Mord nach Drehbuch
vermerkt, dass man einen Film auch gegen die Einstellung der Dreharbeiten versichern konnte. Los, mach schon weiter, ermunterte sie sich.
»Und wie war das mit den Finanzen?«
Boris schnaubte. Außerdem bestellte er noch einen Doppelten.Alex, der Barmann, stieg in den Keller, um eine neue Flasche zu holen.
Auf Wogen von irischem Whiskey getragen, plapperte Boris fröhlich weiter. »Das Geld kam auch von ihm und aus anderen Quellen – habe ich jedenfalls gehört. Er hat es nicht allein hingekriegt, also hat er mit ein paar anderen eine Gesellschaft gegründet.«
»Berühmte Leute dabei?«
»Außer seiner Verlobten, meinen Sie?«
Ja, das hätte sie gemeint, antwortete sie.
Er schüttelte den Kopf. »Keine berühmten Leute. Jedenfalls in diesem Land nicht.«
»Ausländer?«
Er nickte. Die Anstrengung schien seinen Hals zu beeinträchtigen. Sein Kopf begann nach unten zu sinken. Die Beine gaben unter ihm nach.
»Nur weil ein Hufnagel fehlte, ging das ganze Königreich verloren«, murmelte er.
Honey kannte den Reim 1 . Sie nahm an, dass seine Gedanken abgeschweift waren. Sein Hirn hatte nach all dem Whiskey auch eine kleine Erholung verdient.
Lindsey und Alex fingen ihn auf, ehe er auf dem Boden aufschlagen konnte.
Eine Gruppe polnischer Touristen schaute lächelnd auf den liegenden Mann und blickte einander an, während Boris aus der Bar geschleift wurde.
Honey ging hinterher. »Bringt ihn in Zimmer eins.«
Zimmer eins war das Zimmer im Erdgeschoss, das vom Personal benutzt wurde, wenn jemand es aus irgendeinem Grund nicht nach Hause schaffte. Im Falle des Chefkochs Smudger war daran meist ein B52 zu viel schuld. Es warkeine schlechte Idee, einen Cocktail nach einem Bomber aus dem Zweiten Weltkrieg zu benennen; treffender hätte man das Gesöff jedoch nach dem Flugzeugtreibstoff getauft.
Boris grummelte vor sich hin, während sie ihn zum Bett schleppten. Zu dritt schafften sie es, ihn dort hineinzuhieven. Honey übernahm die Beine. Sie packte seine Knöchel ganz fest und hob sie auf die Bettdecke.
Sie schaute ihn verwundert an. Was wusste er? Wusste er überhaupt irgendwas?
Eines war sicher. Er war völlig hinüber.
»Ich denke, er hatte schon einiges intus, als er hier ankam«, meinte Lindsey. »Sorgen ertränken im großen Stil.«
Ob er sie gehört hatte oder nicht, wusste Honey nicht. Doch plötzlich riss er die Augen auf.
»Das war meins! Meins ganz allein!«, lallte er.
Dann klappten seine Augen wie der Verschluss einer Kamera so schnell wieder zu, wie er sie aufgerissen hatte.
»Was hat er denn damit gemeint?«, wollte Lindsey wissen.
Honey zuckte die Achseln. »Keine Ahnung.«
Selbst wenn es wichtig gewesen wäre, heute Abend hatten sie keine Chance mehr, eine Antwort zu bekommen. Boris Morris war in einem alkoholischen Nebel versunken, und morgen früh würde er mit höllischen Kopfschmerzen aufwachen.
Kapitel 33
Die Dreharbeiten an dem Film über Janes Austens Leben waren endgültig vorbei. Die Bank hatte den Geldhahn zugedreht.
Honey war deswegen nicht traurig, und Doherty war anderweitig beschäftigt. Er hatte einen Brummschädel und musste andere Verabredungen treffen, die sie in den beiden Mordfällen voranbringen würden.
Candy hatte sich, unbemerkt von Doherty, aus dem Krankenhaus abgesetzt. Darüber war er stocksauer. Er gab Mary Jane die Schuld daran. Es war ihm aufgefallen, dass einer ihrer Reifen sehr wenig Luft hatte. Sie hatte sich artig bei ihm bedankt und ihm mitgeteilt, wo sich ihr Reservereifen befand.
Pflichtschuldig hatte Doherty den Reifen gewechselt und wollte dann das Werkzeug wieder im Kofferraum verstauen.
Mary Jane hatte vergessen, ihm zu sagen, dass eines der Scharniere am Deckel des Kofferraums nicht ganz in Ordnung war. Doherty hatte den Deckel auf den Kopf bekommen.
»Zum Glück waren wir ja schon in der Notaufnahme«, hatte Mary Jane Honey erklärt.
Zum Glück – einerseits. Doherty wurde sehr rasch versorgt. Aber in der Zwischenzeit war Candy abgehauen. Sie war schnurstracks zum Hotel zurückgegangen, hatte ihr Gepäck abgeholt und war verschwunden.
Doherty war ziemlich stinkig. »Ich lasse sie von der Polizei in London überprüfen.« Dann sprintete er in Richtung Hauptwache davon.
Honey beschloss, den Ball flach zu halten. Irgendwiekonnte sie sich nicht vorstellen, dass Candy einen Mord begangen hatte. Natürlich, da war diese Sache mit Mr North. Die Regenbogenpresse florierte nur, wenn es derlei anzügliche Klatschgeschichten gab. Und was,
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