Mord nach Liste
fragte er: »Was ist denn los?«
»Nichts.«
Er wusste, dass sie sich eingesperrt fühlte. Jede ihrer Bewegungen wurde beobachtet. Er wollte sie nicht weiter bedrängen. »Na gut«, sagte er. Er hob die Fernbedienung in die Höhe. »Wo ist denn der Fernseher versteckt?«
»Auf den obersten Knopf drücken!«, erklärte Regan.
Alec war fasziniert. Kaum hatte er den Knopf gedrückt, glitt langsam eine Vorrichtung in der Wand neben dem Fenster zur Seite und gab den Blick auf das Ziel seiner Träume frei: eine Anlage auf dem neuesten Stand der Technik. Mit einem anerkennenden Pfeifen lobte er die Größe des Plasmafernsehers.
Alec lehnte sich zurück und schaute Nachrichten. Gelegentlich warf er Regan einen Blick zu. Ihre Stirn war noch immer gerunzelt. »Los, nun erzählen Sie schon! Was ist passiert?«
»Nichts. Ich habe nur nachgedacht.«
»Worüber?«
Sie wollte ihm nicht sagen, dass sie Angst hatte, nicht mutig genug zu sein, wenn es notwendig war. Sie wollte nicht zugeben, Angst vor der Angst zu haben, weil sie wusste, dass Alec es nicht verstehen würde. Wie sollte er auch? Er geriet wahrscheinlich ständig in Gefahr. Er war daran gewöhnt und behauptete sich, wenn es drauf ankam.
Ob er jemals Angst hatte? Wahrscheinlich schon, doch bezweifelte Regan, dass die Angst ihn abhalten würde, das Notwendige zu tun. Und ging es nicht gerade darum beim Mut – sich nicht von der Angst aufhalten zu lassen?
»Regan?«
Sie merkte, dass sie ihm nicht geantwortet hatte. »Ich habe über dieses Sprichwort nachgedacht: ›Wer rastet …‹.«
»… ist aller Laster Anfang?«
Regan lächelte. »Ich glaube, es geht anders weiter.«
Plötzlich war er nicht mehr bei der Sache. Im Fernsehen lief Sport. Tabellen und Spielausschnitte lenkten ihn ab. Wie in Trance starrte Alec auf den Bildschirm. Regan war sauer. Was war nur immer mit den Männern los, zumindest mit denen in ihrem Leben? Alec benahm sich genau wie Aiden und Spencer. Auch wenn ihre Brüder noch so beschäftigt waren: Sobald Baseball, Football oder Fußball im Fernsehen lief, stellten sie jede Betätigung ein. Sie interessierten sich für jede Sportart. Sie waren dem Sportkanal verfallen, konnten nicht ins Bett gehen, ohne die neuesten Ergebnisse zu kennen. Regan hatte das Gefühl, ihr Leibwächter litt an derselben Krankheit.
Sie wischte die Schreibunterlage sauber und blätterte in ihrem Kalender, während sie heimlich Alec beobachtete. Er hatte ein schönes Profil, fand sie. Eine gerade Nase, ausdrucksstarke Lippen. Sein dunkles Haar war dicht und fiel ihm ständig in die Stirn. Er musste dringend zum Frisör. Sein Haar war leicht gelockt, und Regan hatte das törichte Bedürfnis, darüberzustreichen. Fühlten sich andere Frauen auch so von ihm angezogen? Mit Sicherheit, dachte sie. Bei seinem guten Aussehen und seiner Ausstrahlung warfen sich ihm die Frauen bestimmt nur so an den Hals. Sie kannte diese Sorte Mann. Er gab den gewissenlosen Schelm, der eine Frau nach der anderen vernaschte. Wie viele Tränen waren seinetwegen schon vergossen worden? Wie viele Herzen hatte er gebrochen?
»Sind Sie fertig?«, fragte Alec, ohne den Blick vom Fernseher abzuwenden.
Wie lange hatte sie ihn angestarrt? »Gleich«, antwortete Regan und schob rasch Papiere auf dem Schreibtisch hin und her.
Das Telefon rettete sie vor der nächsten Diskussion über ihr Verhalten. Als sie zum Hörer griff, wäre sie fast vom Stuhl gefallen.
Cordie war dran. Allein schon ihre Stimme zu hören besserte Regans Laune.
»Alles in Ordnung bei dir? Und bei Sophie?«
»Ja, uns geht’s gut.«
»Du hast aber lange gebraucht, um zurückzurufen. Ich habe mir Sorgen gemacht.«
»Warum? Hier läuft alles gut, ich habe gerade erst meine Mailbox abgehört. Sophie und ich hatten viel zu tun, ich muss dir ganz viel erzählen, aber du bist zuerst dran. Ich soll dir ein schlechtes Gewissen machen, weil du nicht mitgekommen bist.«
Regan lächelte. Sie war erleichtert, dass es ihren Freundinnen gut ging. Nun, da Cordie am Telefon war, konnte Regan ihr in Ruhe erzählen, was passiert war.
»Und wie willst du mir ein schlechtes Gewissen machen?«
»Indem ich dir erzähle, wie herrlich das Wetter hier ist. Und weißt du auch, warum?«
»Keine Ahnung.«
»Weil es nicht regnet. Wie ist es bei dir?«
»Fünfundzwanzig Grad, keine Wolke am Himmel, vollkommen trocken und so ein leichter Wind –«
»Sag die Wahrheit!«, unterbrach Cordie sie.
Regan lachte. »Heute Nacht soll es wieder regnen,
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