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Mord in Wien: Wahre Kriminalfälle (German Edition)

Mord in Wien: Wahre Kriminalfälle (German Edition)

Titel: Mord in Wien: Wahre Kriminalfälle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Schimmer
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Staatsanwaltschaft, man möge die Gerichtsmedizin einschalten.
    Die Obduktion bestätigt den Tod durch Ertrinken, etwaige Spuren fremder Gewalteinwirkung können wegen der fortgeschrittenen Verwesung nicht mehr festgestellt werden. Gerichtsmediziner Dr. Wilhelm Holczabek holt kaum erkennbare Reste von Linsen aus dem Dickdarm, worauf die Mitglieder der Familie Mitteregger übereinstimmend angeben, dass es am Tag vor dem Verschwinden der Frau ein Linsengericht zum Mittagessen gegeben hat. Weil die Tote eine nicht wasserdichte Armbanduhr trägt, die beim Untertauchen sofort stehengeblieben sein dürfte, können die Experten die Todeszeit recht genau bestimmen. Die Uhr zeigt elf Minuten nach zwei. Daraus ergibt sich zusammen mit den halbverdauten Linsen und den Aussagen der Familienmitglieder, dass Karoline Mitteregger am 29. Oktober 1962 kurz nach zwei Uhr früh im Ziegelteich ertrunken ist.
    Mordverdacht durch Kohlenstoffmonoxid
    Der Gerichtschemiker Dr. Gottfried Machata untersucht routinemäßig den Mageninhalt und findet dabei weder Schlafmittel noch Medikamente oder gar Drogen. Doch die spektroskopische und die volumetrische Blutuntersuchung sowie der Test mit dem Gaschromatographen liefern ein Ergebnis, das dem Fall eine unerwartete Wendung gibt: Karoline Mittereggers Blut weist einen 53-prozentigen Gehalt von kohlenstoffmonoxid-gebundenem Hämoglobin auf – eine Dosis, die sicher zur Bewusstlosigkeit führt. Die Frau ist also durch das Einatmen des Giftgases CO ohnmächtig geworden und in diesem Zustand ertrunken.
    „Fährt da die Eisenbahn drüber?“, erkundigt sich Hofrat Dr. Kuso vom Sicherheitsbüro. Er ist zu Machata ins Labor gekommen, um sich von der Richtigkeit des überraschenden Untersuchungsergebnisses zu überzeugen. Der Gerichtschemiker antwortet: „Sie fährt sicher darüber.“ Damit konnten die Ermittlungen in eine neue Richtung aufgenommen werden, denn es ergibt sich zwangsläufig die Frage, wie die Ohnmächtige zum Ziegelteich gekommen ist. Dass jemand Karoline Mitteregger gezwungen hat, Leuchtgas zu inhalieren, und sie dann ins Wasser geworfen hat, liegt nun ganz und gar im Bereich des Möglichen. War es Mord?
    Die Kriminalisten stellen fest, dass sich im Umkreis von eineinhalb Kilometern um den Leichenfundort keine Gasleitung befindet. Die Frau kann sich daher nicht in der Umgebung des Ziegelteiches vergiftet haben. Ein Eifersuchtsdelikt wird ebenfalls ausgeschlossen, weil Karoline Mitteregger in den letzten Jahren sehr krank gewesen ist. Ihre Depressionen mündeten in einen Suizidversuch mit Stadtgas, der einen stationären Klinikaufenthalt nach sich zog. Es gab keine Freundinnen und Freunde, die Frau hatte nicht einmal Kontakt zu den Nachbarn. Auch konnte sie nicht entführt worden sein, denn ständig hielt sich einer ihrer Angehörigen bei ihr daheim auf, weil die Familie einen weiteren Selbstmordversuch befürchtete.
    Der Ehemann Stefan Mitteregger scheidet als Verdächtiger so gut wie aus. Seine Sorge um die Frau und die drei Kinder ist echt. Den beiden schon älteren Söhnen ermöglicht er von seinen schmalen Einkünften als Musiklehrer ein Hochschulstudium, der etwas jüngeren Tochter den Besuch eines Gymnasiums. Wer aber sonst kommt als Täter in Frage? – Der Fall wird immer rätselhafter.
    Den Tod von daheim mitgenommen
    Um Klarheit zu schaffen, müssen die Ereignisse minutiös rekonstruiert werden: Die Tochter von Karoline Mitteregger erzählt den Ermittlern, dass die Mutter sich vor ihrem Verschwinden mehrere Tage lang seltsam benommen, immer wieder geweint und der Vater sie getröstet habe. Eines Morgens, am 29. Oktober, sei das Bett der Mutter leer gewesen. Die Familie habe die Frau beim Einkaufen vermutet und sei zunehmend unruhiger geworden. Als Karoline am Nachmittag noch immer nicht zurückgekehrt war, erstattete der Vater Anzeige. Die Aussagen des Musiklehrers und seiner Kinder decken sich. Keinem Familienmitglied steht beziehungsweise stand ein Auto zur Verfügung, weder Vater noch Kinder besitzen den Führerschein.
    In dieser Pattstellung wird der Fall der Toten aus dem Ziegelteich zur Chefsache erklärt. Dr. Heger vom Sicherheitsbüro und der Leiter der Gerichtsmedizin Prof. Breitenecker besprechen ihn ausführlich. Breitenecker erwähnt dabei drei ähnlich gelagerte Fälle, die eindeutig als Selbstmorde geklärt werden konnten. Einer davon betrifft einen Drechslergehilfen aus Wien-Ottakring, den man im Februar 1960 im Keller seiner Arbeitsstätte tot aufgefunden

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