Mord nach Drehbuch
dich denn da geritten?«
»Miss Cleveley hat eine Weile am Filmset mitgearbeitet, und ihre Nichte Perdita auch. Miss Cleveley hat mir gesagt, die junge Dame sei eine aufstrebende Schauspielerin und Entertainerin. Da war es doch gar nicht so absurd, zu vermuten, dass Perdita und Brett Coleridge einander schon einmal begegnet sein könnten. Außerdem hat er auf mich wirklich den Eindruck gemacht, als wäre er der Typ, der fremdgeht, verlobt oder nicht. Viel zu aalglatt. Und zu selbstsicher.«
»Hast du je darüber nachgedacht, dich als Kummerkastentante zu betätigen?«
»Das mach ich doch ständig. Hast du schon mal in einem Hotel oder in einer Kneipe an der Bar gearbeitet? Da erzählen einem die Leute alles Mögliche. Sie schütten dir ihr Herz aus, und du gibst ihnen weise Ratschläge«, erklärte Honey.
»Das ist ja nicht gerade professionelle psychologische Beratung.«
»Nein, es ist besser. Die Leute sagen die Wahrheit, wenn sie beschwipst sind.«
»Und wenn du beschwipst bist?«
Sie warf den Kopf in den Nacken und konnte sich einen selbstzufriedenen Gesichtsausdruck nicht verkneifen. »Die pichelnde Philosophin, das bin ich.«
Ein Tablett mit Teetassen, einer Teekanne und einem kleinen Teller mit Butterkeksen wurde gebracht. Honey und Steve machten sich darüber her. Sie hatten keine Zeit zum Frühstücken gehabt.
Schließlich besprachen sie ihren nächsten Besuch.
Außer einer Yacht in Antigua, einem Landgut in Schottland und einer Pferderanch in Kentucky besaß Brett Coleridge auch noch ein Penthouse in Kensington.
»Warum geht er in ein Hotel, wenn er ein Penthouse ganz in der Nähe hat?«, überlegte Doherty laut.
»Weil seine Nichten stundenweise bezahlt werden?«
»Na ja, ich glaube jedenfalls nicht, dass er sie als Brautjungfern einsetzen wollte.«
Honey hielt inne, als sie sich gerade ihren zweiten Butterkeks nehmen wollte. »Ich habe doch gleich gewusst, dass er ein Mistkerl ist. Für die habe ich einfach einen Riecher.«
»Einen ziemlich hübschen Riecher.«
»Und einen leeren Magen.«
»Ich auch. Ich bin kurz vorm Verhungern.«
Während sie kaute und Tee trank, wanderten ihre Gedanken. Als erfahrene Hotelfrau ließ sie den Blick über die Gäste schweifen, die sich im Empfangsbereich aufhielten.
Da waren ein paar Leute vom Land, die zum Einkaufen oder zum Mittagessen in die Stadt gekommen waren oder sich mit ihren Finanzberatern oder Rechtsanwälten treffen wollten. Dann gab es Touristen aus aller Herren Länder. Und einige Einzelpersonen, die schwieriger einzuordnen waren. Manche saßen allein da und lasen Zeitung, andere taten nur so und schauten jedes Mal hoch, wenn jemand zur Eingangstür hereinkam.
»Ziemlich nobler Schuppen«, meinte Doherty, während er einen Butterkeks in seinen Tee tunkte. »Gehobene Klientel.«
Honey lächelte.
»Da würdest du dich wundern«, sagte sie leise.
Sie ließ Doherty munter weiterplappern. Er sprach über Schauspieler und wie schwer es doch sein musste, von einer Rolle zur anderen umzuschalten.
»Die müssen doch manchmal vergessen, wer sie eigentlich wirklich sind«, meinte er gerade.
»Wie schon der gute alte Shakespeare gesagt hat: ›Die Welt ist eine Bühne‹, und wir sind alle irgendwie Schauspieler.«
»Wirklich?«
»Er hatte recht.«
Doherty grunzte und stippte noch einen Butterkeks in den Tee.
Honey schaute sich über den Rand ihrer Teetasse hinweg weiter das Kommen und Gehen im Hotel an.
Im Restaurant waren die Tische mit weißem Leinen eingedeckt, es standen bequeme Stühle da, und eine ganze Traube gutaussehender Kellner wartete dienstbeflissen. Das Essen würde bestimmt gut schmecken, überlegte Honey, und es wäre wunderschön angerichtet.
Geschäftsleute in Anzügen und Schuhen von Gucci; Damen, die Verabredungen zum Lunch hatten, aber nie arbeiteten; und Damen, die beides taten. Eine Frau hatte Honeys Aufmerksamkeit ganz besonders auf sich gezogen. Für alle, die nicht jeden Tag mit dem Alltag eines besseren Hotels zu tun haben, wirkte sie wie eine Power-Geschäftsfrau. Sie trug ein adrettes Kostüm mit breiten Schultern und sah ganz so aus, als sei sie bereit für einen kleinen Ringkampf mit ihren männlichen Kollegen in irgendeinem Aufsichtsrat in der City. Aber einige kleine Details verrieten sie. Honey wusste, wonach sie Ausschau halten musste.
Höchst respektabel aussehen. Besser noch: superreich aussehen. Die Frau sah superreich aus. Guter Schmuck, Modeschmuck wahrscheinlich, Designerkleidung, das richtige
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