Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman
Kapriolen dienen?« fragte Meredith.
»Jonathan ist manchmal wirklich unmöglich«,
sagte Eve. »Fragt uns, ob wir uns an Ralphs Hamlet
von 1938 erinnern! Ich bin erst 1944 geboren.« Sie
ließ den Gin im Becher kreisen und starrte hinein.
»Ich habe in dem Film doch jung ausgesehen, oder?
Richtig pummelig und knuddelig.«
»He, was soll diese Gefühlsduselei? Wieviel Gin
hast du schon intus?«
»Unser Leben wird immer so ganz anders, als wir
es uns erhoffen«, sagte Eve traurig. »Ich wünschte
wirklich, Jon hätte ein anderes Video mitgebracht.
Du weißt, warum Mike damals vom Set abgehauen
ist, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Meredith nach einer Pause kühl. »Ich
weiß es.«
»Es hatte nichts zu bedeuten.« Der Ausdruck der
Verzweiflung kehrte auf Eves Gesicht zurück. »Es
war nur ein dummer Flirt auf dem Filmset. Ich habe
Mike geliebt.«
»Zerbrich dir nicht den Kopf darüber, Evie.« Eve kippte ihren Drink hinunter. »Ich möchte,
daß Sara glücklich wird, Merry, weil ich das Mike
schuldig bin und mir mein eigenes Leben kaputtgemacht habe. Mit Mike und mir ist alles schiefgelaufen. Die Ehe mit Hughie war die Hölle. Robert ist gestorben.«
»Hör zu, Evie, geh ins Bett, schlaf dich richtig
aus, und trink nicht noch mehr Feuerwasser. Ich
bringe die Flasche nach unten, damit du nicht mehr
in Versuchung gerätst.«
Gehorsam verzog Eve sich in ihr Zimmer. Meredith nahm die Ginflasche und die beiden leeren Tonicfläschchen, klemmte sie zwischen Unterarm und
Busen fest und konnte so auch noch die benutzten
Becher mitnehmen. Vorsichtig stieg sie die Treppe
hinunter. Im Salon war noch Licht, man sah es an
dem hellen Streifen unter der Tür. Evie hat vergessen, es auszumachen, dachte sie und stieß die Tür
mit dem Fuß auf.
Lazenby, der an einem kleinen Schreibtisch stand,
fuhr hastig herum. »Oh«, sagte er, »Sie sind es. Ich
dachte, alle wären schon im Bett.«
»Das sind sie auch. Ich bringe nur den Schnaps
herunter. Eve und ich, wir haben uns noch einen
Schlaftrunk genehmigt. Und was machen Sie?« fragte
sie neugierig.
Er schob eine geöffnete Schublade zu. »Ich arbeite. Habe ein paar Papiere mitgebracht. Dachte, Eve
hätte vielleicht irgendwo Tipp-Ex.«
»Ich habe Tipp-Ex, aber es ist oben. Ich hole es
Ihnen, wenn Sie es dringend brauchen.«
»Nein, nein, so dringend ist es nicht«, sagte er
hastig und trat vom Schreibtisch zurück. »Hören Sie«, sagte er, »ich finde, Eve trinkt zuviel von dem Zeug. Ich wünschte, Sie würden sie nicht auch noch
ermuntern.«
»Zu Ihrer Information«, erwiderte Meredith ärgerlich, »es war nicht meine Idee, und ich habe sie
absolut nicht ermuntert. Sie ist meine Cousine, wie
Sie vielleicht wissen. Und ich sorge mich auch um
sie.«
Er wurde rot. »Ich weiß sehr gut, daß Sie ihre
Cousine sind, darum denke ich ja, daß Sie etwas wegen des Alkohols sagen sollten.«
»Also ich finde, sie hat sich da völlig unter Kontrolle. Bisher habe ich sie noch nicht von einer Seite
auf die andere schwanken sehen.«
Sie starrten sich gegenseitig finster an. Meredith
ging zur Hausbar und stellte die Ginflasche hinein.
Lazenby, der sie beobachtete, sagte unerwartet: »Ich
habe eine Schwäche für die Bühne, müssen Sie wissen. In Cambridge habe ich selbst ein bißchen gespielt – in Revuen und so. Meiner Meinung nach ist
Eve keine schlechte Schauspielerin, sie hat nur viele
schlechte Filme gemacht. Ich finde, sie sollte eine
Bühnenrolle übernehmen.«
»Sie weiß selbst am besten, was sie kann«, sagte
Meredith. »Oder glauben Sie, eine Bühnenrolle wäre
respektabler als die in der Seifenoper, hinter der sie
her ist?«
Trotzig streckte er das Kinn vor. »Ich gebe zu, daß
ich dagegen bin.«
Meredith musterte ihn nachdenklich, dann ging sie auf ihn zu und blieb mit über der Brust gefalteten Armen vor ihm stehen. »Wenn man Schauspieler ist, kann man nur zwischen zwei Möglichkeiten wählen
– zu arbeiten oder nicht zu arbeiten. Ich glaube, Eve weiß ziemlich genau, wie weit ihr Talent reicht. Sa
gen Sie, lieben Sie Sara eigentlich wirklich?« »Das ist eine verdammt beleidigende Frage!«
fauchte er und wurde rot.
»Sie ist absolut in Ordnung. Ja oder nein?« »Ja.«
»In guten und in schlechten Tagen? Wenn die
Dinge mal schiefgehen?«
»Ja, verdammt!«
»Bei schlechter und guter Publicity? Mit einer
Schwiegermutter als Seifenoper-Königin oder lieber
in einem angesehenen Theater? Mit pikanten Geschichten in Klatschblättern?«
»Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen –« begann er, doch
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