Mord ist auch eine Lösung
durchtrennt.«
»Und die arbeiten für den Besitzer des Hotels gegenüber?«
Miss Camper-Young nickte, während sie vornehm an ihrer Teetasse mit Rosenmuster nippte. Tasse und Untertasse passten genau zu ihrem Kleid. Vielleicht kam sie deswegen so gern in den Laden?
»Das stimmt. Der Hotelbesitzer ist Russe.« Ihre Unterlippe verzog sich angewidert, als gehörte die ganze Nation abgeschafft.
Die Vorbesitzer waren auch nicht gerade Unschuldslämmer gewesen. Sie hatten ein denkmalgeschütztes Haus in ein herrliches Hotel verwandelt, hatten aber auch noch im großen Stil mit Antiquitäten gehandelt und sogar behauene Steine von alten Gebäuden und wirklich Antikes verscherbelt.
»Die Vorbesitzer haben sich auf die Cayman-Inseln zurückgezogen«, informierte Gloria die Runde.
Honey zog verwundert die Augenbrauen hoch. »Das wusste ich gar nicht. Wieso kennst du dich da aus?«
Ein geheimnisvolles Lächeln stahl sich auf Glorias wunderbar zurechtgemachtes Gesicht, und ein unverkennbares Strahlen trat in ihre Augen.
»Evan Meredith hat mich eingeladen, es mir dort in der Sonne und am Meer und sonst noch mit einigem gutgehen zu lassen, wenn ich einmal zufällig in der Gegend bin.«
»Ich dachte, der hat eine Frau«, sagte Honey ein wenig überrascht, ja schockiert. Ihre Mutter liebte Männer, hatte aber doch altmodische Prinzipien. Was Gott zusammengefügt hat und so weiter.
»Die freut sich, wenn er Spaß hat«, meinte Gloria trocken. »Dann kann sie machen, was sie will. Wir werden ja alle nicht jünger, weißt du.«
Honey konnte sich gerade noch bremsen, ehe sie fragte, was genau Evans Frau – die Primrose hieß, wenn sie sich |134| recht erinnerte – denn machen wollte. Solche Fragen waren jetzt nicht relevant. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Cybil zu.
»Was meinen Sie, warum haben die Männer die Kabel zu Ihren Überwachungskameras durchtrennt?«
»Mein Gärtner, der am Mittwochnachmittag immer zum Helfen kommt, ist zum Hotel gegangen und hat sie gefragt. Sie meinten, sie hätten den Eindruck, ich würde sie ausspionieren!«
Honeys Mutter platzte entrüstet heraus: »Stell sich das einer vor! Als würde sich Cybil dafür interessieren, was diese Ausländer da machen!«
Irgendetwas an Cybils Gesicht ließ Honey vermuten, dass sie sich wesentlich mehr dafür interessierte, was ihre Nachbarn taten, als sie zugeben wollte.
»Ich behalte eben gern alles im Auge«, meinte Cybil schlicht.
Honey nickte. »Verstehe.« Das tat sie wirklich. Wenn Cybil so gut beobachtete, dass sie schon Gedanken lesen konnte, dann stimmte der alte Spruch: Übung macht den Meister.
»Soll ich also mal mit denen reden?«
Miss Camper-Young lächelte dankbar. »Das wäre wirklich sehr freundlich.«
Ihr Lächeln allerdings wirkte sehr bemüht, als hätte sie das Lächeln in der guten alten Zeit gelernt, als Debütantinnen noch bei Hof vorgestellt wurden und knicksen üben mussten.
»Wie wäre es mit der hier?«, mischte sich ihre Mutter plötzlich ein.
Sie hielt Honey eine sehr schicke burgunderrote Hose zur Begutachtung vor die Nase.
»Da wäre jede Menge Platz, besonders wenn du beabsichtigst, noch mehr in die Breite zu gehen.« Für die versammelten Freundinnen fügte sie noch hinzu: »Honey ist kräftiger, als ich es je war.«
In Augenblicken wie diesem, wenn ihre Mutter jegliche |135| Hemmung abgelegt hatte, hätte Honey sie wirklich liebend gern ermordet. Vielleicht machte ihr deswegen ihr Job als Amateurdetektivin so viel Spaß. Ihre Mutter konnte sie nicht ihrer gerechten Strafe zuführen. Da war es eine befriedigende Alternative, den finsteren und tödlichen Elementen auf der Spur zu bleiben.
|136| Kapitel 21
Ferdinand Olsen hasste das Leben mit seiner Frau. Und sie hasste das Leben mit ihm. Jeder führte sein eigenes Leben und hatte sein eigenes Schlafzimmer. Sie aßen kaum je zusammen und gingen nur dann gemeinsam zu gesellschaftlichen Veranstaltungen, wenn es unvermeidlich war, um das weitere, sehr beträchtliche Einkommen seines Architekturbüros zu sichern. Sonst aß Ferdinand außer Haus und hielt sich gern mit attraktiven Frauen in Luxushotels auf. Deirdre stürzte sich in alle Aktivitäten, die mit Pferden zu tun hatten. Jüngere Paare hätten sich wahrscheinlich längst friedlich oder nicht so friedlich getrennt. Aber Ferdinand und Deirdre hatten viele Jahre miteinander verbracht. Diese Art des Zusammenlebens war ihnen zur Gewohnheit geworden. Irgendwann, nachdem Deirdre das dritte Pferd gekauft
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