Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman
sie unterbrach ihn.
»Und ob Sie das wissen!« sagte sie in scharfem
To n .
Mit leiser, unnachgiebiger Stimme sagte er: »Einen Skandal kann ich mir natürlich nicht leisten. Ich
lebe in der Welt der Hochfinanz. Verwalte das Geld
der Leute. Ich muß über jeden Zweifel erhaben sein
– es ist, als wäre man Richter.«
Meredith dachte an Markby. »Wir haben keine
Richter in der Familie«, sagte sie. »Hören Sie, ich
denke, wenn Sie am Sonntagabend nach London zurückfahren, sollten Sie Sara mitnehmen. Es ist nicht gut für sie, hier zu sein. Sie hat einen schlimmen Schock erlebt, und ich finde, sie sollte ihre Arbeit wieder aufnehmen, damit sie ein wenig abgelenkt
wird.«
»In Ordnung«, sagte er nach einer Pause.
Am Montag fuhr Meredith nach Bamford und stellte den Wagen vor der öffentlichen Bibliothek ab. Lazenby hatte Sara am Abend vorher nach London mitgenommen. Eve und Meredith hatten ihn mit Erleichterung gehen sehen. Davon, daß Sara ihn begleitete, war Eve weniger begeistert.
»Es ist dieser Job im Frauenhaus, der mir nicht behagt. Ich habe immer Angst, daß sie dort Schwierigkeiten bekommt. Vielleicht sogar angegriffen wird. Aber sie ist so versessen darauf.«
»Laß sie ruhig weitermachen, Eve. Es scheint eine gute Sache zu sein und ist auf jeden Fall besser, als mit einem Haufen von Tagedieben herumzuhängen wie früher.«
Die Bibliothek war hell und freundlich. Hinter dem Auskunftsschalter standen zwei Frauen, eine jung, die andere älter. Die jüngere, die eine pinkfarbene Strickjacke trug, fragte Meredith, ob sie ihr helfen könne.
»Ja. Ich bin bei Miss Owens zu Besuch, die einen Ausweis für diese Bibliothek hat, und sie hat mir einen Ausleihzettel zur Verfügung gestellt. Geht das in Ordnung?«
Die ältere Frau blickte rasch von ihrer Arbeit auf und schien etwas sagen zu wollen, senkte dann aber wieder den Blick.
»O ja«, sagte das Mädchen in der pinkfarbenen Strickjacke. »Kein Problem.«
Meredith wandte sich um und spazierte zwischen den Regalen auf und ab, bis sie zur Abteilung Medizin allgemein kam. Während sie sorgfältig die Titel auf den Buchrücken studierte, kam die ältere Frau um die Ecke und fragte: »Suchen Sie etwas Spezielles?«
»Ja.« Meredith zögerte. »Ja, etwas über Heilkräuter.«
Die Frau sah sie durch ihre stahlgefaßte Brille gespannt an. »Wir haben ›Culpepers Kräuterbuch‹ – aber ich glaube, es ist zur Zeit ausgeliehen. Wenn ich Sie etwas fragen dürfte …« Sie stockte.
»Ja?«
»Sie haben gesagt, daß Sie bei Miss Owens zu Besuch sind. Ich wüßte gern …« Sie stockte abermals, machte einen verwirrten und nervösen Eindruck. »Dieser furchtbare Mord … Sie haben wohl keine Ahnung, wie die Polizei mit ihren Ermittlungen vorankommt?«
Meredith musterte sie aufmerksam. Es konnte auch bloße Neugier sein, doch die Frau wirkte aufgeregt. »Wie üblich, nehme ich an.« Sie warf die Angel aus. »Ich bin dem jungen Mann nur zweimal begegnet. Sehr traurige Geschichte.«
»Ja.« Die Frau griff nach dem Haken. »Er war ein so netter junger Mann.«
Ein Prickeln lief Meredith das Rückgrat hinunter. »Haben Sie ihn gekannt, Mrs. …«
»Mrs. Hartman. Gekannt eigentlich nicht. Aber ich erinnere mich an ihn. Ein paar Wochen, bevor er ermordet wurde, war er in der Bibliothek.«
»Wollte er etwas Besonderes?« fragte Meredith so beiläufig wie möglich. »Hat er sich Bücher ausgeliehen?«
»Nein. Er wollte den Fotokopierer benutzen.«
Ein anderer Bibliotheksbesucher kam auf sie zu und machte ein böses Gesicht. Offensichtlich standen sie im Weg. »Können wir uns irgendwo hier unterhalten?« fragte Meredith hastig und leise.
Mrs. Hartman ging voran in ein Kabuff, in dem ein Gaskocher, mehrere Tassen und alle Utensilien zum Kaffeekochen standen. Sorgfältig schloß sie die Tür hinter sich. »Ich habe mir schon den Kopf darüber zerbrochen, ob ich es der Polizei melden sollte. Aber es war etwas so Harmloses, und was hätte ich letztendlich zu erzählen gehabt? Das erste Mal ist mir der junge Mann drüben beim Fotokopierer aufgefallen. Der steht direkt bei der Tür, und gleich daneben liegt der Mikrofiche-Katalog. Der junge Mann hatte mir den Rücken zugekehrt. Er trug eine Lederjacke und Jeans, und ich dachte, er sei vielleicht ein Student aus dem College ein Stück weiter unten an der Straße. Sie kommen manchmal und kopieren gegenseitig ihre Notizen.«
»Haben Sie gesehen, was er kopiert hat?« fragte Meredith gespannt.
Mrs. Hartman schüttelte den Kopf. »Nein,
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