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Mord ohne Leiche

Mord ohne Leiche

Titel: Mord ohne Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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ich brauche jetzt Ihre Hilfe.«
    Sie nickte.
    »Er ist irgendwo hier draußen. Wenn ich
ihn nicht finde, könnte er entkommen. Sie müssen also allein bis zu dem Haus
dort weitergehen.«
    Sie sah zum Licht hinüber, als messe
sie die Entfernung.
    »Ich bleibe hier«, setzte ich hinzu.
»Mit dem Revolver. Er wird Sie ohnehin in Ruhe lassen, solange Leute in der
Nähe sind.«
    Nach einem Moment nickte sie wieder.
    »Wenn Sie das Haus erreicht haben,
sagen Sie den Leuten, sie sollen neun-elf anrufen.«
    »Neun-elf.«
    »Sagen Sie, daß ein Mord passiert ist
und wir den Sheriff brauchen.«
    »Mord. Den Sheriff.«
    »Dann bleiben Sie einfach dort.«
    Sie sah wieder zu dem Licht, holte tief
Luft und schob die Schultern zurück.
    »Schaffen Sie das?« fragte ich.
    »Ich schaffe es.« Sie zögerte noch ein
paar Sekunden, dann rannte sie los.
    Mit erhobener Waffe sah ich ihr nach
für den Fall, daß Soriano plötzlich auftauchte. Sie rannte unbeholfen mit
rudernden Armen, aber sie stolperte nicht. Als sie das Haus erreicht hatte,
hämmerte sie gegen die Tür. Die Tür ging auf, und Amy verschwand im Innern. Ich
drehte mich um.
    Dann machte ich mich auf die Suche nach
ihm.
     
    Ich kroch zum rechten Vorderreifen des
Jaguars und stach mit der größten Klinge meines Schweizermessers hinein. Ich
hatte noch nie einen Reifen aufgeschlitzt. Es war schwerer, als ich es mir
vorgestellt hatte. Aber nach einer halben Minute Arbeit war mir ein Schnitt
gelungen. Die Luft zischte heraus, und der Wagen senkte sich auf die Felge.
    Jetzt konnte Soriano nicht mehr
entkommen.
    Ich stand auf und schob das Messer
zurück in die Tasche. Er war hier noch ganz in der Nähe, dessen war ich sicher.
    Aber wo?
    Nicht auf der anderen Seite des
Wendekreises. Wenn ja, dann hätte ich ihn entdeckt. Nicht auf dem Gelände des
Salzbergwerks. Es war mit Stacheldraht eingezäunt und möglicherweise auch
bewacht. Die Straße hinunter dürfte er ebenfalls nicht gegangen sein. Dort gab
es zu viele, dicht beieinanderstehende Häuser.
    Also mußte er irgendwo hinter dem
Barbour-Cottage sein.
    Ich nahm den Revolver fest in den Griff
und ging los, um jeden Zentimeter Boden zwischen hier und dem Fluß abzusuchen.
    Am Ende einer Gruppe von Pfefferbäumen
hinter dem Cottage blieb ich stehen. Das Rauschen des Flusses war hier lauter
zu hören. Ich lauschte angestrengt, ob andere Laute durch das Seufzen der Bäume
drangen. Aber es waren nur die typischen Nachtgeräusche zu hören.
    Das Land zwischen der Baumgruppe und
dem Uferdamm lag öde und wie vom Mondlicht ausgewaschen da. Wenn Soriano sich
dort irgendwo versteckt hielt, konnte er mich leicht entdecken, während ich es
überquerte. Verließ er aber seine Deckung und rannte los, war ich im Vorteil.
    Ich rannte über das Gelände und den
Damm hinauf.
    Das Wasser glitzerte im Mondschein. Der
Fluß hatte eine starke Strömung. Der Regen kürzlich hatte ihn anschwellen
lassen. Die Anlegestelle zitterte im Sog des Wassers. Der Wind blies stetig und
zerrte an den Zweigen der Weide, in deren Schutz das verrottete Fischerboot
lag. Ich starrte es an. Sah eine Bewegung im Schatten. Eine andere Bewegung,
als die der herabhängenden Zweige.
    Soriano hatte Tracys Grab gefunden.
     
    Ich blieb nahe an der Weide mit
gespreizten Beinen stehen, den Revolver in beiden Händen. Ich hatte Minuten
gebraucht, um im Schutz des Damms dorthin zu gelangen. Eine weitere Minute, um
hinunterzurutschen. Jetzt wußte er, daß ich ihn gefunden hatte.
    »Soriano!« rief ich. »Kommen Sie
heraus.«
    Schweigen. Dann ein ferner,
undefinierbarer Laut aus dem Boot.
    »Soriano!«
    Er wartete auf meinen Versuch, ihn herauszuholen.
    Ich blieb, wo ich war, und horchte auf
das Heulen von Sirenen. Nichts. Vor über einer halben Stunde hatte ich Amy
zurückgelassen. Wie lange würde es denn noch dauern?
    Ein kratzendes Geräusch aus dem Boot.
Ein dumpfer Schlag.
    Wahrscheinlich ein Trick, um mich zum
Boot und in seine Nähe zu locken. Vielleicht unterschätzte er mich und dachte,
ich könnte nicht richtig mit der Waffe umgehen. Ein Fehler, dem man bei Männern
wie Soriano häufig begegnet — andere zu unterschätzen, vor allem Frauen.
    Langsam bewegte ich mich auf das Boot
zu.
    Abgesehen von ein paar Planken, die vom
Erkennungsdienst, der Tracys Leiche zur Untersuchung weggeschafft hatte, auf
den Boden geworfen worden waren, sah es so aus wie beim erstenmal. Ich
kletterte vorsichtig auf die Bordwand.
    »Soriano, ersparen Sie uns beiden eine
Menge Ärger und

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