Mord nach Drehbuch
Geld achten«, versuchte Doherty zu erklären.
Honey warf ihm einen warnenden Blick zu. »Du solltest meine Mutter nie – unter gar keinen Umständen! – als Rentnerin bezeichnen – ganz gewiss nicht, wenn sie in Hörweite ist!«
Steve lachte. »Sonst fordert sie mich zum Handtaschenduell im Morgengrauen?«
»Das würde sie dir ewig vorhalten.«
»Hier. Auf dich«, sagte er und reichte ihr einen Sektkelch.
Sie nahm das Glas entgegen. »Trinkst du auch was mit?«
»Ich mag keinen Champagner.«
»Fein. Ich schaffe das auch allein – selbst wenn es nur Schaumwein und kein Champagner ist.«
Sie schenkte ihm einen Gin aus dem Bürovorrat ein. Trotz seiner zweifelhaften Herkunft perlte ihr der Sekt angenehm durch die Adern. Das Zeug war gar nicht so schlecht, und Doherty füllte ihr das Glas immer wieder nach. Er selbst nahm sich noch einen Gin.
»Anscheinend hat deine Mutter doch eine ganz gute Wahl getroffen.«
»Hmmmm«, meinte Honey zwischen zwei Schlucken.
»Gut.« Er lächelte wie die Katze, die am Sahnetopf schlabberte – oder zumindest ganz in die Nähe gekommen war. »Du bist also jetzt vollkommen entspannt und fühlst dich blendend?«
»Sehr.«
»Du siehst toll aus«, meinte er, und ein Arm schlängelte sich um sie und zog sie sanft in seine Richtung. Er stellte das Glas ab.
»Möchtest du immer noch ausgehen? Ich meine«, flüsterte er, während er ihr sanft den Nacken streichelte, »wir könnten es uns doch auch hier bei dir gemütlich machen. Uns was zu essen kommen lassen. Schummerbeleuchtung einstellen und eine sexy Platte auf den Teller legen.«
Honey kicherte. »Auf den Teller? Du meinst wohl in die Jive Box 1 ?«
»Was ist das denn?«, fragte er, hatte nun auch den anderen Arm um sie geschlungen, während er ihr mit weichen Lippen Küsse hierhin und dorthin, auf das ganze Gesicht gab.
Sie kicherte noch mehr. Die kleinen Sektbläschen stiegen ihr geradewegs in den Kopf. »Weiß nicht. Lindsey hat eine.«
Mit einer Hand strich er ihr über den Rücken, die andere hielt noch ihren Nacken umfangen.
Sie kicherte wieder. Lachte sie etwa über ihn?
Er hielt sie auf Armeslänge. »Geht’s dir gut, Honey Driver?«
Honey lächelte und wollte gerade sagen, dass es ihr blendend ging, als etwas Ping! machte.
»Autsch!«
Steve schaute neugierig. »Stimmt was nicht?«
O ja, hier stimmte was ganz und gar nicht.
»Äh …«
Sie konnte kaum reden, weil ihr etwas scharf in die unteren Rippen stach. Hungerkrämpfe konnten es nicht sein. »Da sticht mich was!«
Doherty schaute verdutzt. »Ich war’s nicht!«, beteuerte er und hob die Hände.
Honey kämpfte mit der Korsettstange, die sich aus der Seide befreit und in ihre Haut gebohrt hatte.
Sie holte tief Luft. Auf keinen Fall würde sie ihm verraten, dass sie unter der blauen Seide das aufreizendste Kleidungsstück trug, das je eine Frau für einen Mann an- oder ausgezogen hatte. Nur diesmal direkt auf der Haut und nicht über einem Flanellnachthemd. Mist!
Da war wieder dieses taube Gefühl! Wo kam diese Benommenheit denn nun her?
Sie brauchte dringend frische Luft! Und sie musste sich unbedingt umziehen.
»Ich bin gleich wieder da.«
Sie rannte weg, so gut sie konnte. Die Korsettstange piekste, und ihre Beine waren puddingweichweich. Schwache Knie oder nicht, sie flitzte durch die Küche und über den Gartenweg zum Kutscherhaus in Richtung Schlafzimmer.
Sie stolperte und schwankte, aber gleichzeitig passierte noch etwas anderes. Ein Nebel senkte sich herab. Im Februar war das nichts Besonderes, außer dass dieser Nebel irgendwie nur um ihren Kopf herum und sonst nirgends waberte. Sie trug ihn wie einen Kranz um die Stirn. Alles war verschwommen.
Obwohl sie die frische Luft in großen Atemzügen in die Lungen sog, konnte sie die Augen einfach nicht aufhalten. Vielleicht sind meine Augenlider zu Blei geworden, überlegte sie. Wenn ich mich erst umgezogen habe und ein bisschen hinsetze, wird alles besser. Vielleicht trinke ich noch einen Schluck Wasser … oder so …
Ihr wurde klar, dass sie schon längst ohnmächtig hingesunken wäre, wenn das pieksende Fischbein nicht gewesen wäre.
Nein! Positiv denken!
Wer hatte das noch gesagt? Sie sah sich um, war überzeugt, dass eine Stimme von außen ihr diesen Ratschlag gab. Nicht ihr gesunder Menschenverstand.
Als sie endlich im Haus war, nestelte sie am Verschluss ihres Kleides herum. Es leistete ein wenig Widerstand, aber nach ein bisschen Zupfen und Reißen und ein paar wohlgesetzten
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