Mord inclusive
Königin Nefertari, gewidmet war. Zu beiden Seiten des Tempeleingangs war eine zehn Meter hohe Statue der Königin aus dem Felsen geschlagen worden. Natürlich hatte Ramses jeder Statue seiner Frau eine seiner selbst zur Seite stellen lassen, aber zumindest waren alle von gleicher Größe.
Als wir über die Fläche zwischen den beiden Tempeln liefen, driftete die Gruppe etwas auseinander. DJ und Keith schlugen einen großen Bogen, um einen Blick auf den See zu werfen. Ich hörte Keith etwas von Angeln sagen. Mohamed ging ein paar Schritte hinter Flora und Fiona. Das war ein merkwürdiger Anblick: Der massige Kerl und vor ihm, völlig in sich versunken, die beiden Frauen, die vor sich hin stolperten, sich gegenseitig anstießen und dann wieder auseinanderdrifteten. Mohamed wirkte wie ein Hütehund, der sich mühte, zwei eigensinnige Enten beieinanderzuhalten. Er schwitzte in der Hitze, hatte eine nasse Stirn und große feuchte Flecke unter den Achseln. Für ihn war das bestimmt kein Vergnügen. Wieder fragte ich mich, weshalb er überhaupt mitgekommen war.
Kathy Morrison zeigte auf den Tempel und wandte sich dabei ihrem Vater zu, wahrscheinlich um ihm etwas völlig Törichtes mitzuteilen, da stolperte sie und fiel hin. Ich bin sicher, dass es nicht an ihren Sandaletten lag. Mein Mitleid hielt sich in Grenzen. Ich wäre sogar gnadenlos weitergegangen, hätten sich nicht alle anderen sofort um sie gedrängt. Alan warf mir einen Blick zu, der mich beinahe zum Lachen gebracht hätte, aber er nahm meine Hand, und wir schlossen uns den anderen an. Ich hatte nichts dagegen.
Über Kathys Wangen liefen Tränen, und sie drückte mit bebenden Lippen die Hand auf ihren Knöchel. Ihr Vater versuchte sie an den Ellenbogen aufzuheben, aber sie riss sich los und stieß ihn fort. Dawn Kim kniete sich neben sie, zog ihre Hand fort, und es zeigte sich, dass der Knöchel bereits anschwoll. Sie schnalzte mitleidig mit der Zunge, hob Kathys Bein, bewegte den Fuß hin und her und stellte Fragen.
»Eine Verstauchung«, stellte sie fest. »Das muss gekühlt werden.«
Anni blickte sich um, schaute zunächst auf Alan und dann auf ihren Kollegen. »Mohamed, können Sie die Dame zur Sanitätsstation bringen?«
Er blickte hinter sich, als meinte sie einen anderen Mohamed. »Vielleicht sollten Sie das tun. Eine Frau ... sollte wohl besser von einer Frau begleitet werden ...« Er verstummte.
Anni lachte. »Aber ich kann sie nicht schleppen. Bitte kümmern Sie und Jerry sich um sie, während ich den Rundgang abschließe.«
Einen Moment glaubte ich, er werde sich weigern. Seine dunklen Augen blitzten vor unterdrücktem Ärger, aber dann schien er zu bemerken, wie wir ihn alle anstarrten, und zuckte schroff die Achseln. Er und Jerry nahmen Kathy bei den Armen und hoben sie auf. Zu ihrem Glück wog sie nicht mehr als eine nasse Katze. Man hörte sie mit weinerlicher Stimme jammern, bis sie außer Sichtweite war.
»Was war denn das für ein Benehmen?«, fragte Alan und sah den drei Gestalten nach.
»Vielleicht wollte er unbedingt in den Tempel gehen«, vermutete ich.
Das glaubte ich nicht wirklich. Ich konnte schon verstehen, dass er nicht gern eine Frau wie Kathy Morrison um sich haben wollte, aber sich um uns zu kümmern gehörte zu seinem Job.
Der zweite Tempel war viel kleiner, und schon nach wenigen Minuten war Anni mit ihrem Rundgang fertig. Dann hatten wir Freizeit und sollten uns nach dreißig Minuten im Restaurant des Marktplatzes einfinden. Kyla folgte Anni auf dem Fuße, und auch die anderen zerstreuten sich langsam. Als ich Alan gerade auf eine Malerei in leuchtenden Farben hinweisen wollte, drückte er mir kurz die Hand und sagte: »Ich gehe nach draußen. Wir treffen uns am Markt wieder.«
Ehe ich etwas antworten konnte, war er bereits in dem hell erleuchteten Eingang verschwunden. Der ganze Tag wurde plötzlich grau und freudlos. Ohne Alan oder auch nur Kyla, die meine Erlebnisse mit mir teilen konnten, erschien mir alles ringsum fade und bedeutungslos. Schlimmer noch, mich beschlich der Gedanke, dass Alan mich allein zurückgelassen hatte, um Kyla nachzugehen. Vielleicht war es ja nur ein Zufall. Immerhin war er nicht zusammen mit ihr weggegangen. Aber ich hätte wetten mögen, dass er ihr nachgeschaut hatte. Ich wusste nur nicht, was es bedeuten sollte.
Eine Weile hielt ich mich noch im kühlen, gedämpften Inneren des Tempels auf. Für die Wunder ringsum aber hatte ich keinen Blick mehr. Als ich bemerkte, dass ich die
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