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Mord mit kleinen Fehlern

Titel: Mord mit kleinen Fehlern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Scott
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Glaubte auch er, dass sie tot war? Sehnte er sich nach ihr? Sie spürte einen Stich, den sie nicht abschütteln konnte.
    HUUP! Anne wurde aus ihren Gedanken gerissen und sah in den Rückspiegel. Ein Minivan-Fahrer, der es nicht erwarten konnte, seine Kinder aus dem Wagen zu lassen. Sie fuhr weiter. Anne musste irgendwie in ihr Haus kommen, aber überall waren Leute. Sie durfte jedoch nicht erkannt werden. Da kam ihr eine Idee.
    Fünfzehn Minuten später bog Uncle Sam höchstpersönlich um die Ecke auf die Waltin Street. Er trug einen rot- weißen-blauen Zylinder, einen falschen Bart aus dichter Baumwolle und eine Scherzsonnenbrille mit überdimensionalem blauen Plastikgestell - dazu einen Jeansrock, Pantöffelchen mit Leopardenmuster und ein  T-Shirt mit dem Aufdruck ALLES GUTE ZUM 4. JULI VON EINER UNABHÄNGIGEN FRAU! Das Outfit war in höchstem Maße lächerlich, aber etwas anderes verkauften die Straßenhändler nicht, und außerdem passte es zu den verschrobenen Touristen. Seit Anne die Sachen gekauft hatte, waren ihr schon vier weibliche Uncle Sams begegnet, eine davon in nachgemachten TOD-Slippern.
    Anne schlenderte die Straße entlang und blieb vor den Blumensträußen auf ihrer Treppe stehen. Ein Dutzend weiße Rosen lagen auf der obersten Stufe, und sie erkannte die Handschrift. Matt! Reflexartig wollte sie danach greifen, doch dann hielt sie sich zurück. Dafür hatte sie jetzt keine Zeit. Sie ging weiter die Straße entlang, bis sie zu einer kleinen Gasse kam. Dort hielt sie kurz inne. Sie begutachtete die Straße hinter ihrer Scherzbrille. Die Luft war rein.
    Anne glitt in die Gasse, die zu den Hinterhöfen der Reihenhäuser ihrer Straße führte. Niemand benutzte jemals diese Gasse, in diesem Jahr war sogar ein Flugblatt verteilt worden, mit dem Vorschlag, die Nachbarn sollten sich zusammentun und aus Sicherheitsgründen die Gasse mit einem Zaun absperren lassen, aber niemand hatte die Anregung aufgegriffen. Es war schwer, die Einwohner von Philadelphia für irgendetwas zu begeistern - abgesehen von der lokalen Profi-Basketballmannschaft, den Sixers.
    Anne eilte die Gasse entlang und wäre beinahe über einen moosbedeckten Ziegelstein gestolpert, der an einem Abflussrohr lehnte, konnte sich aber gerade noch an einem Lattenzaun festhalten. Sie rückte ihren Bart zurecht. Wegen des Zylinders duckte sie sich auf dem Weg zu ihrem Haus. Sie hielt Ausschau nach Mel, aber der Kater war nirgends zu sehen. Er war noch nie draußen gewesen, und obwohl er kugelrund genug war, um auch eine Weile ohne Futter zu überleben, fürchtete sie, dass er unter ein Auto geraten könnte. Ein Hund bellte in einem der Häuser, und sie duckte sich noch tiefer, bis sie an die graue Mauer kam, die ungefähr einen Meter achtzig hoch war und ihren winzigen Hinterhof umgab.
    Anne legte beide Hände auf die kratzige Mauer und zählte bis drei. Dann hievte sie sich schwungvoll hoch, blieb jedoch oben hängen. Ihre Beine baumelten zu beiden Seiten der Mauer herunter, und sie sah aus wie eine lebensgroße Uncle-Sam-Puppe. Anne biss die Zähne zusammen, schwang sich hinüber und landete unsanft auf den harten Steinplatten ihres Hinterhofs. Die Pantöffelchen rutschten ihr von den Füßen. Sie sammelte sie ein und erstellte auch sonst Inventar. Sie hatte weder Beine, Arme noch einen Nagel gebrochen, also stand sie auf, wischte den Staub von ihrem Rock und lief geduckt zur Hintertür. Ins Haus zu gelangen, würde leichter sein, als in den Hof zu kommen.
    Anne tastete in ihrer Rocktasche nach den Schlüsseln.

5

    Den Geruch, der sie begrüßte, als sie die Tür zur Küche öffnete, hatte sie beim Heimkommen noch nie angetroffen. Stark, irgendwie metallisch und absolut unheimlich. Plötzlich wusste sie nicht mehr, wie professionell sie angesichts der Umstände sein konnte. Sie musste ständig an Willa denken. Anne nahm die große Scherzsonnenbrille ab und hängte sie in den Kragen ihres  T-Shirts. Sie sah sich in der Küche um, versuchte, sie mit objektivem Blick in sich aufzunehmen. Die Küche war winzig, bestand nur aus der linken hinteren Ecke des einzigen Raumes, der das gesamte Erdgeschoss ausmachte.
    Kirschrot lackierte Schränke umgaben den Raum auf drei Seiten, ein Metzgerblock als Arbeitstheke, und die Spüle war aus rostfreiem Edelstahl und war nur deshalb sauber, weil Anne in letzter Zeit - sprich: das ganze letzte Jahr - zu beschäftigt gewesen war, um zu kochen. Eine der Schranktüren stand einen Spalt offen, und Anne lugte

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