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Mord ohne Leiche

Mord ohne Leiche

Titel: Mord ohne Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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verschlagensten Vertretern der
älteren Generation aufnehmen kann. Und gerade diese Naivität macht einen zu
einer so leichten Beute...
    Ich sagte: »Ist das auch bestimmt
alles, was Marc Ihnen erzählt hat?«
    »Ja.«
    »Und Sie haben mit niemandem sonst
darüber gesprochen?«
    »Also...« Sie rutschte auf dem Stuhl
hin und her und zupfte an ihren schmutzigen, brüchigen Fingernägeln. »Ich habe
heute nachmittag Jay angerufen.«
    »Sie haben... Warum?«
    »Ich hatte Angst um Marc. Comedy
spielen, das bedeutet für ihn mehr als alles andere auf der Welt. Nur das
wollte er sein Leben lang. Ich dachte, wenn ich Jay erkläre, daß die Cops
hinter Marc her sind, dann verzeiht er ihm vielleicht, daß er sich nicht hat
blicken lassen, und wirft ihn nicht raus. Aber ich habe ihm nicht alles
erzählt, sondern nur, daß wir in dem Cottage sind und bald zurückkommen.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Daß Marc die Sache mit den Cops klären
soll, danach würden sie miteinander reden. Ich sagte, ich würde Sie holen und
mit rauf nehmen, damit wir den Handel abschließen können.«
    »Wußte Marc, daß Sie planten, Jay
anzurufen?«
    »Ich habe gar nichts geplant. Es
fiel mir einfach ein, als ich in meinem Apartment herumsaß und auf Ihre
Rückkehr wartete.«
    »Wann haben Sie ihn angerufen?«
    »Ich glaube, irgendwann nach zwei.«
    Wenn Larkey das, was Amy ihm erzählt
hatte, so interpretierte, daß Marc gegen den Verzicht auf gerichtliche
Verfolgung das, was er über Tracys Tod wußte, verkaufen wollte, dann könnte er
ohne weiteres zum Fluß gefahren sein und versucht haben, ihn davon abzubringen,
mit Worten oder mit Gewalt. Reichlich Zeit dazu wäre vorhanden gewesen zwischen
ihrem Anruf und der Öffnung des Clubs. Ich unterdrückte meine aufkommende
Unruhe und sagte: »Wie wäre es, wenn wir hinausführen und uns direkt mit Marc
unterhielten?«
    »Gut. Darf ich einmal Ihre Toilette
benutzen?«
    »Natürlich«, sagte ich und bemühte
mich, nicht ungeduldig zu klingen. »Die Treppe hinauf und dann rechts.«
    Während sie oben war, ging ich zu Teds
Schreibtisch und sah auf der Wandtafel nach, ob Rae mir eine Nachricht
hinterlassen hatte. Aber es war keine da. War sie noch immer hinter der Ausgabe
der L. A. Times her?
    Das Telefon auf dem Schreibtisch
läutete und unterbrach die mitternächtliche Stille. Ich hob ab. »All Souls
Legal Cooperative.«
    »Sharon?« Es war Georges Stimme.
    »Hallo. Ich habe schon versucht, dich
zu Hause zu erreichen, aber du warst nicht da.«
    »Tut mir leid — mein Fehler. Mit meiner
Nachricht an dich, daß ich nach Hause führe, meinte ich Palo Alto, nicht die
Stadt.«
    Natürlich betrachtete er das Haus in
Palo Alto noch als sein Zuhause, und doch... »Ist alles in Ordnung?«
    »Nicht so recht.« Jetzt bemerkte ich
den verzagten Unterton in seinen Worten. »Offensichtlich ist die Frau, deren
vermeintliche Leiche du gefunden hast, noch am Leben. Das Sheriffbüro von Napa
rief an und fragte, ob wir wüßten, wo Tracys frühere Zahnarztunterlagen zu
finden sein könnten. Leider riefen sie bei Laura an und nicht bei mir.«
    Ein kalter Schauer kroch mir die
Schulterblätter hinauf. Ich hätte ihn von L. A. aus anrufen sollen, dachte ich,
wenn es auch bedeutet hätte, daß ich ihm die neue Sachlage am Telefon hätte
mitteilen müssen. Und ich hätte Gurski noch einmal vor Lauras psychischer
Labilität warnen müssen, als ich ihm sagte, ich hätte Lisa McIntyre gefunden.
    »Oh, George, das tut mir leid! Wie geht
es ihr?«
    »Nicht gut. Sie hatte vorher keine
Ahnung, daß es überhaupt eine Leiche gibt. Ich hatte alles von ihr
ferngehalten. Als ihr klar wurde... Also, es war eine Konfrontation mit der
Realität, die sie zu diesem Zeitpunkt ganz bestimmt nicht brauchen konnte. Sie
rief mich an, ich erreichte gleich ihren Therapeuten und fuhr heim. Sie wird
wahrscheinlich zur Beobachtung stationär aufgenommen.«
    »Es ist mein Fehler. Ich hätte Gurski
noch einmal warnen müssen -«
    »Du wußtest Bescheid?«
    »Ich bin gestern nachmittag nach L. A.
geflogen und glaubte, Tracy aufgespürt zu haben. Aber in Wirklichkeit war es
Lisa McIntyre. Das wollte ich dir persönlich sagen.«
    Es folgte ein langes Schweigen.
    In meinem Kopf jagte ein Gedanke wild
den anderen: Was mußte er Schreckliches durchmachen... Wie schrecklich auch für
Laura... Er wird mir die Schuld geben... Ich selbst gebe mir die
Schuld... Das wird alles zerstören, was zwischen uns ist... Jedesmal, wenn er
mich anschaut, sieht er die Frau,

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