Mord ohne Leiche
rechtzeitig von der Änderung
zurück.«
Ich tätschelte den Ärmel seines
burgunderroten Smoking-Jacketts. »Das hier paßt auch besser zu dir.«
Ich suchte nach einem Brotmesser, um
ein paar Scheiben Sauerteigbrot abzuschneiden. Dann sah ich Rae am Herd lehnen
und mit einem rundlichen Mann sprechen, der soweit ich wußte, irgendeinen
Posten im Büro des Bürgermeisters hatte. Sie hatte ihr Mode-Image heute abend
aufgebessert mit einer Seidenbluse und einem schwarzen Rock mit roten Dingern,
die wohl Kirschen darstellen sollten. Ich lächelte herzlich, während ich
bemerkte, daß auf ihrer Bluse bereits ein Weinfleck war. Und ihre Schuhe — Pfennigabsätze
und vorne offen; für mich sehen sie immer nach Flittchen aus — waren seit
mindestens sieben Jahren aus der Mode. Als sie mich sah, winkte sie mich zu
sich, und der Mann entschuldigte sich.
»Du siehst großartig aus!« sagte sie.
»Du auch.« Das stimmte auch — für ihre
Verhältnisse. »Hast du dein Zimmer fertig?«
»So ungefähr. Es ist noch nicht gestrichen,
und ich muß mir auch noch etwas zum Teppich und zur Tür einfallen lassen. Aber
ich kann ab heute nacht schon dort schlafen.«
»Wie schön für dich.«
Hinter mir rief Jack nach jemandem, der
mit dem Brot weitermachte. Rae ging zum Schneidebrett auf dem Unterschrank, und
ich folgte ihr.
»Hör mal«, sagte sie, »deine Freundin
vom Zentralen Verkehrsregister ist vor kurzem für ein paar Minuten hier
vorbeigekommen. Sie mußte zu einer anderen Party und läßt dir sagen, es tut ihr
leid, daß sie dich verpaßt hat. Aber sie hat die Kostakos-Daten vorbeigebracht,
um die ich sie gebeten hatte. Sie liegen auf deinem Schreibtisch.«
»Du hast die Unterlagen schon?«
»Ich habe gestern mit den Recherchen
angefangen. Es ging langsam, aber deine Freundin konnte die Dinge etwas
beschleunigen.«
»Irgend etwas dabei?«
»Ich hatte noch keine Zeit, sie
durchzusehen.«
»Gut, danke, daß es so schnell gegangen
ist.« Ich hatte wirklich recht gehabt — Rae brauchte keine Liste. Sie
entwickelte sich zu einer erstklassigen Assistentin. »Ich muß dich noch auf
eine andere Fährte setzen, aber das machen wir am Montag. Falls du vorhast zu
arbeiten — es ist ja Feiertag.«
»Ich würde so oder so arbeiten. Bis
dahin habe ich in meinem Zimmer alles getan, was ich tun kann, bis ich wieder
Geld habe.«
»Gut. Hast du heute abend schon Hank
und Anne-Marie gesehen?«
Sie machte ein belustigtes Gesicht.
»Hank ist im Büro.«
»Wo ist Anne-Marie?«
»Zu Hause.«
»Soso. Dann rede ich mal besser mit
ihm.«
Aber als ich die Küche verließ, hörte
ich draußen im Flur ein lautes »Hallo«. Ein großer, schlaksiger Mann in Levis,
Lederweste und Cowboystiefeln kam auf mich zugestürmt, faßte mich um die Taille
und schwenkte mich hoch in die Luft. Jack, der mir mit der kalten Platte
gefolgt war, zeigte sich überrascht, dann verärgert.
Es war Willie Whelan, ein alter Klient.
Willie hatte sich früher einmal als Hehler auf den Flohmärkten der Stadt
betätigt, war aber inzwischen legal geworden, wie er es nannte. Er besaß jetzt
eine Kette von Läden für preiswerten Schmuck, in denen man seine Juwelen auch
zu Wucherzinsen beleihen lassen konnte. Er hatte sogar eigene Werbespots, und
seit ein paar Jahren war ich es jetzt gewohnt, ihn in der Spätshow grinsend
fragen zu sehen und zu hören: »Brauchen Sie Kredit? Kommen sie zu Willie’s
Jewelry Mart...«
Er setzte mich wieder ab, pflanzte mir
einen dicken Kuß auf die Stirn und beugte sich zurück, um mich zu begutachten.
Jack hatte einen finsteren Blick aufgesetzt und versuchte, an uns
vorbeizusteuern, ohne Erfolg.
»McCone, Sie sehen toll aus!« rief
Willie. »Himmel, wie lange ist das her — zwei Jahre? Drei? Hab Ihre Dienste
nicht mehr gebraucht, seit ich legal bin.«
»Sie sehen auch toll aus. Aber von
Ihnen habe ich kürzlich auch einiges gesehen.«
»Ja? Wie gefallen Ihnen die Werbespots?
Clever, wie? Das lief so, daß mein Werbefritze eines Tages zu mir kommt und
sagt: ›Willie, ich kann nicht mehr für dich tun als du selbst. Du bist die
wandelnde Werbung für den Jewelry Mart‹ — damals hatte ich erst einen Laden — ,
›und du solltest selbst im Fernsehen auftreten.‹ Also habe ich darüber
nachgedacht. Dieser Kerl, dem das Diamond Center gehört, hat mächtigen Erfolg
damit. Also sagte ich mir: ›Verdammt, probieren wir’s.‹ Und es klappte, und
inzwischen habe ich sieben Läden hier in der Bay Area.«
»Entschuldigen Sie«,
Weitere Kostenlose Bücher