachsene Lava bis zum Weg hinauf. Von da marschiere ich los in Richtung Süden und versuche, in möglichst wenige Pfützen zu treten.
    Kein Auto kommt mir entgegen.
    Verdammt nochmal! Sind denn diese ganzen Outdoor-Leute im Streik, oder was?
    Schließlich entdecke ich eine Gruppe von Reitern. Die Pferde schleppen sich trotz des Regens mit ihren Besitzern durch die Heidmörk.
    Ich brülle so laut ich kann. Rufe um Hilfe. Winke mit beiden Händen. Führe mich auf wie eine harmlose Verrückte, bis sie mich bemerken und ihre Route ändern.
    Barmherzige Samariter zu Ross.
    In den nächsten Stunden befinde ich mich permanent in der Obhut anderer. Zuerst im Krankenwagen, der kommt, um mich in die Stadt zu bringen. Dann in der Uniklinik.
    Namenlose Spezialisten begutachten und durchleuchten mich. Geben mir eine Tetanusspritze, verbinden meine Hände.
    Ein junger Arzt sagt mir, dass keine Knochen gebrochen sind. Aber dass meine Hände die nächsten Tage blau und geschwollen sein werden. Und sie mir richtig wehtun werden.
    Er schickt mich nach Hause und bietet mir Tabletten als Proviant an. Um die Schmerzen besser ertragen zu können.
    Aber ich lehne dankend ab.
    Vertraue vielmehr auf die Streicheleinheiten meines Freundes Jackie.
    Die Schwarzjacken nehmen ein Protokoll auf, bevor ich das Krankenhaus verlasse.
    Ich berichte ihnen detailliert von dem Überfall. Beschreibe die Ganoven so gut ich kann. Den Transporter auch. Erstatte dabei gleich Anzeige wegen Diebstahls. Wegen meines Handys und der Schlüssel.
    Während sie mich verhören, lassen sie den Standort meines Silberpfeils überprüfen und bekommen von ihren Kollegen in Mosfellsbaer bestätigt, dass das Auto immer noch auf dem Schotterplatz am Hafravatn steht, wo ich ihn geparkt hatte.
    Sobald alle Angelegenheiten im Krankenhaus erledigt sind, rufe ich bei Securitas an. Sie müssen mir die Haustür meines roten Reihenhauses öffnen.
    »Die Alarmanlage ist bei dir vorhin angegangen«, sagt der Sicherheitsmann. »Wir haben einen Mitarbeiter zum Haus geschickt, aber alles schien in Ordnung zu sein, so dass wir das System einfach neu eingestellt haben.«
    »Bist du sicher, dass niemand in mein Haus eingedrungen ist?«
    »Im Büro und in der Wohnung schien alles so zu sein wie immer. Leider kommt es manchmal vor, dass diese Überwachungssysteme von selbst angehen.«
    Er öffnet die Haustür. Lässt mich hinein.
    Ich flitze die Treppe hinauf, um meinen Ersatzschlüssel zu holen. Komme wieder in die Diele. Schließe das Büro auf.
    Alles wie immer?
    Aber sicher.
    Nur der braunschwarze Tresor ist verschwunden.

45
    Sonntag, 19. September
    Ich habe mir vorgestern samtweiche, hellblaue Handschuhe gekauft, um sie über meine Verbände an den Händen zu ziehen.
    Die Farbe beißt sich so schön mit meinem schwarzen Lederdress. Wie ein Sonnenstrahl an einem dunklen Winterabend.
    Obwohl schon drei Tage seit dem Überfall am Hafravatn vergangen sind, laufen die Schläger immer noch frei herum. Aber der Transporter wurde gestern gefunden, im Südhafen von Hafnarfjördur.
    Er wurde am selben Tag, an dem diese vermummten Ganoven mich überfallen und mein schwarzbraunes Monstrum gestohlen haben, von einem Parkplatz im Gewerbegebiet von Bíldshöfdi geklaut.
    Der große Tresor befand sich im Transporter. Offen. Und leer.
    Aber unversehrt.
    Was bedeutet, dass jemand den Kriminellen die Geheimnummern zugeflüstert haben

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