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Mord Nach Maß

Mord Nach Maß

Titel: Mord Nach Maß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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hatten so viel miteinander zu schwatzen, über alte Bekannte, gemeinsame Erlebnisse und so – ja, ich glaube, das musste dir unbehaglich werden. Aber du wirst dich bald mit ihr anfreunden. Sie mag dich, sogar sehr. Das hat sie mir selbst gesagt.«
    »Ach, Ellie, sie würde dir auf keinen Fall das Gegenteil sagen.«
    »Aber sicher. Greta ist ein Mensch, der das Herz auf der Zunge trägt. Das hast du doch auch merken können, bei all dem, was sie heute erzählt hat.«
    Es stimmte, Greta hatte beim Lunch kein Blatt vor den Mund genommen. Eher zu mir als zu Ellie hatte sie gesagt: »Sie werden sich manchmal gewundert haben, dass ich Ellie so die Stange hielt, obwohl ich Sie noch gar nicht kannte. Aber ich war so wütend – so wütend auf das Leben, in das sie Ellie zwängten. Sie spannen sie ein in einen Kokon aus Geld und Konventionen, niemals kam sie dazu, sich zu amüsieren, etwas auf eigene Faust zu unternehmen. Sie hätte ja gern dagegen rebelliert, aber sie wusste nicht, wie. Und deshalb… Also gut, ich hab sie angestiftet. Hab ihr vorgeschlagen, sich in England nach Grundstücken umzusehen. Und wenn sie dann einundzwanzig war, konnte sie von sich aus eins kaufen und der ganzen New Yorker Clique ade sagen.«
    »Greta hat immer die besten Ideen«, meinte Ellie. »Ihr fallen Dinge ein, auf die ich nie im Leben gekommen wäre.«
    Wie hatte sich Lippincott noch ausgedrückt? »Sie hat zuviel Einfluss auf Ellie.« Aber ich fragte mich, ob das wirklich zutraf. Seltsamerweise war ich nicht ganz davon überzeugt. Ich spürte, dass in Ellie irgendwo ein Kern steckte, den Greta trotz ihrer langen engen Freundschaft niemals ganz richtig einschätzen konnte. Ellie, da war ich ganz sicher, akzeptierte stets jede Anregung, die ihren eigenen Vorstellungen entsprach, wie zum Beispiel diese Idee mit der Rebellion. Doch ich fühlte, nun, da ich Ellie besser kannte, dass sie zu jenen scheinbar unkomplizierten Menschen gehörte, die aber dennoch unerwartete Reserven besitzen. Meiner Ansicht nach war Ellie durchaus imstande, einen eigenen Standpunkt durchzusetzen, wenn sie wollte. Aber eben das wollte sie nicht sehr oft. Wie schwierig war es doch, den anderen zu verstehen! Sogar Ellie. Oder Greta. Selbst meine eigene Mutter vielleicht… Wie sie mich angesehen hatte, mit Furcht in den Augen.
    Lippincott wollte mir nicht aus dem Kopf. Beim Nachtisch, als wir unsere riesigen Pfirsiche schälten, sagte ich daher: »Mr Lippincott scheint unsere Heirat eigentlich ganz gelassen aufgenommen zu haben. Das hat mich direkt überrascht.«
    »Mr Lippincott«, sagte Greta, »ist ein alter Fuchs.«
    »Ja, der Ansicht warst du immer, Greta«, wandte Ellie ein. »Aber wenn du mich fragst, ist er einfach ein Goldstück. Sehr korrekt und strikt und all das.«
    »Na, dann bleib du mal bei dieser Ansicht«, meinte Greta. »Aber ich, ich traue ihm nicht über den Weg.«
    »Ihm nicht trauen!« Ellie war schockiert. Greta schüttelte den Kopf. »Ja, ich weiß. Er ist der verkörperte Anstand, eine Stütze der Gesellschaft. Das Musterbeispiel eines Treuhänders und Anwalts.«
    Ellie lachte. »Meinst du, er unterschlägt mein Geld? Sei nicht albern, Greta. Denk an das Heer von Buchprüfern, Banken und Kontrollen.«
    »Ach, wahrscheinlich ist er auch integer«, räumte Greta ein. »Trotzdem, genau diese Typen entpuppen sich nachher als Betrüger. Die ganz besonders Vertrauenswürdigen. Und hinterher sagt jeder: ›Also dem hätte ich das niemals zugetraut‹, oder: ›Er wäre der letzte gewesen, bei dem ich so etwas vermutet hätte.‹ Ja, so reden sie dann.«
    Ellie meinte nachdenklich, dass sie ihren Onkel Frank viel eher einer Unehrlichkeit für fähig hielte. Aber der Gedanke schien sie nicht sonderlich zu überraschen oder zu beunruhigen. »Ja, sicher, er sieht aus wie ein Gauner«, erwiderte Greta. »Aber gerade das ist sein Handikap – diese ganze Bonhomie und Munterkeit. Damit wird er nie eine Position erreichen, die ihm Schwindeleien in großem Stil ermöglicht.«
    »Ist er der Bruder deiner Mutter?« Ellies Verwandtschaftsverhältnisse waren mir immer noch ein Buch mit sieben Siegeln.
    »Nein, der Mann meiner Tante, einer Schwester meines Vaters«, berichtigte Ellie. »Sie hat ihn verlassen und einen anderen geheiratet und ist vor sechs oder sieben Jahren gestorben. Onkel Frank ist der Familie mehr oder weniger erhalten geblieben.«
    »Es sind drei im ganzen«, half mir Greta, die Freundlichkeit selbst, »drei Parasiten. Ellies wirkliche Onkel

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