Mord nach Drehbuch
Dafür habe ich allerdings noch eine andere Karte.«
Sie reichte Honey noch etwas – schwarz, Hochglanz und mit eingeprägten goldenen Lettern. Teuer. Darauf stand, sie sei Schauspielerin und Entertainerin. Honey verleibte die Karte ihrer bereits mit unzähligen kleinen und größeren Dingen angefüllten Tasche ein.
»Sind Sie wirklich Schauspielerin?«, fragte sie.
Zoë Valli lächelte wissend. »Das sind wir doch alle, Schätzchen. Die ganze Welt ist eine Bühne und so …«
Was habe ich gesagt?, überlegte Honey.
Zoë Valli bestellte eine Flasche Chardonnay und lud Honey auf ein Glas ein. Sie gab zu, dass Honey ihre Maskerade entlarvt hatte. Sie war nicht wirklich einkaufen gewesen. Sie hatte eine Verabredung mit einem Kunden, der willens war, für ihre Dienste zu bezahlen.
»Ich esse gern vorher zu Mittag. Das beruhigt das Hotelmanagement ein wenig. Ob es ihnen passt oder nicht, auch sie profitieren von meinen Einkünften. Und ich gebe großzügige Trinkgelder.« Sie schob die Manschette ihrer Kostümjacke zurück und schaute auf die Uhr, die von Bulgari zu sein schien. Echt oder gefälscht, fragte sich Honey. Sie vermutete, das Erstere.
»Nur zur Ihrer Information, die ist echt.« Zoë zog den Ärmel weiter hoch, sodass Honey genauer hinschauen konnte.
»Nicht schlecht«, murmelte die.
Zoë hatte wieder an Selbstvertrauen gewonnen. Sie plapperte fröhlich drauflos, als seien sie beide Frauen, die sich zum Mittagessen verabredet hatten.
Sie lehnten sich beide zurück, als der Kellner kam und ein Silbertablett auf den Tisch stellte.
Er öffnete die Flasche und erkundigte sich, ob jemand den Wein vorkosten wolle.
Zoë winkte mit eleganter Handbewegung ab. »Schenken Sie einfach nur ein, Schätzchen. Ich bin sicher, der ist wunderbar.«
Honey nahm einen Schluck und dann noch einen. Der Wein war gut.
Sie spürte, wie Zoë sie über den Rand ihres Glases hinweg musterte.
»Sind Sie wirklich sicher, dass Sie nicht Lust hätten, sich ein bisschen was dazuzuverdienen? Es ist wirklich keine harte Arbeit. Manchmal muss man nur Busen zeigen und gut zuhören.«
Jetzt war Honey an der Reihe, die Augenbrauen hochzuziehen. »Wirklich?«
Zoë nickte. »Jugend kann man mit Geld nicht kaufen, und bei älteren Leuten kann Viagra zu Herzversagen führen. Bei mir ist das verdammte Zeug verboten. Ich kann mir nicht leisten, dass jemand mittendrin stirbt, oder?«
Honey musste plötzlich daran denken, was ihrer Mutter zugestoßen war, und sie gab Zoë recht. Natürlich hatte sie recht. Es war nett mit Zoë.
Nun brachte der Kellner Sandwiches, Vollkornbrot mit Lachs, dazu süße Kirschtomaten, schwarze Oliven und eine perfekt geviertelte Zitrone.
Dieses Mittagessen hatte sich wirklich außerordentlich angenehm entwickelt. Da saß sie nun, trank Weißwein und hörte einer faszinierenden Frau zu. Beinahe hätte sie Doherty vergessen, vermied es aber bewusst, in seine Richtung zu schauen. Sie hätte auch beinahe vergessen, warum sie hier war.
»Kennen Sie übrigens einen Mann namens Brett Coleridge?«
Bei der Erwähnung dieses Namens schwang Zoës Stimmung schlagartig um.
»Ich spreche nicht über Klienten.«
Honey versuchte, ihren Gesichtsausdruck zu deuten. Was sie in Zoës Augen sah, beunruhigte sie. Zoë sagte nicht, dass sie ihn nicht kannte. Ihre Augen verrieten, dass sie ihn sehr wohl kannte. Und dass sie
Angst
hatte, über ihn zu sprechen.
Honey stellte eine heikle Frage. »Ist er ein Zuhälter?«
In Hollywoodfilmen waren Zuhälter meist Schwarze, warfen mit Geld nur so um sich, waren richtig böse Typen im kriminellen Milieu einer heruntergekommenen Gegend. Aber das war im Film, und da waren ja oft die Gestalten genauso zweidimensional wie die platte Geschichte.
Mit Geld kann man eben doch beinahe alles kaufen, und für manche war Sex auch nur eine Ware, die sich am oberen Ende des Spektrums so gut verkaufen ließ wie am unteren. Nur ein Mann, der sich in den besten Kreisen bewegte, konnte auch die Kundschaft aus dieser Gesellschaftsschicht bedienen. Brachte Zoë das mit ihren kugelrunden Augen zum Ausdruck?
Honey wollte die Sache lieber nicht vertiefen. Außerdem konnte sie aus den Augenwinkeln Doherty sehen. Er tippte auf seine Armbanduhr.
»Rufen Sie mich an«, sagte Honey zum Abschied. »Und danke für den Wein.« Sie trank ihr Glas leer. »Wirklich gut.« Plötzlich kam ihr noch ein Gedanke. »Schauen Sie mal, ich würde gern etwas dazu beisteuern.«
Ein winzig kleiner Laptop tauchte aus einer
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