Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)
versammelt. Die Frauen waren durchweg nüchterner. Hanna und Westermann grinsten einander an und dachten dasselbe: Die hatten das erste Gelage beim Grafen nicht mitgemacht.
Luise wandte sich ihren Gästen zu, holte tief Luft und stieß sie dann schnaubend durch die Nasenlöcher aus.
Johannsen kann behaupten, was er will, dachte Hanna, aber ich bin jetzt auch besoffen.
»Leute!«, rief Luise laut. »Die Party ist zu Ende. Schafft ihr es nach Hause?«
»Klaro«, rief Birthe Möller, schnappte sich ihren Mann und schleppte ihn mit erstaunlichen Kräften in Richtung Straße. Die anderen Frauen taten es ihr nach. Manche trugen zu zweit einen Mann.
Johannsen schaffte es aus eigener Kraft, wenn auch schwankend.
Hanna seufzte erleichtert auf.
»Dann gehe ich mal schlafen«, erklärte sie, als alle weg waren.
»Tja, einen Platz bei mir brauchen Sie jetzt nicht mehr.« Westermann wirkte beinahe enttäuscht.
»Moment mal«, sagte Luise und hauchte Hanna schon wieder an. »So einfach ist das nicht. Da ist noch jemand im Wohnzimmer. Besuch für dich.«
»Für mich?«
Langsam ging Hanna zu dem hell erleuchteten Fenster. Als sie sah, wer da auf Luises Sofa saß, duckte sie sich schnell weg und kroch um den Wacholder herum zu den beiden anderen zurück.
Deren verwunderte Blicke ignorierte sie einfach.
»Luise, hol mir eine Flasche von deinem Schnaps«, befahl sie im schärfsten Polizeitonfall. »Westermann, ich schlafe mit Ihnen … äh … ich meine bei Ihnen.«
»Pfft«, machte Luise.
»Was ist denn los?«, fragte Westermann. »Sitzt da ’ne Leiche auf dem Sofa?«
»Sozusagen. Eine Liebesleiche.«
»Hä?«
»Erkläre ich dir später.«
Luise war tatsächlich im Haus verschwunden und kam jetzt mit einer Literflasche Wacholderschnaps zurück. »Seid ihr sicher, Kinder? Und wer macht dann eure Arbeit? Wer findet den Mörder?«
»Wir«, sagten sie im Chor. »Morgen!«
»Morgen ist schon heute!«
»Der Tote läuft uns schon nicht weg«, erklärte Westermann. »Ich muss mit der Frau Kommissarin jetzt mal Brüderschaft trinken. Die duzt mich nämlich schon.«
Hannas innere Stimme meldete sich zu Wort, ungewöhnlich laut:
Du wirst keinen Schluck trinken!
Du verbringst die Nacht nicht mit deinem Untergebenen!
Du gehst ins Haus und stellst dich dem Problem!
Und dann schläfst du!
Und dann gehst du auf Mörderjagd!
Ach, halt die Klappe, dachte Hanna.
»Lass uns gehen. Ich will einen Spaziergang machen und den Kopf frei kriegen.«
»Nicht zu mir nach Hause?«
»Erst mal nicht.«
Immerhin, murmelte ihre innere Stimme.
»Kinder, Kinder«, sagte Luise.
Zur Sicherheit lenkte Hanna ihre Schritte in Richtung Dorfplatz. Nicht, dass sie noch in Versuchung geriet, wenn sie plötzlich vor Westermanns väterlichem Hof stand. Luises Flasche trug sie in einer unauffälligen Plastiktüte bei sich.
»Da hängt einer im Brunnen«, sagte Westermann, als sie den Platz erreichten. Im sanften Licht von nachgebauten Kutscherlaternen entdeckte auch Hanna die zusammengekrümmte Gestalt.
Bevor sie etwas erwidern konnte, klingelte ihr Smartphone.
Der schrille Ton zerriss die nächtliche Stille.
Westermann zuckte zusammen. »Grauenvoll.«
Sie schwieg.
»Willst du nicht rangehen?« Er duzte sie jetzt auch, schon vor dem Bruderschaftstrunk.
Hanna bemerkte es kaum.
»Vielleicht ist es Buchholz.«
»Die rufen nicht mitten in der Nacht an, um mir Ermittlungsergebnisse durchzugeben.«
»Eher nicht.«
»Genau.«
»Dann ist es deine Liebesleiche.«
»Hendrik!«, rief Hanna in ihr Smartphone, so laut, dass die Gestalt am Brunnen hochfuhr und Wasser verspritzte.
»Das ist der Jo«, erklärte Westermann. »Der braucht wohl schnell eine klare Birne.«
»Hendrik! Was willst du hier?«
»Ich dachte, es wäre nett, dich zu besuchen.«
»Ist es nicht.«
»Hanna, Liebling, wo bist du? Rette mich! Erst gab’s hier eine Invasion von sturztrunkenem Landvolk, und jetzt will mich die alte Schacht…, ich meine, die alte Dame, mit Schnaps einreiben.«
»Warum denn?«, erkundigte sich Hanna und unter drückte ein Kichern.
»Was weiß ich denn? Ich habe nur erwähnt, dass ich Migräne habe. Ist ja kein Wunder. Vorhin wollte mich ein dicker Mann mit nach draußen nehmen. Auf ein Tänzchen.«
Hanna prustete los.
Westermann nutzte die Gelegenheit, ihr die Tüte abzunehmen. Er schraubte Luises Flasche auf und nahm einen kräftigen Schluck. Johannsen kam näher. Aus seinen Haaren tropfte Brunnenwasser.
Hanna gab sich Mühe, ernst zu
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