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Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman

Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman

Titel: Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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– Andy war während des letzten Krieges geboren, mußte jetzt also doch ein bißchen älter sein, als Bert schätzte. Da siehst dus wieder, dachte er mit düsterer Befriedigung, die Zeit fliegt, und du verlierst ganze Brocken daraus, ganze Jahre auf einmal.
    Und die Menschen … Bert mähte gern das Gras auf dem Friedhof, denn das war für ihn so, als besuche er alte Freunde. Da waren Männer begraben, mit denen er in die Schule ging, als das Schulhaus noch eine richtige Schule gewesen war. Er erinnerte sich daran, wer gut Fußball gespielt und wer nie ein sauberes Hemd angehabt hatte … Und er erinnerte sich an den alten Mr. Lewis, den Lehrer, der heimlich schnupfte – ah, was für ein übellauniger alter Kauz! Aber Reverend Markby, der war noch schlimmer gewesen. Ein richtiges heiliges Schrecknis, o ja!
    »Un’ so«, murmelte Bert vor sich hin, »soll’s auch sein. Sorgt für ’n bißchen Disziplin. Bringt einem bei, was recht un’ unrecht is’. Ich hab’ nie nich’ einen falschen Schritt machen dürfen. Kriegte sofort eins aufs Ohr. Mußte hart arbeiten, seit ich zwölf war. Nich’ wie der junge Taugenix von nebenan. Töpfe machen. Jeden Abend im ›Dun Cow‹. Lock’re Frauenzimmer. Tot, vergiftet, un’ was für ein Urteil war das. Dahingerafft für seine Sünden. Un’ ich hab’s nie nich’ getan!« erklärte Bert kampfeslustig dem Kissen.
    Mühsam setzte er sich auf und schwang die Beine aus dem Bett. Keuchend vor Anstrengung, schaffte er es endlich, ganz aufzustehen und sich durch das dunkle Zimmer bis in die Küche zu tasten, um sich eine Tasse Tee zu machen. Das half, wenn man nicht schlafen konnte. Er machte kein Licht, weil er es nicht brauchte. Er kannte die Küche wie seine Westentasche. War in diesem Cottage geboren. Es fiel ausreichend Mondlicht durch das vorhanglose Fenster, und der silberne Schein machte die Nacht fast zum Tag. Bert trug den verbeulten Kessel zur Wasserleitung, griff nach dem Wasserhahn und blickte dabei aus dem Fenster in seinen Garten, wo er einen schwachen Lichtstrahl entdeckte, der verschwand und wieder auftauchte, verschwand und wieder auftauchte.
    »Verdammt!« rief er und stellte den Kessel ab. »Da is’ irgendso ’n Scheißkerl in mei’m Schuppen!«
Aufgeregt und schwer atmend, lief er zur Hintertür, zog den Regenmantel an und quälte sich in die Stiefel. Wahrscheinlich Zigeuner. Nun, die sollten ihn kennenlernen! Bert nahm die schwere alte Taschenlampe, die er im Krieg als Luftschutzwart benutzt hatte und trat durch die Hintertür ins Freie. Vorsichtig ging er den Gartenweg entlang und blieb zitternd vor der halb geöffneten Schuppentür stehen. Es war tatsächlich jemand drin und stellte offenbar alles auf den Kopf.
»He du, komm sofort raus!« befahl er.
Im Schuppen schnappte jemand erschrocken nach Luft. Etwas fiel klappernd herunter. Bert schaltete seine Taschenlampe ein und richtete den Lichtstrahl durch die Tür in den Schuppen.
»Also – da will ich doch verdammt sein!« rief er. Am nächsten Tag um die Mittagszeit schob Mrs. Yewell, nachdem sie mit der Arbeit im Pfarrhaus fertig war, ihr quietschendes Fahrrad über den vorderen Weg zu Berts Cottage und lehnte das Rad an die Mauer. Mit einem tiefen Seufzer wischte sie sich über die Stirn und ging um das Haus herum nach hinten. Onkel Bert benutzte die Haustür nie. Sie wäre nicht überrascht gewesen, hätte sie sich nach so langer Zeit gar nicht mehr öffnen lassen, weil sie sich ganz verzogen hatte. Onkel Bert wurde allmählich zum Problem. Viel länger konnte er nicht mehr allein hier leben, aber, wie sie erst am Abend vorher zu Walter gesagt hatte, niemand würde den alten Knaben aus seinem Garten wegholen können.
Die Hintertür stand offen. Mrs. Yewell marschierte in die Küche. »Onkel Bert!« Keine Antwort. Angeekelt sah sie sich um und gluckste entrüstet. »Onkel Bert! Bist du hier? Hier sieht’s ja aus wie im Schweinestall. Wenn Tantchen Ada das sehen täte, sie würde sich im Grab umdrehen. Ich komme am Wochenende rüber und putz mal gründlich durch.«
Er war nicht da. Wahrscheinlich werkelte er irgendwo im Garten. Mrs. Yewell steckte kurz den Kopf ins Schlafzimmer. Sieh dir bloß das an! War aufgestanden und hinausgegangen und hatte nicht mal das Bett gemacht. Draußen in seinem Garten hielt der Alte ja ganz schön Ordnung, aber für sich selbst sorgen konnte er nicht, das stand fest. Sie ging durch die Küche wieder hinaus und schritt das lange, schmale Grundstück entlang, vorbei

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