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Mord Nach Maß

Mord Nach Maß

Titel: Mord Nach Maß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Ehemann allzu heftig herunterzumachen.
    Vetter – oder »Onkel« – Reuben scheute die weite Reise. Statt dessen schrieb er Ellie einen freundlichen, unverbindlichen Brief, in dem er ihr viel Glück wünschte und seiner Skepsis Ausdruck gab, was einen dauernden Aufenthalt in England betraf. »Wenn Dir das Leben dort nicht mehr gefällt, Ellie«, schrieb er, »dann komm nur sofort wieder nach Hause. Du wirst mit offenen Armen empfangen werden, besonders von Deinem Onkel Reuben.«
    »Hört sich nett an, der Brief«, meinte ich.
    »Sicher«, antwortete Ellie nachdenklich. Anscheinend war sie da nicht ganz so überzeugt wie ich.
    »Hast du denn auch nur einen von der ganzen Mischpoche richtig gern?«, fragte ich. »Oder sollte ich dich das gar nicht erst fragen?«
    »Aber natürlich, du kannst mich alles fragen.« Dennoch zögerte sie mit der Antwort. Als sie dann sprach, war ihr Ton sehr entschieden und abschließend. »Nein, ich glaube, im Grund mag ich keinen besonders. Das klingt komisch, liegt aber wohl daran, dass sie alle gar nicht richtig zu mir gehören. Oder wenn, dann nur durch die Umstände; mit keinem bin ich blutsverwandt. Meinen Vater habe ich geliebt, oder jedenfalls die Erinnerung an ihn. Wahrscheinlich war er ein ziemlich schwacher Charakter und die große Enttäuschung meines Großvaters, weil er keinen Sinn fürs Geschäft besaß. An meine Mutter erinnere ich mich gar nicht. Onkel Henry und Onkel Joe hatte ich sehr gern, sie waren so lustig. Als sie ums Leben kamen, war Großvater schon krank, und es war ein schrecklicher Schlag für ihn, dass nun alle seine drei Söhne tot waren. Er mochte weder Cora noch sonst einen der entfernten Verwandtschaft, auch nicht Onkel Reuben. ›Bei dem weiß man nie, woran man ist‹, sagte er immer. Deshalb gab er sein Geld auch in Treuhandverwaltung, und ein großer Teil ging an Museen und Krankenhäuser.«
    »Das meiste aber an dich?«
    »Ja, doch ich glaube, das hat ihm ein bisschen Kopfzerbrechen gemacht. Jedenfalls tat er sein Bestes, damit es gut verwaltet wurde.«
    »Durch Onkel Andrew und Mr Stanford Lloyd, einen Anwalt und einen Bankier.«
    »Ja, vermutlich hat er mir nicht zugetraut, dass ich selber damit zu Rande kommen kann. Seltsam ist nur, dass er mir die volle Verfügungsgewalt schon an meinem einundzwanzigsten Geburtstag gab; viele warten damit bis zum fünfundzwanzigsten. Aber wahrscheinlich hat er das getan, weil ich ein Mädchen bin.«
    »Arme Ellie«, sagte ich plötzlich.
    »Wie meinst du das?«
    »Ich hab das schon mal gesagt, erinnerst du dich?«
    »Ja, du nanntest mich ›armes, kleines reiches Mädchen‹. Und damit hattest du ganz Recht.«
    »Diesmal meine ich’s anders. Nicht in dem Sinn, dass du mir leid tust, weil du so reich bist. Nein, ich glaube, ich hab damit gemeint, du tust mir leid, weil du so viele Leute am Hals hast. Alle wollen sie etwas von dir, aber keiner macht sich im Grund viel aus dir. Das stimmt doch, nicht?«
    »Ach, Onkel Andrew hat mich, glaub ich, doch recht gern«, meinte Ellie nachdenklich. Es klang nicht ganz überzeugt. »Er war immer so nett zu mir, so verständnisvoll. Bei den anderen hast du Recht, sie wollen nur dauernd etwas von mir. Aber wahrscheinlich ist das ganz natürlich«, fuhr Ellie ruhig fort. »Und außerdem bin ich ja nun fertig mit ihnen. Ich werde hier in England leben und sie kaum noch sehen.«
    Damit hatte sie natürlich Unrecht, aber das war ihr noch nicht klar geworden. Auch Stanford Lloyd tauchte später in persona auf, mit einer Unzahl von Dokumenten und Papieren, die Ellie unterschreiben musste; außerdem wollte er ihr Plazet für eine Reihe neuer Investitionen und konferierte mit ihr über Obligationen, Aktien und Besitzanteile – für mich alles böhmische Dörfer. Ich hätte ihr weder helfen noch raten können, sie auch nicht warnen, wenn Stanford Lloyd sie über den Löffel halbiert hätte.
    Stanford Lloyd war fast zu edel, um echt zu sein. Er war Bankier, und das sah man ihm schon von weitem an. Er war stattlich, wenn auch nicht mehr jung. Er war höflich zu mir und hielt mich für den letzten Dreck.
    »Na also«, sagte ich, als er sich endlich empfohlen hatte, »damit hätten wir den ganzen Verein.«
    »Du hältst von keinem sonderlich viel, nicht wahr?«, fragte Ellie.
    »Deine Stiefmutter ist für mich ein doppelzüngiges Biest reinsten Wassers, wenn ich so sagen darf. Pardon, vielleicht sollte ich das lieber für mich behalten.«
    »Warum, wenn du davon überzeugt bist?

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