Mord ist auch eine Lösung
Sorge. Ich habe bisher nichts Interessantes gesehen. Nur Pferde, Gras und ab und zu einen Pferdeapfel.«
»Was lange währt, wird endlich gut.«
»Hoffen darf ich doch, oder?«, knurrte Honey und krallte sich in Mildreds Mähne.
Allmählich kamen fast vergessene Fertigkeiten wieder zum Vorschein. Schließlich schien es mit dem Reiten wieder ganz gut zu klappen. Mildred begriff endlich, dass ihre Reiterin das Sagen hatte und dass sie nicht zusammenbrechen würde, wenn sie einmal vom Trab in einen leichten Galopp verfiel.
»Ich glaube, langsam habe ich den Bogen wieder raus«, rief Honey, während sie an ihrer Tochter vorbeizog.
Lindsey, die mit dem hochmütigen Grauen wahre Wunder vollbrachte, parierte ihn in den Schritt und schien geistesabwesend.
|57| Honey wendete ihre starrsinnige Mildred und machte kehrt.
»Hast du gehört, was ich gesagt habe?«, rief sie fröhlich und hüpfte mit dem schneller werdenden Trab im Sattel auf und ab.
»Den Bogen raus haben kann man nur beim Schießen, Mutter. Ich glaube, du meinst, dass du deinen Sitz wiedergefunden hast.«
Honey schaute über die Schulter auf ihr Hinterteil herunter. Es schien tatsächlich ziemlich fest im Sattel zu sitzen. Wahrscheinlich half es einem, auf dem Pferd zu bleiben, wenn die Auflagefläche eine ordentliche Größe hatte.
»Sieht doch ganz gut aus, was meinst du?«
Als sie keine Antwort erhielt, blickte sie auf. Tochter und Pferd standen völlig reglos da.
Lindseys Augen waren auf ein schmales Wäldchen und den Rauch eines Feuers gerichtet. »Ich glaube, wir werden beobachtet.«
»Ich sehe niemand.«
»Da war aber gerade wer.«
Honey blickte in die gleiche Richtung und wiederholte, sie sähe keine Menschenseele.
»Nun, da hat uns aber gerade jemand beobachtet. Er stand neben dem Feuer.«
»Lass uns hinreiten und nachsehen, ob er da noch ist.«
Nachdem sie abgestiegen waren und die Pferde angebunden hatten, kletterten sie über den Zaun und gingen in das Wäldchen.
»Huhu! Ist hier jemand?«, brüllte Honey.
»Ja-ha! I-hich!«, brüllte Lindsey zurück.
»Kein Sarkasmus, bitte!«
Lindsey schaute ihre Mutter vorwurfsvoll an. »Ehrlich Mutter. Weißt du nicht, dass verdeckt arbeitende Polizisten niemals die Aufmerksamkeit auf sich lenken?«
»Hier ist niemand.«
»Da kannst du nicht sicher sein. Jemand, der was zu verbergen |58| hat, wird ja wohl kaum zurückschreien: Hier bin ich. Kommt mich holen!«
Honey stapfte weiter. Das Holz auf dem Feuer war anscheinend zu feucht gewesen, um lichterloh zu brennen. Stattdessen schwelte das Feuer nur. Daher der Rauch.
»Ist doch nur ein Feuer«, meinte Lindsey.
Honey runzelte die Stirn. »Das sind doch Kistenbretter? Oder?«
Sie beugte sich hinunter und untersuchte die Bretter. »Da steht ein ›ais‹ auf der Seite.«
»Zwei Vokale, ein Konsonant.«
»Sei keine solche Klugscheißerin.«
Lindsey verstummte. Honey dachte immer noch darüber nach, dass ihr die Kiste und die Schrift bekannt vorkamen, als Lindsey ihren Gedankengang unterbrach. Denn Honeys Tochter hatte sich von ihrem Kommentar keineswegs einschüchtern lassen. Sie hatte noch einmal alle Möglichkeiten bedacht.
»Français. Irgendwas Französisches oder etwas, das aus Frankreich kommt.«
Langsam richtete sich Honey wieder auf. »Genau das habe ich gerade auch überlegt. Trotzdem«, sagte sie mit einem Achselzucken. »Heutzutage kommt so allerlei aus Frankreich.«
»Unter anderem auch deine Gemälde?«
Es war immer schon ziemlich anstrengend gewesen, eine so oberschlaue Tochter zu haben. Nun konnte das Kind auch noch Gedanken lesen!
Honey kochte vor Wut, wenn sie überlegte, dass jemand anderer sich jetzt an den Gemälden erfreute, für die sie Unsummen bezahlt hatte. »Komm, wir reiten zurück zu Deirdre Olsen und stellen ihr ein paar Fragen.«
Mrs. Olsen verteilte gerade Kleiebrei in mehrere Eimer. Sie schaute auf, als Mutter und Tochter in den Hof zurück kamen.
»Reicht Ihnen wohl schon?«
|59| Honey erwähnte den Mann, der sie beobachtet hatte, und das Feuer im Wald. Mrs. Olson erwiderte, von alledem wüsste sie nichts.
»Ich beschäftige keine Männer, nur junge Frauen. Die Mädels mögen die Pferde mehr, und sie arbeiten auch lieber mit einer Chefin. Männer werden gern mal ein bisschen frech, wenn man ihnen erklärt, dass sie was falsch gemacht haben.«
In dem Punkt konnte Honey ihr nur recht geben. Smudger, ihr Rugby spielender Chefkoch, konnte auch nicht gerade gut mit Kritik umgehen.
»Also, keine
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