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Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman

Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman

Titel: Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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hatte? Oder war es dir mit allem Ernst, was du mir gesagt hast? Hättest du sie wirklich jemals verlassen können? Oder hätte sie nur mit dem kleinen Finger zu winken brauchen, und du wärst zu ihr zurückgerannt?
Meredith machte sich auf den Rückweg. Der Himmel hatte sich bewölkt, und die Luft war drückend. Meredith war niedergeschlagen. Ich bin nur hungrig, sagte sie sich, denn es war schon fast vier Uhr, und sie hatte nichts zu Mittag gegessen. Die Gegend wurde zunehmend ländlicher, sie hielt nicht eher, als bis sie einen vertrauenerweckenden Pub entdeckte, der laut Hinweisschild durchgehend Imbisse anbot. Sie stellte den Wagen auf dem Parkplatz ab und stieg mit einem Seufzer der Erleichterung aus. Sie brauchte Zeit zum Nachdenken. Die Sonne begann gerade unterzugehen. Ein leichter Wind wehte trockenes Laub und Papierschnitzel vor sich her, sonst war es still. Der Parkplatz war fast leer, und der Pub, ein großer roter Ziegelbau im Pseudo-Tudorstil, machte einen ruhigen und soliden Eindruck. Es war eines jener Lokale, die vor allem von reisenden Geschäftsleuten frequentiert werden. Auf der mittäglichen Speisekarte stand vermutlich Rindfleisch-Nieren-Pastete, und es gab auch einen bescheidenen Weinkeller.
Meredith ging in die Lounge Bar. Sie war ein wenig düster, die Inneneinrichtung jedoch in gutem Zustand, mit Dralonbezügen auf den Sitzbänken und viel dunkler Eiche. Meredith bestellte einen sogenannten »Bauernlunch«, einen Imbiß aus Käse, Brot und Mixed Pickles.
»Käse oder hausgemachte Pastete?« fragte der junge Mann hinter der Bar. Er trug einen Golfpullover, wie Albie Elliott sie liebte, und verstand es, den Eindruck zu vermitteln, daß es im Moment zwar noch ruhig sein mochte, der Ansturm aber bald einsetzen werde.
»Pastete«, sagte Meredith und dachte: Die Bauern hier herum müssen ja einen ganz eigenen Lebensstil haben. Ihr Blick fiel auf eine Notiz, die hinter dem jungen Mann hing. Auf ihr stand, daß es hier Zimmer mit Frühstück gab.
»Kann ich für heute nacht ein Zimmer haben?« fragte sie. Sie konnte, wie es schien. Sie wickelte die üblichen Formalitäten ab, machte sich dann auf die Suche nach einer Telefonzelle und rief im Pfarrhaus an, um zu sagen, daß sie erst am nächsten Morgen zurückkommen würde. Lucia war am Telefon und nahm die Nachricht entgegen.
Meredith ging in die Bar zurück, wo inzwischen die Pastete serviert worden war. Dazu gab es Baguette, in Silberfolie verpackte Butter, ein kleines Salatblatt und eine halbe Tomate. Da sie an dem Tag nicht mehr fahren wollte, bestellte sie ein Glas vom roten Hauswein. Auch in den ländlichen Gegenden Englands war nichts mehr so, wie es früher gewesen war.
»In Pubs wird Wein verkauft, Bauern essen Pastete mit Baguette, Filmstars wohnen in ehemaligen Pfarrhäusern, und der Milchmann liefert Kartoffeln«, murmelte sie vor sich hin. Eine Mischung, bei der man sich nicht wohl fühlen konnte. Unecht wie ein Filmset. Und genauso lieblos.
Das Zimmer war schlicht, aber einigermaßen gemütlich. Die Schranktür ließ sich zwar nicht richtig schließen, aus dem benachbarten Badezimmer kamen ziemlich laute Geräusche, aber die Fenster gingen nach hinten hinaus, und der Verkehrslärm der Hauptstraße war gedämpft. Er hätte sie ohnehin nicht gestört. Meredith schaltete den betagten Fernseher ein, suchte sich ein Programm, legte sich aber bald ins Bett und schlief wie ein Stein.
    Bert Yewell drehte sich in dem großen Doppelbett um, das er früher mit Ada geteilt hatte, und wachte auf. Er lag da und dachte an die Vergangenheit, wie so oft, wenn er um diese Zeit wach war. Es war seltsam, aber manchmal kam ihm die Vergangenheit realer vor als die Gegenwart. Er erinnerte sich so gut an früher, aber, verdammt, er wußte nicht mehr, wo er vergangene Woche die Samen hingetan hatte oder was er aus Bamford mitbringen wollte, als er das letztemal mit dem Bus hineingefahren war. Kann so wichtig nich’ gewesen sein, tröstete er sich selbst, sonst hätt’ ich inzwischen gemerkt, daß ichs nich’ hab’.
    Und die Menschen. Er erinnerte sich an Menschen, die seit fünfzig und mehr Jahren tot waren, besser als an die, mit denen er es jetzt zu tun hatte. Seine Nichte Pearl sagte, daß der junge Kerl, der die Milch brachte, der Sohn des kleinen Andy war, aber Bert konnte sich, verdammt noch mal, nicht an ihn erinnern. Außerdem, wie konnte der kleine Andy einen Sohn haben? Er war doch selbst noch ein Kind. Obwohl, wenn er es sich genau überlegte

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