Mord nach Liste
als er auflegte. Bei der Arbeit war er ungeheuer diszipliniert, aber zu Hause herrschte Chaos. Er galt als Schmuddeltier der Familie. Sein Kinderzimmer hatte stets ausgesehen, als sei ein Wirbelsturm hindurchgezogen. Aber er hatte Fortschritte gemacht, hatte eine Putzfirma beauftragt, die seine Wohnung jede zweite Woche saubermachte. Eine von den Frauen kaufte sogar ein und sorgte dafür, dass sein Kühlschrank immer mit seinen Lieblingsspeisen gefüllt war. Das war ein teurer Luxus, aber Alec wollte nicht darauf verzichten.
Er würde sie nicht mitnehmen können zur Akademie. Die siebzehn Wochen würde er allein bewältigen müssen. Das schien ihm schwieriger als jeder Geländelauf.
Alec freute sich über seine Entscheidung. Er wusste, dass ihm Chicago fehlen würde, und er konnte auch nicht davon ausgehen, in Boston eingesetzt zu werden, wenn er die Akademie absolviert hatte. Ward meinte zwar, es sei so gut wie sicher, aber Alec wollte sich nicht darauf verlassen.
Er beschloss, noch vor dem Gespräch mit Lewis in der Personalabteilung vorbeizugehen und die Kündigung einzureichen. Die dafür zuständige Frau arbeitete bereits seit fast zwanzig Jahren da, ein richtiger Schatz. Sie trug eine so dicke Brille, dass ihre Augen hinter den Gläsern milchig und riesengroß wirkten.
Kaum hatte sie Alec erblickt, schüttelte sie lächelnd den Kopf. »Nein, nein!«
»Wieso ›nein‹?«
»Du kannst keine Versetzung beantragen. Ich meine, du kannst schon, aber es wird nichts draus werden. Lewis hat uns sehr deutlich gemacht, dass er dich in seiner Abteilung braucht.« Leiser fügte sie hinzu: »Er will dich herumkommandieren. Tut mir leid, Alec. Ich denke, jeder weiß, was für ein Kriecher er ist, aber er ist dein Vorgesetzter, und seine Frau hat gewisse Bekannte, wenn du verstehst, was ich meine. Wir können ihn nur loswerden, wenn er irgendwas so richtig verbocken würde.«
»Verstehe. Aber mich werdet ihr loswerden. Ich kündige heute. Was muss ich ausfüllen?«
Sie bekam feuchte Augen. »Das finde ich traurig. Du bist einer von den Guten.« Sie zog ein Taschentuch aus der Packung auf ihrem Tisch und tupfte sich die Augen trocken. »Wie in dem alten Lied von Billy Joel: Only the good die young.«
Alec verdrehte die Augen. »So ein Blödsinn! Ich sterbe doch nicht.«
»Aber du gehst.« Schniefend öffnete sie eine Schublade und holte die entsprechenden Formulare heraus.
Zu kündigen war komplizierter, als Alec erwartet hatte. Er musste alle möglichen Formulare ausfüllen und hatte ein langes Gespräch mit dem obersten Chef, der ihn zum Bleiben überreden wollte. Alec war davon ausgegangen, dass er nur wenige Minuten brauchen würde, stattdessen zog sich die Prozedur über eine Stunde hin.
Als er ins Büro zurückkehrte, bekam er mit, dass Lewis aufgebracht war. Er telefonierte zwar gerade, doch kaum sah er Alec durch den Raum laufen, sprang er auf und machte ihm Zeichen, unverzüglich zu ihm zu kommen.
Auf halbem Wege zu Lewis klingelte Alecs Handy. Es konnte nicht wieder Lewis’ Assistent sein, der war ihm gerade auf der Treppe entgegengekommen.
Gil war am Apparat. Kaum hatte sich Alec gemeldet, rief er: »Sag, dass es nicht wahr ist!«
Alec war beeindruckt. »Woher weißt du das jetzt schon wieder?«
»Du kennst mich doch. Ich habe da so meine Quellen. Also stimmt es? Du gehst?«
»Ja. Ich gehe jetzt rein und sage Lewis Bescheid. Ich melde mich später.«
Er legte auf und betrat Lewis’ Büro. Der Lieutenant hielt den Hörer so fest umklammert, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Alec schob die Hände in die Hosentaschen und wartete geduldig, bis das Gespräch beendet war.
»Jawohl, Sir«, sagte Lewis mit gepresster Stimme.
Schließlich legte er auf. Beiläufig fragte Alec: »Sie wollten mich sprechen?«
»Das wissen Sie doch ganz genau!«, blaffte Lewis. »Seit über einer Stunde warte ich auf Sie! Auch wenn ich jetzt einen anderen Grund habe.«
Wütend funkelte er Alec an. Alec kam es wie eine geschlagene Minute vor, aber es ließ ihn kalt. Er starrte einfach zurück.
»Sie haben gekündigt.«
»Ja.«
Die Ader auf Lewis’ Stirn begann zu pochen.
»Und Sie hielten es nicht für nötig, mich vorher davon zu unterrichten? Muss ich es telefonisch von meinem Vorgesetzten erfahren?«
Jetzt schrie er nicht mehr, sondern kreischte. Die Ader auf seiner Stirn spielte verrückt. Alec konnte den Blick nicht davon abwenden. Wenn Lewis jetzt einen Herzinfarkt bekäme, würde er ihn
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