Mord ist der Liebe Tod
sie selten verschlagen hatte.
Sie nahm sich nochmal den Stadtplan vor und prägte sich den Weg ein. Manchmal wär ein Navi doch toll.
Da sie quer durch die Innenstadt musste, wurde es Nachmittag, als sie vor dem Haus einen Parkplatz fand. Mario arbeitete nach wie vor im Personenschutz. Sie hatte sich vorher erkundigt, wie sein Schichtplan heute war. Da er Nachtdienst hinter sich hatte, standen die Chancen gut, ihn zu Hause anzutreffen.
Er bewohnte ein Einzimmerappartement in einem modernen Wohnhaus mit viel Glas, das zu ihrer Erleichterung einen Aufzug besaß.
Im Gegensatz zu Frau Markgraf war Mario nicht sonderlich überrascht, sie zu sehen.
„ Jenny, komm rein. Haben sie dir den Fall übertragen?“, sagte er, als er die Tür öffnete.
Lange schien er noch nicht wach zu sein. Das dunkelbraune Haar war verstrubbelt und er trug ein ausgeleiertes weißes T-Shirt über einer Trainingshose.
„ Immer noch Kaffee-Junkie wie früher?“, fragte er und ging ihr voran in die Küchennische.
„ Klar, manche Dinge ändern sich nie. Wie geht’s dir?“
Er gähnte. „Weißt ja, am Tag nach dem Nachtdienst kann man nix mit mir anfangen.“
Sie nickte. Daran konnte sie sich noch gut erinnern. Eine Zei t lang fand sie seine strubblige missgelaunte Unausgeschlafenheit sogar erotisch. Jetzt fand sie nichts mehr an ihm erotisch. Aber immerhin war der Kaffee gut.
„ So “, sagte Mario, “Wilma ist also ermordet worden? Sonst wärst du ja wohl nicht hier, oder? Soviel ich weiß, bist du doch immer noch bei der Mordkommission?“
„ Ja, da hat sich nichts geändert.“
„ Als dein Kollege gestern bei mir war, vermuteten sie noch Selbstmord. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum ihr überhaupt zu mir kommt. Ich hab sie seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen.“
„ Ihre Mutter hat mir gerade erzählt, ihr hättet heiraten wollen und Kinderchen in die Welt setzen.“
„ Was?“ Er blickte sie entgeistert an. „Was ist das denn für ein Blödsinn? Die Alte spinnt doch. Mit mir und Wilma, das war doch schon lange vorbei.“
Jenny lächelte. „ Naja, so ganz in der Reihe war sie ja noch nie. Hat sich auch mehr Gedanken darum gemacht, welche Schnittchen sie beim Leichenschmaus serviert, als darum, wer ihre Tochter umgebracht hat. Also ist zwischen euch tatsächlich schon seit einem Jahr Schluss?“
„ Klar, wenn ich ehrlich bin, so lange hätt das gar nicht gehen sollen. Damals, sorry, wenn ich drüber spreche, aber das war doch für mich nur ein One-Night-Stand. Aber ich bin sie einfach nicht mehr losgeworden. Und ich hatte ja auch keine Wohnung. Da hab ich den Fehler gemacht, bei ihr einzuziehen. Eigentlich wollte ich nur bei ihr bleiben, bis ich was Eigenes gefunden hatte. Aber jedes Mal, wenn ich davon anfing auszuziehen, hat sie fast nen hysterischen Anfall bekommen.“
„ So schlimm hab ich Wilma gar nicht in Erinnerung. Sie wollte zwar unbedingt einen Mann und Kinder….“
„ Das wurde immer schlimmer. Am Ende war es echt krankhaft. Ich habe ihr sogar geraten, deswegen zum Arzt zu gehen. Als ich mitbekommen habe, dass sie einfach die Pille abgesetzt hat, war‘s das für mich. Da hab ich von einer Minute auf die andere meine Sachen gepackt und bin bei einem Freund untergekommen.“
„ O ffensichtlich hat keiner daran gedacht, das ihrer Mutter mitzuteilen.“
„ Die hab ich sowieso nur zwei oder dreimal gesehen, wenn sich’s halt nicht vermeiden ließ. Sie redete schon beim ersten Mal von Hochzeit. Und immer diese Enkelgeschichte. Meine Güte, Wilma war damals schon fast Mitte vierzig.“
„ D as hört sich tatsächlich so an, als hätte sie Hilfe gebraucht. Wie hat sie denn reagiert, als du ausgezogen bist?“
„ N a wie wohl, völlig hysterisch! Ich habe ihr gar nicht erst gesagt, wo ich wohne. Und nachdem sie dauernd anrief, hab ich mir eine neue Handynummer besorgt. Im Büro habe ich mich verleugnen lassen, dann hat sie mir vor der Tür aufgelauert. Das war echt schlimm. Aber irgendwann hat‘s dann aufgehört. Ich habe angenommen, dass sie jemanden kennen gelernt hat.“
„ Erzählt hat sie von niemandem? Vielleicht so nach dem Motto, ätsch, guck mal, mit wem ich jetzt ausgehe?“
„ Nee, ich habe von niemandem gehört.“
„ Kennst du irgendeine Freundin von ihr oder eine Bekannte, mit der sie sich traf?“
„ Wenn ich Nachtdienst hatte, ist sie manchmal mit einer Kollegin ausgegangen. Sie kam dann immer ziemlich angeheitert nach Hause. Sie heißt Gerlinde, den Nachnamen kenn
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