Mord ist kein Metier für Mädchen
haben.«
Sie verzog das Gesicht.
»Irgendwie muß ich an ländlichen Eigenbau denken...«
Ich gab ihr das Glas, und
zunächst nippte sie nur sehr vorsichtig daran. Dann aber schlürfte sie genüßlich,
bis das Glas leer war.
»Nicht schlecht«, sagte sie
vorsichtig. »Darf ich’s noch mal probieren, bitte ?«
Ich mixte ihr einen neuen
Drink, dann siedelte ich mich im anderen Sessel an und rauchte. »Wissen Sie was ?« sagte ich langsam. »Sie faszinieren mich, Laura .«
»Wie schön.« Ihre Lippen
verzogen sich spöttisch. »Ich wollte schon immer ein faszinierender Vamp sein .«
»Das sind Sie auch«, knurrte
ich. »Aber ich meinte eben mehr Ihren Beruf — oder wie man das nennen soll. Sie
haben eine wirklich hübsche und gewiß nicht billige Wohnung, fahren mit diesem
schwarzen Monstrum, das allein schon ein Vermögen an Benzin kostet — wie machen
Sie das ?«
»Ganz einfach«, giftete sie.
»Ich bin eine motorisierte Strichbiene mit Höchstsätzen !«
»Ich meine, im Ernst«, knurrte
ich.
»Im Ernst?« Sie trank den
Bourbon, als sei es Himbeersaft. »Also, im Ernst — mein Bruder Bill ist das
Genie der Familie. Zwar ein ziemlich verkommenes Genie, aber wie ich schon
immer zu unserer lieben Mama sagte — man kann sich die Leute halt nicht backen.
Ich bin sozusagen seine rechte Hand, sein Mädchen für alles, Abhol- und
Zubringerdienst. Dafür bezahlt er mir etwa doppelt soviel, wie ich mit
ehrlicher Arbeit verdienen könnte .«
»Und es gefällt Ihnen ?« forschte ich.
»Gefallen?« Sie lachte kurz
auf. »Ich fahre Ihnen gleich an die Gurgel, mein lieber Danny. Manchmal kann
Bill der jähzornigste und gemeinste Halunke sein, der einem je über den Weg
gelaufen ist .« Abermals leerte sie das Glas und hielt
es mir hin. »Und fragen Sie mich ja nicht, warum ich nicht kündige. Ich bin nun
einmal nicht dazu geschaffen, mich als Tippse abzurackern und dabei jahrelang
zu versuchen, den Bürovorsteher einzufangen — der schließlich hingeht und ein
Mädchen vom Ballett heiratet, wenn ich über 35 bin .«
»Ich hab’ ja nur gefragt«,
sagte ich.
»Sie sind viel zu neugierig,
Boyd .« Sie nahm mir das frisch gefüllte Glas aus der
Hand und seufzte tief. »Im Augenblick freilich, so wie die Dinge liegen, wäre
ich manchmal doch lieber ein Tippmädchen .«
Sie stand plötzlich auf, nahm
ihr Glas mit zum Fenster und starrte hinaus in den Nebel. Sie kehrte mir den
Rücken zu und trank mäßig, aber regelmäßig — als ob der Alkohol am nächsten Tag
abgeschafft werden sollte.
»Zum Teufel mit allem«, sagte
sie zwei Minuten später, drehte sich um und warf mir das leere Glas in den
Schoß. »Mehr!«
»Sind Sie ganz sicher ?« fragte ich zweifelnd. »Das ist hundertprozentig echter
Whisky aus Kentucky...«
»Ich bin ganz sicher, jawohl .« Ihre Schultern wanden sich unbehaglich. »Heiß hier, nicht
wahr?«
»Ist mir noch nicht
aufgefallen«, erwiderte ich wahrheitsgemäß. »Vielleicht steckt die Hitze in
Ihnen drin ?«
Ich war gerade mit dem nächsten
Drink beschäftigt, als ich hörte, wie hinter mir etwas mit sanftem Plumps auf
dem Sessel landete, den sie vor ein paar Minuten geräumt hatte. Ich sah hin —
und erblickte einen schwarzen Rock aus Leder. Während ich mir noch den Kopf
zerbrach, was der dort sollte, gesellte sich noch ein schwarzer Pullover dazu.
»So ist’s schon besser .« Lauras Stimme kam von schräg hinten. Ich wandte mich
langsam um — und da stand sie und sah mich an, mit einem aufreizenden Glitzern
in den Augen. Im Laufe der Zeit, so erinnerte ich mich, und dank meines
gewinnenden linken Profils hatte ich schon eine ganze Reihe brünetter Mädchen
gesehen, mit und ohne Textilien. Aber so etwas Halbausgezogenes wie Laura Donavan war mir noch nie vor Augen gekommen. Ich schluckte,
und dann brachte ich ein undefinierbares Geräusch aus den Tiefen meiner Kehle
zutage.
Sie kam auf mich zu, leichtfüßig
und beschwingt wie immer, mit sämtlichen Kurven gleichzeitig wackelnd, nahm das
Glas aus meiner erstarrten Hand — und leerte es.
»Na, Danny-Boy?« Ihre Stimme
vibrierte. »Hörst du nicht die Fanfaren, die zum Kampfe rufen ?« Sie drückte mir das leere Glas in die immer noch starre Hand. »Ich glaube, sie
rufen — dich !«
9
Wir frühstückten in einem Café,
wobei wir unseren Orangensaft so schlürften, als seien wir schon jahrelang
verheiratet. Laura sah frisch und unternehmungslustig aus, während ich bleich
und zerknittert dasaß, als sei ich auf
Weitere Kostenlose Bücher